Christus vor Augen - Kolosser 1

Bibelstudium Christus vor Augen Teil 8

Kolosser 1


In der letzten Folge über Kolosser 1 haben wir gesehen, welche einzigartigen Veränderungen der Vater im Leben von Menschen bewirkt hat, indem Er sie zu himmlischer Gemeinschaft befähigt hat und sie in einen Bereich versetzt hat, der durch den Sohn seiner Liebe geprägt ist. In diesem Artikel sehen wir, dass Paulus nach der Erwähnung dieser herrlichen Person ihre einzigartigen Herrlichkeiten Punkt für Punkt entfaltet.

 

Vers 14: Erlösung in dem Sohn

Versetzt

Der Vater hat uns aus dem Bereich der Finsternis in einen Bereich versetzt, dessen Mittelpunkt der Sohn seiner Liebe ist. In diesem Sohn haben wir die Erlösung, nämlich die Vergebung der Sünden. Das erscheint auf den ersten Blick ein wenig seltsam. Denn ich wüsste außer einer weiteren Stelle nicht, wo die Erlösung auf eine solch schmale Basis gebracht wird. Die andere Stelle ist Epheser 1,7, wo es heißt: „Begnadigt in dem Geliebten, in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade“. Das ist genau die gleiche Ausdrucksform, allerdings mit dem Zusatz„durch sein Blut“.

Erlösung

Der Herr Jesus hat uns die Erlösung geschenkt. Er ist der Erlöser, und Erlösung bedeutet nach diesem Vers: die Vergebung der Sünden. An anderen Stellen wie zum Beispiel in Römer 8 oder auch im 1. Petrusbrief wird Erlösung oder Errettung in Verbindung gebracht mit der endgültigen Erlösung, wenn auch der Körper des Christen Anteil haben wird an der Macht der Auferstehung. Es muss in der Tat wunderbar sein, wenn auch der Körper vollkommen fähig sein wird, in der Herrlichkeit Gottes zu sein. Dann wird jede feindliche Macht, die gegen uns ist, überwunden sein, und wir werden in der Lage sein, den Herrn Jesus zu sehen, wie Er ist.

Vergebung

Segnungen

„Erlösung“ (Loskaufung) hat als christliche Segnung ein breites Bedeutungsspektrum und schließt zuweilen, wie bemerkt, die Erlö- sung des Körpers mit ein (Röm 3,24; 8,23; 1. Kor 1,30; Eph 1,14; 4,30; Tit 2,14; Heb 9,12; 1. Pet 1,18). Die angegebenen Stellen machen deutlich, dass der Begriff „Erlösung“ (oder „Erlösen“) im normalen Gebrauch des Neuen Testaments Segnungen beschreibt, die über die Vergebung der Sünden hinausgehen. Sie mögen sie durchaus voraussetzen, aber sie gehen darüber hinaus. In Kolosser 1,14 und in Epheser 1,7 wird Erlösung jedoch auf diesen einen Aspekt beschränkt. Erlösung und Sündenvergebung werden hier als dieselbe Sache angesehen. Das heißt jedoch nicht, dass diese eingeschränkte Sichtweise der Erlösung nicht dennoch etwas Gewaltiges in sich birgt. Wie viele und welche Sünden hat Gott uns vergeben? Nicht nur die Sünden bis zu unserer Bekehrung, sondern auch diejenigen, die wir als Kinder Gottes – leider! – noch begehen mögen. Gott sei Dank! Er hat uns alle Sünden vergeben.

Kind Gottes

Ein Kind Gottes hat die Vergebung der Sünden. Das ist die Grund- lage für jede weitere Belehrung (1. Joh 2,12). Wenn uns nicht alle Sünden vergeben wären, wären wir verloren. Denn der Herr Jesus wird nicht noch einmal für Sünden sterben. Die Vergebung der Sünden ist tatsächlich eine absolute Wahrheit, das heißt, sie gilt für jedes Kind Gottes. Wir haben diese Vergebung durch das Blut des Herrn Jesus. Diese Gewissheit sollte indes niemand dazu verführen zu denken: Dann kann ich ja ruhig sündigen. Denn dies wäre nicht nur eine bösartige, sondern auch absurde Schlussfolgerung. Wenn ich jemand sehr lieb habe – zum Beispiel meine Ehefrau –, werde ich ihr dann unbekümmert Weh antun, weil ich ja weiß, dass sie mich liebt? Das ist unmöglich. So verhält es sich auch im Blick auf Gott: Wenn wir Ihn lieben, werden wir nicht schnell sündigen.

Durch sein Blut

Nun fehlt in Kolosser 1 der Zusatz„durch sein Blut“. Gewiss besitzen wir die Erlösung dadurch, dass das Blut unseres Herrn geflossen ist, das heißt, dass Er gestorben ist. Aber das steht hier nicht. Ich habe den Eindruck, dass der Heilige Geist bei den Kolossern nicht so sehr über das Werk des Sohnes sprechen, sondern unmittelbar zur Person des Sohnes kommen will. Dieser Führung wollen wir uns anschließen. Wir denken jetzt nicht nur über das nach, was Er getan hat, sondern vor allem darüber, wer Er ist.

David

Das erinnert mich an David und Jonathan und an die Frauen in Israel. Diese Frauen haben, nachdem Goliath bezwungen worden war, David erhoben, indem sie sangen: „David hat seine Zehntausende erschlagen“ – das war sein Werk. Was aber finden wir bei Jonathan?

Jonathan

„Da verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids“ (1. Sam 18,1). Das ist viel mehr. Er schätzte nicht nur das wert, was David getan hatte. Bei ihm finden wir Hingabe an die Person Davids. So verweilt der Heilige Geist auch im Kolosserbrief nicht lange bei dem Werk des Herrn. Er will die Gläubigen in Kolossä und auch uns direkt auf die Person des Herrn hinlenken.

Vers 15: Das Bild des unsichtbaren Gottes

Persöhnliche Herrlichkeiten

Daher stellt Er nun die persönlichen Herrlichkeiten des Herrn Jesus vor unsere Herzen. Zunächst wird Er als das Bild des unsichtbaren Gottes gezeigt und dann als der Erstgeborene aller Schöpfung. Die erste Herrlichkeit drückt das aus, was Christus in Beziehung zu Gott ist, die zweite das, was Er in Beziehung zum Geschöpf ist. Das sind zwei verschiedene Gesichtspunkte. Das Erste ist das Erhabenere. Christus ist das Bild Gottes. In seiner Absolutheit ist Gott unsichtbar und wird es immer bleiben. Denn wir lesen in 1. Timotheus 6: „... der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann“ (Vers 16).

Unsichtbar

Zwar erfahren wir im Alten Testament, dass Mose die Herrlichkeit Gottes sah und dennoch nicht sterben musste. Aber auch dort sagt Gott: „Nicht kann ein Mensch mich sehen und leben“ (2. Mo 33,20). So ließ sich Gott herab und zeigte sich Mose in einem gewissen, eingeschränkten Maß, so dass dieser am Leben blieb. Ähnliches finden wir bei Simsons Eltern: „Wir werden gewiss sterben, denn wir haben Gott gesehen“, sagt Manoah (Ri 13,22). Und doch starben sie nicht.

Wir sehen Gott in dem Herrn Jesus

In Ihm

Stehen diese Beispiele im Widerspruch zu der Wahrheit von 1. Timotheus 6 und dem von Gott selbst bezeugten Urteil, dass man Ihn nicht sehen kann, ohne zu vergehen? Nein. Niemand kann Gott in seiner vollen Herrlichkeit sehen, wie man auch den vollen Anblick der Sonne nicht einen Augenblick ertragen kann. Ein Mensch ist dazu nicht in der Lage. Daher werden wir Gott sogar im Himmel nicht in seiner Absolutheit sehen, obwohl wir selbst mit der Herrlichkeit Gottes bekleidet sein werden. Aber wir werden Ihn in der Person des Herrn Jesus sehen, der immer das Bild des unsichtbaren Gottes bleiben wird. In Ihm werden wir Gott sehen.

Gleichnis

Der Lichtglanz der Erkenntnis Gottes ist im Angesicht Christi zu finden (vgl. 2. Kor 4,6). Gott hat sich in Christus offenbart, dem Bild des unsichtbaren Gottes. Den Ausdruck „Bild“ findet man im übertragenen Sinn wiederholt in der Heiligen Schrift. In 1. Mose 1,26 steht, dass Gott den Menschen in seinem Bild und in seinem Gleichnis gemacht hat. Was ist der Unterschied zwischen „Bild“ und „Gleichnis“?

Der Mensch ist im Gleichnis Gottes geschaffen worden: nämlich ohne Sünde. Denn Gott ist ohne Sünde. Gott ist zudem das abso- lute Zentrum von allem. In dieser Schöpfung hat Er den Menschen in abgeleiteter Weise zu einem solchen Zentrum gemacht. Engel werden im Unterschied zum Menschen nie ein solches Zentrum sein – sie sind und bleiben Diener. Der Mensch aber ist ein solches Zentrum an Macht, weil Gott es so wollte. Dann aber kam die Sün- de dazwischen, so dass der Mensch aufhörte, das Gleichnis Gottes zu sein.

„Bild“

„Bild“ redet von etwas anderem: von Darstellung. Ich kann ein Bild nehmen und sagen „Das ist ein Bild meiner Ehefrau.“ Aber ich kann einfach auch sagen „Das ist meine Ehefrau.“„Bild“ bedeutet Darstellung. Gott hat den Menschen in seinem eigenen Bild gemacht, damit dieser der Vertreter Gottes auf der Erde sei. Wie schmählich hat der Mensch darin versagt! Umso bewundernswerter ist, wenn es in 1. Korinther 11 – dort von dem Mann – heißt, dass er Gottes Bild und Herrlichkeit ist (Vers 7). Obwohl der Mensch in Sünde gefallen ist, bleibt das in den Augen Gottes so. Wir sollten deswegen über Menschen, selbst wenn sie in der Gosse liegen, nicht abfällig den- ken, auch wenn sie nicht mehr menschenwürdig aussehen. Es sind dennoch Geschöpfe der Hand Gottes, geschaffen in seinem Bild.

Bild Gottes

Als dann aber Christus kam, lebte hier die Person, die Gott vollkommen darstellte. Es heißt nicht: Bild des Vaters, sondern Bild Gottes. Auch in 2. Korinther 4,4 wird gesagt: „... der das Bild Gottes ist.“ Wir werden Gott in einem Menschen, der jedoch zugleich Gott ist, immer sehen können. Auch das ist einer der Gründe dafür, warum der Herr Jesus immer Mensch bleiben wird. Nach 1. Korinther 15 ist Er als Mensch Dem unterworfen, der Ihm alles unterworfen hat, das heißt, Er bleibt Mensch. Wir werden Ihn in Ewigkeit von Angesicht zu Angesicht sehen.

Liebe Gottes

Aber wir müssen nicht auf den Himmel warten, um das genießen zu können. Wir brauchen heute nur in die Heilige Schrift zu schauen und unter der Leitung des Geistes die Person Christi zu suchen, dann sehen wir im Glauben Gott. Wenn der Herr Jesus über die Erde ging und ein Kindlein in den Arm nahm, dann offenbarte Er die Liebe Gottes. Die Menschen nennen es sentimental, aber das ist es nicht. Ich habe von Rudolf Brockhaus gehört, dass er, als er die Zusammenkünfte in Berlin besuchte, gern zuerst zu den hinteren Reihen der kleinen Kinder ging und den Kleinen liebevoll über die Köpfe strich oder ihnen die Hand gab. Das ist ein Beispiel von Liebe. Und der Herr Jesus offenbarte in vollkommener Weise die Liebe Gottes. Mehr noch, Er ist der vollkommene Ausdruck dessen, was Gott ist. Dies ist die Quelle aller wahren Erkenntnis. Und so ist Christus die Wahrheit in Bezug auf alles und jeden. Unmöglich, dass der Mensch den „Unsichtbaren“ sehen könnte (Heb 11,27). Er brauchte jemand, der Ihn zu ihm brachte und Ihn kundmach- te. Zu diesem Zweck kam der Herr Jesus in das, was seine eigene Schöpfung ist.

Der Erstgeborene aller Schöpfung

Damit kommen wir zum zweiten Teil dieses Verses. Was die Schöpfung angeht, ist der Herr Jesus der Erstgeborene aller Schöpfung. Er ist keineswegs ein Geschöpf, auch nicht das höchste! Die Gnostiker, von denen am Anfang bereits die Rede war, behaupteten das zwar, aber es ist eine böse Lehre, der wir mit aller Kraft widerstehen müssen.

Schöpfer

Der Herr Jesus hat eine einzigartige Würde in Bezug auf die Schöpfung: Er ist der Erstgeborene aller Schöpfung. Warum? Weil Er der Schöpfer ist, wie die beiden nächsten Verse zeigen. Wenn Christus in seine eigene Schöpfung eintritt, dann nimmt Er darin den ersten Platz ein, damit Er, wie es später heißt, in allem den Vorrang habe. Das ist hier der Hauptgedanke. Christus hat in allem den Vorrang. Wenn Er, der das Bild des unsichtbaren Gottes ist, einen Platz in der Schöpfung einnimmt, dann muss Er notwendigerweise das Haupt derselben sein.

Vorrang

Der Titel „Erstgeborener“ drückt hier eine Vorrangstellung, nicht eine zeitliche Folge aus. Es ist eine Rang-, nicht eine Zeitfrage. Das ist zum Beispiel auch in Psalm 89,28 der Fall, wo Salomo, der zehnte Sohn Davids, zum Erstgeborenen erhoben wird. Auch in Jeremia 31 sehen wir das: Gott macht Ephraim zu seinem Erstgeborenen (Vers 9; vgl. 1. Mo 48,17–19). In Hebräer 12,23 wird von der „Versammlung der Erstgeborenen“ gesprochen, obwohl es schon viel früher Heilige gab.

Jemand mag als „Erstgeborener“ den ersten Platz einnehmen, obwohl er, zeitlich gesehen, viel später daran sein mag als andere. Als der Herr Jesus kam, war es an der Weltenuhr schon relativ spät. Die Geschichte des Menschen war schon immerhin rund 4000 Jahre alt, als Christus geboren wurde. Und dennoch war Er bei seinem Kommen der Erstgeborene aller Schöpfung – eben, weil Er der Schöpfer ist. Er muss in allen Dingen den Vorrang haben (Vers 18). Darum geht es hier.