Bibelstudium

Pro/Contra Heilsgewissheit

Bist du auch schon einem von neuem geborenen Christen begegnet, der sich ernsthaft fragt, ob er doch noch verloren gehen kann? Oder bist du vielleicht selbst nicht überzeugt davon, dass dein Heil ewig sicher ist? Wer sich mit diesem Thema beschäftigt und bei anderen Christen Hilfe sucht, stößt schnell auf widersprüchliche Meinungen. Um in dieser Frage Klarheit zu bekommen, muss man die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen. In diesem Beitrag geht es um den richtigen Umgang mit Bildern der Bibel.

Gott setzt in der Bibel unterschiedliche Methoden ein, um den Lesern seine Gedanken zu offenbaren. Manchmal entfaltet Er seine Lehre in systematischen, detaillierten Ausführungen (im Römerbrief über die Rechtfertigung; in Epheser 1 über die Stellung des Gläubigen nach Gottes Ratschluss; usw.). Das ist aber nicht immer so, und es ist auch nicht typisch. Viel häufiger verwendet die Bibel Bilder oder grundsätzliche Aussagen, um einzelne Aspekte der Wahrheit zu veranschaulichen.

Weizen III – Bilder richtig verstehen

Bei den Bildern ist es wichtig herauszufinden, was genau sie illustrieren. Die Bibel verwendet Bilder, um bestimmte Aussagen, Zusammenhänge oder Beziehungen zu verdeutlichen. Die Versammlung Gottes wird z. B. als Leib, Haus, Braut usw. dargestellt. Eine korrekte Auslegung muss im rahmen des Bilds bleiben und darf die Aussagen des Bildes nicht auf andere Sachverhalte übertragen. Die Beziehungen von Körpergliedern zueinander sind andere als die von Steinen zueinander, die Beziehung zwischen Körper und Kopf ist eine andere als die zwischen Haus und Bauherr oder Braut und Bräutigam. Unsicherheiten über die Unverlierbarkeit des Heils entstehen manchmal dadurch, dass man verschiedene Bilder miteinander vermengt.

Verschiedene Bilder: Leib, Weinstock und Ölbaum

der Leib (1. Korinther 12):
Die Bibel gebraucht für die Versammlung das Bild eines Leibes, eines Körpers. Dieser Leib besteht aus einer Vielfalt von Gliedern – einzelnen Gläubigen –, die jeweils ihre von Gott gegebene Funktion haben, damit der Leib insgesamt zu Gottes Ehre und Freude lebt (Röm 12,3 ff.; 1. Kor 12,12 ff.). In diesem Körper ist Christus das Haupt, der Kopf (Kol 1,18).

Das Bild von dem einen Leib ist ein Bild der Einheit (1. Kor 12,20). Es ist an keiner Stelle die Rede davon – und es würde dieses Bild auch zerstören – dass dem Leib ein Glied abhandenkommt.[1] Ein Glied kann (praktisch gesprochen) ein Eigenleben führen, die anderen Glieder ignorieren und dem Willen des Hauptes widerstehen (vgl. 1. Kor 12,21 ff.) – es bleibt aber doch ein Glied dieses Körpers. Am Leib Christi gibt es keine chirurgischen Eingriffe und keine Selbstverstümmelung.

Die Versammlung ist eine Einheit mit Christus (Eph 5,30), sie ist von Ihm untrennbar. Er ist im Himmel, so ist auch der Charakter, die Bestimmung und die Zukunft der Gemeinde himmlisch; diese Stellung hat die Versammlung nur in Ihm, in Christus (Eph 1,3.20; 2,6; 3,10; 1. Thes 4,13 ff.). Alle Gläubigen der Versammlung sind in Christus in den himmlischen Örtern (Eph 1). Unser Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott (Kol 3,3). Die Bibel sagt nicht, dass ein Gläubiger wieder aus Christus herausgenommen werden kann.

Das konstitutive Element in dem einen leib ist der Heilige Geist. 1. Korinther 12,13 macht das klar: „In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden“. Der Leib Christi ist einmal am Pfingstfest nach der Auferstehung des Herrn Jesus entstanden. Durch den Heiligen Geist wird seitdem jeder Glaubende dem Leib Christi „hinzugefügt“. Dieser Geist ist derselbe Geist, den jeder Gläubige persönlich besitzt; Er bleibt bei uns in Ewigkeit ( Joh 14,16); Er ist unser Siegel, das niemand brechen kann, und unser Unterpfand als Garantie für das, was in der Zukunft ganz sicher unser Erbteil sein wird (Eph 1,13.14; 2. Kor 1,21.22). Deshalb ist auch die Verbindung zwischen Christus und der Versammlung und dieser Glaubenden untereinander eine ewige, untrennbare Verbindung.

Das Bild des Leibes zeigt, dass eine lebendige Verbindung zwischen dem Haupt (Christus) und den Gliedern (den einzelnen Gläubigen) besteht. Diese Verbindung ist lebendig und untrennbar. Es gibt am Leib Christi keine Amputation.

 

Der Weinstock (Johannes 15):
Mancher Gläubige wird durch die Aussage in Johannes 15,6 verunsichert: „Wenn jemand nicht in mir bleibt, wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen“.

In diesem Bild geht es um die Frucht, die Jünger Jesu für den Vater bringen. Das kann man den vorhergehenden Versen entnehmen. Es geht nicht um das ewige Heil der Gläubigen. Den Jüngern war dieses Bild in Grundzügen bereits aus dem Alten Testament bekannt: Der Weinstock war ein Bild für Gottes irdisches Volk Israel, das Gott gepflanzt und versorgt hatte, um Frucht für sich zu sehen. Als statt der zu erwartenden Frucht schlechte Beeren erschienen, ließ er den Weinstock verwüstet werden und verbrannte sein Holz ( Jes 5,1 ff.; Ps 80,9 ff.).

Diese Linie setzt der Herr Jesus in Johannes 15 fort: Nachdem sein irdisches Volk, Israel, als nicht fruchttragender Weinstock beiseite gesetzt wurde, stellt sich Jesus Christus selbst als Weinstock dar, der auf der Erde die Gott gefallende und ehrende Frucht bringt.

Die Reben versinnbildlichen Menschen, die auf der Erde eine (evtl. nur äußerliche) Verbindung mit Gott eingehen und von denen Gott deshalb Frucht erwarten kann. Frucht ist ein Leben, das von Gottesfurcht und Glauben gekennzeichnet ist, heilige Charakterzüge trägt und die von Ihm bestimmten guten Werke zeigt.

Das Bleiben im Weinstock ist die praktisch gelebte, innerliche Gemeinschaft mit Christus. Die Jünger bringen Frucht, sofern sie denn in Ihm bleiben, also eine echte, aktive, lebendige Beziehung zu Ihm unterhalten. Diejenigen, auf die dieses zutrifft, werden von dem Vater immer wieder „gereinigt“, d.h. in praktischer Hinsicht mit dem Herrn in Übereinstimmung gebracht, um noch mehr Frucht zu bringen. Diejenigen, die diese lebendige Beziehung zu dem Herrn nicht haben, werden weggenommen und gerichtet; es handelt sich bei dem Weinstock also nicht – wie bei dem Bild von dem einen Leib – um eine untrennbare Einheit, sondern um eine von Voraussetzungen abhängige Gemeinschaft.

Das Wegnehmen einer Rebe ist nicht das ewige Verlorengehen eines Gläubigen. Das ganze Bild handelt nicht von der Wiedergeburt und vom ewigen Heil. Bei den weggenommenen Reben geht es um Jünger, die zwar eine äußerliche (sie waren Reben des Weinstocks), aber keine lebendige innerliche Beziehung zu Christus hatten (sie blieben und waren nicht in Ihm). Solche entfernen sich entweder selbst von Ihm (vgl. Joh 6,66) oder werden von Gott weggenommen und gerichtet (Beispiel Judas). Zeugnis und Frucht, die sie hier auf der Erde bringen könnten, sind dahin.

Im Bild vom Weinstock geht es bei dem Wegnehmen von unfruchtbaren Reben nicht um wahre Gläubige, sondern um falsche Jünger; es geht nicht um untrennbare und unbedingte Einheit, sondern um von Bedingungen abhängige Gemeinschaft; es geht nicht um ewiges Leben, sondern um zeitliche Frucht; es geht nicht um die Zukunft im Himmel, sondern um das Zeugnis auf der Erde; es geht nicht um Gottes Gnadengeschenk des Heils, sondern um die Verantwortung zu einem fruchtbaren Leben für Gott.

 

Der Ölbaum (Römer 11):
In Römer 11,20.21 findet sich eine Aussage, die ähnlich schwierig ist wie Johannes 15,6 und von manchen missverstanden wird. Nachdem Paulus geschildert hat, dass aus einem edlen Ölbaum dessen natürliche Zweige herausgebrochen und andere, wilde Zweige an ihrer Stelle eingepfropft wurden, warnt er: „Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich; denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat – dass er auch dich etwa nicht verschonen werde“.[2]

Es geht hier nicht um einzelne Gläubige, sondern um Völker. Es kommt entscheidend auf den Zusammenhang an: In Römer 9-11 geht es um die Israeliten (s. 9,1 ff.; 10,1 ff.), und zwar behandelt Paulus die Frage, ob Gott Israel als sein irdisches Volk endgültig verstoßen hat (11,1) oder ob es noch einmal Träger von Gottes Segen sein wird (11,25 ff.). In einen Gegensatz zu Israel werden die Nationen gestellt, also die anderen Völker außer Israel.

Der Ölbaum ist nicht ein Baum des Heils, sondern ein Baum der Verheißung des Segens Gottes. Diese Verheißung bekam zunächst Abraham aufgrund seines Glaubens (1. Mo 12,2.3), sie wurde dann „kraft Erbfolge“ an seine Nachkommen und damit an das ganze Volk Israel weitergereicht.

Das Herausbrechen der edlen Zweige: Als Israel insgesamt seinen Unglauben unter Beweis stellte, indem es letztlich Christus, den Messias, ans Kreuz lieferte, verwarf Gott das Volk: Er hat nunmehr sein Heil nicht mehr den Juden vorbehalten und erkennt sie vorübergehend nicht mehr als sein Volk an.

Das Einpfropfen der wilden Zweige: Stattdessen kam „der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen“ (Gal 3,14). Die Nationen sind in den Verheißungsbereich Gottes eingetreten, die gute Botschaft wird auch unter ihnen gepredigt, das Heil und der Segen sind ihnen zugänglich gemacht worden.

Das Wieder-Einpfropfen der edlen Zweige: Es werden nicht nur edle Zweige herausgebrochen und wilde Zweige eingepfropft, sondern es werden auch edle Zweige wieder in den edlen Ölbaum eingepfropft. Dieser Vorgang des Einpfropfens wäre nicht erklärbar, wenn man das Bild auf einzelne Gläubige bezöge. In Vers 25 ff. erklärt Paulus, was gemeint ist: Nach der vorübergehenden Verhärtung Israels und der folgenden Annahme der Nationen wird – nach dem Erreichen der „Vollzahl“ der Nationen – Israel wieder angenommen. Gottes Gnadengaben und Berufung sind unbereubar.

Die Warnung vor dem Ausbrechen: Die eingangs zitierte Warnung weist darauf hin, dass mit jeder Verheißungs- und Segensbeziehung auch die Verantwortung verbunden ist, die Verheißungen im Glauben in Anspruch zu nehmen und an Gott festzuhalten. Sie bezieht sich aber nicht auf Einzelne, sondern auf Völker: Das Volk Israel zeigte sich insgesamt ungläubig und verscherzte die Verheißung. Davor warnt Paulus die Nationen (er richtet sich in diesem Brief an die Römer und mit ihnen allgemein an uns nicht-jüdische Völker): Gebt euch nicht dem Unglauben hin, sonst verscherzt ihr Gottes Verheißungen und Segen.

Im Bild vom Ölbaum geht es nicht um einzelne Gläubige, sondern um Völker (die Juden und die übrigen Nationen). Es geht nicht um das ewige Heil, sondern den Zugang zu Gottes Verheißungen und Segen. Gewarnt wird davor, sich auf einer nationalen Ebene insgesamt dem Unglauben zuzuwenden – so tat es Israel, und es verlor das Verheißungsprivileg; Israel wird aber wieder in Gottes Segen eintreten, da Gottes Gnadengaben letztlich unbereubar sind.

Spreu VI – Umkehrschlüsse und Auslassungen

Vorsicht vor – rein – logischen Argumenten, insbesondere vor Umkehrschlüssen, und vor einer Argumentation anhand von Auslassungen. Beispielsweise schreibt Paulus den Korinthern, dass sie durch das Evangelium errettet werden, wenn sie an dem Wort festhalten (1. Kor 15,1.2). Der Umkehrschluss – wenn sie nicht festhalten, gehen sie ewig verloren – ist nicht zulässig, und zwar weder in logischer [3], noch in „theo-logischer“ Hinsicht. Gott stellt hier aus bestimmten Gründen eine Seite mit einer Stoßrichtung vor. Der Umkehrschluss geht über die Textaussage hinaus. Erst recht kann man mit einem angeblich so klaren Umkehrschluss andere Bibelstellen (die das Gegenteil lehren) nicht entkräften. Diese (scheinbar) logische Argumentation ist einfach, aber sie ist zu einfach.

Genauso einfach, aber auch genauso unzulässig ist es, Verse verkürzt zu zitieren oder aus dem Zusammenhang herauszureißen, oder auch auslassungen überzubewerten. Beispielsweise sagt der Herr, dass seine Schafe „nicht verloren gehen in Ewigkeit“ ( Joh 10,28), hat aber im Vers zuvor auch gesagt: „meine Schafe hören meine Stimme … und sie folgen mir“. Diesen Versteil zu unterschlagen, weil man unbequeme Fragen vermeiden möchte (Gehen nur diejenigen Schafe nicht verloren, die ihrem Hirten auch praktisch gehorsam sind und Ihm folgen?), ist nicht korrekt (selbst wenn diese Fragen verneint werden können).

Ebenso gefährlich ist das Argument „aus dem Schweigen“. Die Bibel warnt z.B. davor, dass man erntet, was man gesät hat – und zwar wird man von einem Säen für das Fleisch Verderben ernten (Gal 6,7.8). Wird ein fleischlich gesinnter Gläubiger dann das ewige Verderben ernten? In dieser Bibelstelle gibt es keine ausdrückliche „Sonderverheißung“ der endgültigen Bewahrung eines Gläubigen vor dem ewigen Verderben. Auf dieses Schweigen kann man aber nicht die Lehre der Verlierbarkeit des Heils aufbauen. Zum einen ist eine Bekehrung ein Säen für den Geist, das die Ernte des ewigen Lebens nach sich zieht, auch wenn im weiteren Leben viel für das Fleisch gesät und folglich viel praktisches Verderben geerntet wird. Zweitens steht Gottes Gnade über dieser Gesetzmäßigkeit von Saat und Ernte, und Er hat verheißen, jeden Glaubenden am Ende zu bewahren und zu erretten (s. noch im nächsten Heft). Man muss sich also stets der Mühe unterziehen, die einzelne Bibelstelle in den Gesamtzusammenhang der Schrift zu stellen.

Im nächsten Heft: Anhand umstrittener und schwieriger Themen wie dem Ausharren bzw. Abfallen von Gläubigen soll es darum gehen, Grundsätze der Bibel richtig anzuwenden.

Fußnoten

1 hinzugefügt wird ein gläubiger zu dem Leib, indem er den heiligen geist empfängt, vgl. 1. Kor

2 ausführlich: ch. Briem, da bin ich in ihrer Mitte, csV, 3. aufl. 2008, s. 51 ff. sowie ch. Briem, Von gott verstoßen, csV 1993.

3 ein logisch zulässiger umkehrschluss (Kontraposition) aus einer wenn-dann-aussage muss beide aussage-elemente verneinen und zugleich die wenn-dann-struktur umkehren: der logische umkehrschluss zu “wenn sie festhalten, dann werden sie errettet” ist: “wenn sie nicht errettet werden, dann haben sie nicht festgehalten”. rein logische argumente helfen also nicht weiter.