Themenheft

Mit angezogener Handbremse fahren?

Die Folgen einer solchen Handlung sind naheliegend:

  • Der Wagen wird nie mit vollem Tempo fahren können, und der Motor verbraucht viel mehr Kraftstoff als nötig. Das Fahren wird zäh und mühsam.
  • Die Hinterradbremsen können in kürzester Zeit heißlaufen. Dann fallen sie aus und der Fahrer kann nicht mehr richtig bremsen. Oder die Räder blockieren, so dass sie nach kurzer Strecke nicht mehr zu gebrauchen sind.

Vielleicht schmunzelst du jetzt: „Wer macht schon so etwas?“ Wenn wir aber die kleine Geschichte einmal auf unser Leben als Christen anwenden, müssen wir feststellen, dass so etwas schneller passieren kann als man denkt:

  • Da ist der junge Christ, der bisher geistlich gut gewachsen ist. Plötzlich kommt er nicht mehr recht voran. Seine geistliche Entwicklung stockt, in den Zusammenkünften ist er innerlich abwesend, sein Interesse an Glaubensdingen erlahmt. Ein Christ mit angezogener Handbremse!
  • Bei anderen wird es noch gefährlicher: Nicht nur ihr Glaubensleben erlahmt, sondern auch ihr Verhältnis zu ihren Mitgeschwistern beginnt zu knirschen, sie ziehen sich zurück oder haben an vielem etwas auszusetzen. Es gibt Gläubige, die finden bei jedem ihrer Glaubensgenossen ein Haar in der Suppe. Da sind die Räder mindestens heiß gelaufen ...

Findest du dich in diesen Beispielen wieder? Wenn wir nun über Ursachen für ein „gebremstes“ Christenleben nachdenken, könnten wir schnell zwei Gründe nennen: Nachlässigkeit im Gebet und beim Lesen von Gottes Wort. Das ist sicher meist so, und doch sind diese Punkte bisweilen nur die Auswirkung tiefer liegender Gründe. Davon gibt es viele. Wir wollen hier zwei Punkte herausgreifen, mit denen wohl viele von uns schon mal zu kämpfen hatten.

1) Belastung durch Sünden

Gibt es etwas in deinem Leben, von dem du genau weißt, dass es Sünde vor Gott ist? Vielleicht meinst du, du könntest nicht ohne diese Sache auskommen. Und doch ist dein Gewissen nicht ruhig dabei. Ein schlechtes Gewissen ist aber eine gewaltige Bremse! Es nimmt uns die innere Freiheit, für den Herrn zu leben und Ihm zu dienen. Und: Unser Herr kann uns nicht segnen und uns keine geistliche Kraft geben, wenn wir an Sachen festhalten, die Ihm nicht gefallen. So betrüben wir den Heiligen Geist. Ein Bibelausleger hat einmal gesagt, dass der Heilige Geist dann nicht durch uns wirken kann, sondern uns mit uns selbst beschäftigen muss, damit wir wieder in Ordnung kommen.

Wie löst man nun diese Bremse? Bekenne Gott, deinem Vater, alles, was in deinem Leben nicht stimmt, und bitte den Herrn Jesus vor allem um Kraft und Entschiedenheit, die Sünden auch zu lassen. Bitte Ihn um ein gehorsames Herz und suche die Gemeinschaft mit Ihm, indem du viel in der Bibel liest und betest. Du wirst es brauchen, denn es drohen Anfechtung und Rückschläge! Es fällt besonders schwer, von Sünden zu lassen, die schon zur Gewohnheit geworden sind.

Wenn andere Menschen von der oder den Sünden betroffen sind, geht es nicht anders, als auch ihnen alles zu bekennen. Das fällt zwar schwer, aber wahre Ruhe bekommst du erst dann, wenn wirklich alles geordnet ist. Wie befreiend ist ein Leben ohne schlechtes Gewissen. Das geistliche Leben kann dann wieder Fahrt aufnehmen!

Übrigens: Es gibt auch Dinge, die uns nicht bewusst sind, und die doch nicht gut sind. Schon dem König David war es wichtig, dass nichts Bremsendes in seinem Leben war. Er bat Gott: „Prüfe mich ... und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist“ (Ps 139,23.24). „Von verborgenen Sünden reinige mich!“ (Ps 19,13). Wenn Er dir dann etwas zeigt, verfahre wie oben gesagt. Wenn du aber nichts erkennen kannst, dann kannst du beruhigt sein und musst nicht stundenlang grübeln.

2) Groll gegen Mitgeschwister

Ein weiteres Thema, das uns ziemlich ausbremsen kann: Unter Glaubensgeschwistern ergeben sich manchmal Reibungspunkte. Wir sind alle unvollkommen. Besonders wenn man jahrelang relativ eng zusammenlebt, gibt es viele Anlässe, einander auf die Nerven zu gehen! Angewohnheiten oder Charaktereigenschaften meines Nächsten können mich aufregen. Oder er hat mir gegenüber eine ungeschickte oder verletzende Bemerkung gemacht, hat mich nicht ausreichend beachtet oder geschnitten. Die Liste der berechtigten oder unberechtigten „Nerv-Gründe“ ist schier endlos.

Schon in jungen Jahren sollten wir darauf achten, dass unser Verhältnis zu unseren Mitgeschwistern mit der Zeit nicht durch etwas belastet und schwierig wird. Wir werden ihnen gegenüber sonst nicht mehr frei sein, sondern eher kritisch. Das hat Auswirkungen auf die Gemeinschaft miteinander. Wie kann ich z.B. gemeinsam mit Geschwistern den Herrn Jesus und den Vater anbeten, wenn Groll gegen sie in meinem Herzen ist? Wie ist mit solchen Gefühlen echte geistliche Gemeinschaft möglich? Oder verhindern solche Dinge vielleicht sogar, dass ich gerne am Brotbrechen, dem Abendmahl, teilnehmen möchte?

Die Gefahr ist, dass wir persönliche Differenzen jahre- oder sogar jahrzehntelang innerlich hegen und pflegen, ohne zu versuchen, sie zu lösen. Es gab Fälle, bei denen ein geringfügiger Anlass zu großem Streit und schlimmem Schaden unter Gläubigen führte. Die Dinge entwickelten sich nur deshalb so explosiv, weil ihnen Probleme zugrunde lagen, die viele Jahre ungelöst blieben und dann umso heftiger hervorbrachen! Der Herr Jesus wird dadurch sehr verunehrt.

Um im Bild zu bleiben: Durch Reibungsverluste wird die Motorkraft nahezu wirkungslos. Dabei könnte man manche Probleme allein dadurch vermeiden, dass man um des anderen willen schon mal auf ein persönliches Recht verzichtet (vgl. Röm 14,19 ff.). Bibelstellen wie Kolosser 3 ab Vers 12 geben weitere wertvolle Hilfestellungen, wie du zu einem guten Miteinander beitragen kannst:

  • Vers 12: Gott möchte, dass wir demütig sind, d.h. uns selbst nicht so wichtig nehmen. Dann können wir auf das Verhalten anderer sanftmütig reagieren, nehmen nicht an so vielem Anstoß und können langmütig mit den Schwächen unserer Mitgeschwister sein.
  • Vers 13a: Nicht alles, was uns an anderen ärgert, ist Sünde. Oft handelt es sich um Schwachheiten oder menschliche Unvollkommenheiten. Wir sollten nicht vergessen, dass wir selbst mit unseren eigenen Macken und Schwächen eine ständige Übung für unsere Umgebung sind. Das hilft uns, nachsichtig gegenüber anderen zu sein. Sie müssen uns genauso tragen (und ertragen!) wie wir sie.
  • Vers 13b: Wenn zwischenmenschliche Probleme wirklich auf Sünden beruhen, dann sollte die Sache so schnell wie möglich geordnet werden. Nur so wird verhindert, dass sich ein Problem verfestigt oder sogar auswächst. Egal, ob ich Schuld habe oder mein Gegenüber schuldig ist: Mach den Anfang, geh zu ihm hin und versuche, die Sache zu bereinigen. Wenn der andere schuldig ist, dann sei bereit, ihm auf ein Bekenntnis hin alles vorbehaltlos zu vergeben, denn so hat der Herr Jesus auch mit dir gehandelt. Hat Er dir je etwas nachgetragen?
  • Vers 14: Der Herr Jesus liebt deinen Mitbruder/deine Mitschwester genau wie dich. Die Liebe, die der Herr Jesus dir täglich gibt, darfst und sollst du an deine Mitgläubigen weitergeben. Die Liebe hilft dir auch, manches zu ertragen und zu verzeihen. Göttliche Liebe ist übrigens nicht zu verwechseln mit Sympathie: Sie ist ein fester Entschluss in meinem Herzen, das Wohl meines Nächsten zu suchen, auch wenn er mir keinerlei Anlass dazu gibt.
  • Vers 15: Christus hat uns Frieden mit Gott erworben. Alle deine Entscheidungen und Handlungen sollten nun darauf abzielen, auch den Frieden untereinander zu bewahren. Wir sollen ja dem Frieden nachjagen (d.h. mit voller Energie) und dabei die Heiligkeit Gottes nicht außer Acht lassen (Heb 12,14)
  • Vers 15b: Dürfen wir nicht dankbar für jeden sein, den uns der Herr an die Seite stellt? Wir brauchen den Weg des Glaubens nicht alleine zu gehen, wir dürfen uns helfen, stützen und lieben. Und nicht zuletzt: Wir werden einmal die Ewigkeit „lang“ miteinander leben – im Vaterhaus. Sollen unsere Beziehungen erst dort gut werden?

Ob es sich nun um die genannten oder andere „Bremsen“ handelt: Sie zu lösen ist entscheidend für die Kraft und Ausdauer unseres Glaubenslaufs.

Frank Steuber