Dabei find ich nichts!

Dabei find ich nichts!

Es war ein schöner, warmer Sommertag und Iris genoss die Zeit mit Marlis auf der Terrasse. Marlis war zwar viel älter als Iris mit ihren 16 Jahren. Doch Marco und Marlis Hartmann kümmerten sich viel um die Jugendlichen in der Versammlung (Gemeinde) am Ort. Iris´ Weg von der Schule führte am Haus der Hartmanns vorbei und mitunter schaute Iris „einfach mal rein“. Marlis, eine ehemalige Lehrerin, konnte man auch bei manchen schulischen Problemen „anzapfen“. Oder man nutzte die Gelegenheit einfach zum Klönen.

Auch heute hatten Iris und Marlis bei einem leckeren Eiskaffe über „dies und das“ geredet und viel gelacht. Doch gerade schien das Gespräch eine Wendung zu nehmen, die Iris etwas unangenehm war. Marlis hatte offenbar einen Riecher für solche Fälle. Aber man konnte es ihr einfach nicht übel nehmen. Als Marlis sagte, „Weißt Du, Iris, Dein Outfit in der letzten Jugendstunde …“, da wusste Iris schon, was jetzt kam. „Dabei find ich nichts, Marlis. Das ist halt gerade angesagt. So laufen sie doch alle rum. Ich muss doch nicht, nur weil ich Christ bin, rumlaufen wie im vorigen Jahrhundert. Ich darf mich doch auch schick und attraktiv kleiden, oder?“

„Ja, Iris, das darfst Du und niemand erwartet von Dir, dass Du Dich kleidest wie im Mittelalter. Aber wenn Dein Rock viel zu kurz ist und Du, wenn Du Dich nach vorne beugst, um dein Glas vom Tisch zu nehmen, den Jungs einen Anblick gewährst, der nicht mehr o.k ist, dann hat das schon etwas mit Deinem Christsein zu tun.“ – Dass Marlis auch immer so deutlich werden musste. So ganz überzeugt war Iris von ihrer Verteidigung nun auch nicht mehr. „Wenn die Jungs damit nicht umgehen können, schöne Mädchen zu sehen, dann ist das doch nicht mein Problem.“ – „Darüber können wir gleich noch mal reden, aber zuerst noch etwas anderes Iris: Die Tatsache, dass Du nichts dabei findest, dass also Dein Gewissen „ruhig“ ist, kann für Dich als Christin nicht das letzte Wort sein. Nicht das Gewissen ist unser Führer, sondern Gottes Wort. Und da steht auch etwas über Kleidung.“ – „Ja, ich weiß, von sittsam und so. Aber das Empfinden ändert sich doch auch im Laufe der Jahre.“ – „Sicher gibt es einen kulturellen Wandel in der Gesellschaft. Aber wenn der Wandel negativ ist und gegen Gottes Wort, dann bleibt für uns die Bibel maßgebend. Du solltest Dir schon Gedanken machen, Iris, welche ‚Signale’ Du aussendest. Wenn Du durch Dein Auftreten bei den Jungs unsaubere Gedanken hervorrufst, kannst Du Dich nicht damit herausreden, dass ginge Dich nichts an und sei deren Problem.“

… Als Iris an diesem Nachmittag nach Hause ging, war sie nicht mehr so sicher, ob „dabei find ich nichts“ eine gute Einstellung war. Warum musste das auch alles sooo schwierig sein. Aber sie war dankbar, dass es in ihrem Leben Marlis gab. Trotz allem – oder gerade deswegen.