Bibel praktisch

Bibel konstrastreich: Niemand erkennt den Sohn - um ihn zu erkennen

Bibelverse sollten möglichst im Zusammenhang des Textes untersucht werden. Trotzdem stolpert man immer wieder über auf den ersten Blick überraschende „Gegensätze“ zwischen einzelnen Bibelstellen. Diese Kontraste fordern zum Nachdenken auf – und dazu soll diese kleine Reihe beitragen. Die hier vorgelegte Gegenüberstellung wurde von einem Leser von Folge mir nach eingereicht.

 

„Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“ (Mt 11,27; Lk 10,22)

Als der Herr Jesus von seinem Volk als Messias abgelehnt worden ist, spricht Er Gericht aus (Mt 11,20 ff.). Doch dann macht Er deutlich, dass Er noch weitere, größere Würden als die des Messias besitzt: Er ist der ewige Sohn des Vaters, und zugleich auch Sohn des Menschen. Diese Vereinigung von Gottheit und Menschheit in der Person des Herrn Jesus kann niemand erkennen, verstehen, als nur der Vater allein. Erlöste Christen bewundern dieses Geheimnis, ohne es erkennen zu können.

 

„um ihn zu erkennen“ (Phil 3,10)

Wenn es nicht um diese ganz spezielle Seite der Herrlichkeit des Herrn Jesus geht, werden die Leser des Neuen Testaments immer wieder aufgefordert, ihren Herrn besser kennen zu lernen, zum Beispiel in 2. Petrus 3,18: „Wachst aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus!“ Seine vielfältigen Herrlichkeiten und Würden als Erlöser, als Hirte, als Haupt des Leibes, als Sohn des Menschen, als Gekrönter – all das kann ein Gläubiger grundsätzlich erkennen, aber diese Herrlichkeiten sind so umfangreich, dass niemand für sich behaupten könnte, alles an dem Herrn Jesus erkannt zu haben. Wachstum ist für jeden nötig.

Seine Größe soll uns keineswegs davon abhalten, nach Ihm zu forschen (Ps 27,4) und mehr Schönheiten persönlich kennen und bewundern zu lernen. So wollte auch Paulus mehr von Ihm erkennen. Dieses Erkennen führt zu dem Erleben von „Gnade und Friede“ (2. Pet 1,2) und zu einem Fruchtbringen (2. Pet 1,8). Es lohnt sich, seinen Erlöser genau(er) zu betrachten – Paulus hat dafür vieles vermeintlich Attraktives über Bord geworfen!

 

„weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist“ (1. Joh 2,13)

Schließlich schreibt der Apostel Johannes den „Vätern“, also gereiften Christen, dass sie den erkannt hatten, der von Anfang an ist (1. Joh 2,13). Hatten diese Gläubigen „ausgelernt“? Das sicher nicht, aber sie hatten doch verstanden, dass der Herr Jesus als Mensch unter Menschen auf der Erde das ewige Leben offenbart hatte – und diese Erkenntnis brachte sie in eine tiefgreifende, praktische Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Für sie bedeutete Christus alles. Das kennzeichnet Christen mit besonderem Reifegrad, denen man vielleicht selten begegnet und die dennoch auch weiter in der Erkenntnis des Erlösers wachsen möchten.

Als Gott und Mensch in einer Person kann der Herr Jesus von Menschen nicht erkannt werden. Andererseits dürfen Christen ihren Erlöser immer mehr und immer besser kennen lernen und in seiner Erkenntnis wachsen. Und schließlich können reife Christen den Herrn Jesus als das offenbarte Wort des Lebens erkannt haben.