Christus vor Augen - Kolosser 1 (Teil 3)

Bibelstudium Christus vor Augen Teil 3

Kolosser 1

In der letzten Folge über Kolosser 1 haben wir uns mit den beiden ersten Versen des Kolosserbriefs beschäftigt. Diese Verse ähneln den ersten Versen vieler neutestamentlicher Briefe – und doch sollten wir sie nicht einfach überlesen. Sie haben eine wichtige Bedeutung für unser praktisches Leben. In diesem Heft beginnen wir mit dem Dankgebet des Apostels, das wir in den Versen 3 bis 8 des ersten Kapitels finden.

Dank und Gebet des Apostels (Verse 3–8)

Das Gebet

Bereits in Vers 3 merken wir, dass wir im Kolosserbrief nicht das hohe geistliche Niveau des Epheserbriefs finden. Dort kann der Apostel sofort anfangen: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ...“, und er entwickelt dann den herrlichen Ratschluss Gottes in Bezug auf die Gläubigen der Gnadenzeit. Erst später geht er auf den persönlichen Zustand der Epheser ein.

Vers 3: Danken und Beten

Dank

Die Kolosser brauchten etwas anderes. Daher beginnt der Apostel mit einem Dankgebet und mit Bitten, die sich auf ihren Zustand beziehen. Sein Dankgebet richtet Paulus an den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Ich habe als junger Mann ein kleines Büchlein gehabt. Darin war für jeden Tag im Jahr ein Name Gottes vermerkt – also 365. So viele Namen Gottes und sogar noch mehr gibt es in der Bibel. Herr Zebaoth, Herr der Heerscharen, Jehova (Jahwe), usw. Aber der schönste und höchste Name ist der, den wir hier in Vers 3 finden: „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.“

Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs

Der Vatername

Warum ist dieser Name so besonders wertvoll? Als Mose von Gott zu den Kindern Israel gesandt wird (2. Mo 3), sagt er in etwa: „Wer bist Du, was soll ich denn meinen Leuten sagen, wer Du bist?“ Darauf antwortet ihm Gott: „Sage ihnen: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“ Ich habe oft gedacht: Das ist etwas Gewaltiges. Stellt euch einmal vor, Er würde sagen: „Ich bin der Gott von Christian Briem.“ Das würde ich nicht verstehen. Von solch einem irrenden Menschen sagt Er das? Natürlich, Abraham war ohne Zweifel viel größer, er war ein großer Mann, ein Patri- arch. Abraham hatte unmittelbar mit Gott gesprochen, und Gott mit ihm, und zwar von Angesicht zu Angesicht. Und dennoch war auch Abraham von Natur ein sündiger Mensch. Trotzdem sagt Gott: „Ich bin der Gott Abrahams“ – das ist großartig!

Isaak hatte schon nicht mehr den hohen Stand wie Abraham, er stand in geistlicher Hinsicht bereits eine Stufe niedriger. Und Jakob erst recht – er war ein Überlister. Dennoch nennt sich Gott auch der Gott Jakobs. Ist das nicht Gnade? Aber Gott hatte mehr vor, als nur seine Gnade zu zeigen. Er wollte nämlich, wenn Er sich als der„Gott Abrahams“ offenbart, etwas Besonderes von sich zeigen; und das gilt auch, wenn Er sich als „Gott Isaaks“ vorstellt.

Vater, Sohn, Heiliger Geist

Jemand stellte mir vor vielen Jahren die Frage: „Wenn Gott sich der Gott Abrahams nennt, ist das doch ein Bild von Gott, dem Vater?!“ Ich sagte: „Ja, das glaube ich.“ „Und dass Er sich Gott Isaaks nennt, das ist doch ein Bild vom Sohn Gottes?!“„Ja, auch das glaube ich.“ Dann sagte er: „Und wie ist es jetzt mit Jakob? Der Gott Jakobs: Das müsste doch eigentlich ein Bild vom Heiligen Geist sein?!“ Erst einige Zeit später wurde mir klar: Ja, Gott als „Gott Jakobs“ weist auf den Heiligen Geist hin. Dabei steht nicht die Person des Heiligen Geistes im Vordergrund, sondern seine Wirksamkeit. In Jakob wird uns ein Bild von der umgestaltenden Kraft des Heiligen Geistes im Leben des Gläubigen gegeben. Kann man diese deutlicher sehen als in Jakob? Gott machte aus ihm, dem Überlister, „Israel“, den Kämpfer Gottes.

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus

Gott und Vater

Wir haben in diesem wunderschönen Ausdruck „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ ein Beispiel davon, wie Gott sich im Alten Testament offenbart hat, wenn auch nur bruchstückartig. Aber sein Titel als „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ geht viel weiter. Gott hat in dem Herrn Jesus, seinem Sohn auf der Erde, eine Person gefunden, in der Er sich völlig offenbaren konnte. Keiner von uns kann wohl ganz erfassen, was das für Gott war und heute noch ist, in einem Menschen auf der Erde alle Züge von sich selbst wiederzufinden – eine vollkommene Entsprechung zu haben.

Offenbarung

Der „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ bedeutet schlicht: Gott hat sich in Vollkommenheit in dem Herrn Jesus offenbart. Ich weiß nicht, ob wir in unseren Studien und Andachten, im Nachsinnen über göttliche Dinge, diesen Gedanken überhaupt einmal vor unserem Herzen haben. Im Allgemeinen sind wir mehr mit uns beschäftigt, mit unseren Segnungen, und das ist ja an sich auch recht. Aber viel erhabener ist das, was der Herr Jesus als Mensch für das Herz seines Vaters war und ist.

Ich bemerke an dieser Stelle nur noch, dass der Ausdruck „Gott und Vater“ zwei Beziehungen ausdrückt. „Gott unseres Herrn Jesus Christus“ kann nur bedeuten, dass der Herr Jesus Mensch ist. Nur als Mensch konnte der Herr Jesus von seinem Gott „Mein Gott“ sagen. Innerhalb der Gottheit kann Gott nicht zu Gott sa- gen: „Mein Gott“. Das ist undenkbar! Aber wenn der Herr Jesus am Kreuz hängt und dann in den drei Stunden der Finsternis ausruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, dann redet Er eben nicht als Gott zu Ihm, sondern als Mensch.

„Mein Gott“

Es fällt auf, dass der Herr Jesus, so weit uns berichtet wird, Gott nur zweimal mit „Mein Gott“ anspricht. Das erste Mal geschah es, wie soeben bemerkt, als der Herr am Kreuz hing (Mt 27,46). Die zweite Gelegenheit finden wir in Johannes 20 nach der Auferstehung des Herrn, als Er zu Maria sagte: „Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, und meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17).

„Mein Vater“

Wenn wir den Herrn Jesus in seinem göttlichen und menschlichen Wesen auch nicht zerteilen und analysieren dürfen, so müssen wir doch unterscheiden. Wenn Christus sagt: „Mein Vater“, oder wenn es heißt: „Vater unseres Herrn Jesus Christus“, dann wird uns die ewige Beziehung gezeigt, die der Sohn schon immer zu seinem Vater besaß. Es ist eine Beziehung zum Vater, die wir als Geschöpfe geschenkt bekommen haben. Im Fall des Herrn Jesus aber ist es eine wesenseigene Beziehung, die Ihm seit Ewigkeit gehört.

Der Herr Jesus sagt übrigens nie von sich und uns: „Unser Gott und Vater“. Das wird der Herr Jesus auch in Zukunft nie tun. Wir können wohl als Glieder der Familie Gottes sagen: Er ist unser Gott und Vater. Wir können aber nicht vom Herrn Jesus und uns sagen: Es ist unser (gemeinsamer) Gott und Vater. Nein, der Herr Jesus drückt die Segnung so aus: Mein Vater – euer Vater; mein Gott – euer Gott. Wenn es um die Ehre und die Person des Herrn Jesus geht, müssen wir die höchste Ehrfurcht und Vorsicht walten lassen.

Vers 4: Der Anlass zum Danken

Danken

Paulus findet Grund zum Danken. „Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus allezeit, indem wir für euch beten.“ Was Paulus betet, wird erst ab Vers 9 vorgestellt. Wofür er dankt, sagt er jetzt auch nicht. Was mir aber in dieser Verbindung wichtig erscheint: Es wäre gut, wenn wir durch die Gnade Gottes dahin geleitet werden könnten, nicht nur für uns selbst zu beten, sondern auch für andere.

Das Beten in Übereinstimmung mit den Interessen des Himmels

Beten

Wie viel Prozent meiner Gebete beschäftigt sich mit mir, meinem Beruf und meinem Ehepartner? Dies ist absolut nötig, und ich möchte es auch nicht abschwächen. Aber wie viel beten wir für unsere Geschwister? Ich denke hier eben nicht nur an die Kranken. Es gibt Dinge, die das Werk des Herrn betreffen, die in ihrer Bedeutung einen anderen Stellenwert haben als das Gebet für Kranke, so berechtigt dieses ist. Manche Gebetsstunden sind geprägt vom Beten für Kranke. Das ist schade! Paulus lässt Trophimus krank zurück (2. Tim 4,20), aber er sagt nicht ein einziges Mal:„Bitte betet für ihn!“ Natürlich dürfen und sollen wir für Kranke beten, aber es gibt Dinge, welche die Ehre des Herrn betreffen und von höherer Bedeutung sind.

Danken

Sind wir in der Lage, uns mit den Interessen des Himmels einszumachen und für Menschen auf der Erde zu beten und zu danken, welche die Gegenstände des Interesses Gottes sind? Ich glaube, dass „danken“ noch schwerer ist als „beten“. Dank zu sagen für etwas, was Gott in anderen gewirkt hat, bedarf großer Gnade und einer gewissen Selbstverleugnung. Dann nimmt man sich selbst nicht so wichtig, sondern freut sich über das, was Gott in anderen tun kann.

Paulus war ein vorbildlicher Beter. Und da gab es noch einen: den treuen Diener Epaphras. Von ihm heißt es in Kapitel 4,12, dass er für sie in den Gebeten rang. Er war ein Mann, der nicht an sich selbst dachte. In diesem Punkt war ihm Timotheus sehr ähnlich (Phil 2,20–22). Epaphras hatte vielleicht keine großen Gaben, aber er setzte sich für die Gläubigen ein, identifizierte sich mit ihnen und betete für sie.

Glaube und Liebe der Kolosser

Glaube

„Nachdem wir gehört haben von eurem Glauben an Christus Jesus und der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt.“ Ich möchte den Glauben und die Liebe mit einem Punkt und mit einem Kreis vergleichen. Der Glaube an den Herrn Jesus ist der Mittelpunkt, und die Liebe zu allen Heiligen ist der Kreis. Mich erfreut der Gedanke, dass wir mit dem richtigen Mittelpunkt auch den richtigen Kreis oder Umfang haben. Wenn Christus unser Mittelpunkt ist, haben wir keinen eingeschränkten Blickwinkel, was die Gläubigen angeht.

Wenn uns der Glaube an den Herrn Jesus beherrscht, wenn das der Mittelpunkt unseres Denkens und ganzen Seins ist, werden wir auch den richtigen Umfang haben – in Übereinstimmung mit Gottes Blickfeld: nämlich die Liebe zu allen Heiligen. Nur zu denen, die uns sympathisch sind oder mit denen wir in der Frage des Brotbrechens, des kirchlichen Weges, übereinstimmen? Nein! Es geht um die Liebe zu allen Heiligen. Das ist der Umfang, von dem Gott spricht. Die Liebe mag sich unterschiedlich äußern, sie soll aber zu allen Gläubigen vorhanden sein.

Die verschiedenen Arten des Glaubens

Glaube an

Was meint Paulus, wenn er von dem Glauben „an [wörtlich: in] Christus Jesus“ spricht? Wir haben in der Schrift verschiedene Ausdrucksformen, wenn es um den Glauben geht. Zum Beispiel Johannes 14,1: „Ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich.“ Hier ist der Glaube an eine Person als Gegenstand des Glaubens gemeint – an eine Person, die unendlich weit über der Person des Glauben- den steht. Ich könnte in diesem Sinn zu niemand sagen: Glaubt doch an mich! Das kann kein Mensch sagen. Der Glaube an jemand macht diese Person zum Inhalt meines Glaubens, meines Vertrauens.

Glaube auf

 

Dann gibt es noch den Blickwinkel, dass sich der Glaube auf etwas oder auf jemand stützt oder gründet. Diese Ausdrucksform des Glaubens findet sich oft in der Apostelgeschichte. Meist geht es um den Glauben aufgrund des Namens des Herrn. Gemeint ist ein praktisches Glaubensvertrauen, indem man sein Haus auf einen Felsen setzt, darauf vertraut und darauf baut.

Jemandem glauben

Schließlich wird noch „glauben“ mit dem dritten Fall (Dativ) verbunden: jemandem glauben. Nicht so sehr die Person ist dann der Inhalt des Glaubens, sondern es sind die Worte, die jemand gesagt hat. Man glaubt deshalb, weil man Vertrauen zu demjenigen hat, der etwas gesagt hat: Wir haben Vertrauen zu Gott; daher glauben wir das, was Er gesagt hat. Diese Sichtweise finden wir besonders im Johannesevangelium. „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat ...“ Jemandem Glauben zu schenken bedeutet, sein Wort für wahr zu halten.

Glaube in

In Kolosser 1,3 wird jedoch eine Form benutzt, die uns in der deutschen Sprache eigentlich fremd ist: glauben in Christus Jesus. Das ist kein Wortspiel und auch keine Übertreibung. Wenn der Heilige Geist das so ausdrückt, meint Er etwas anderes, als wenn Er sagt: glauben an den Herrn Jesus. Ich ziehe aus den verschiedenen Stellen, die vom „Glauben in“ sprechen, den Schluss, dass „glauben in Christus Jesus“ bedeutet, die Wahrheit des Wesens dieser Person zu erkennen. Auch in Markus 1,15 heißt es: „Glaubt an [wörtlich: in] das Evangelium.“ Sie sollten das Wesen des Evangeliums oder die Wahrheit des Evangeliums glaubend erfassen; das, was es dem Wesen nach ist, sollten sie erfassen. Man könnte auch sagen: „glauben in“ bezieht sich auf den Bereich, in dem sich der Glaube bewegt.

Glaubensbereich

Das ist für uns ein sehr schöner Gedanke. Wir glauben in dem Herrn Jesus. Der Herr Jesus – Er und alles, was mit Ihm und sei- ner Person und seinem Werk zusammenhängt – ist der Bereich, in dem sich unser Glaube bewegen darf. In diesem Sinn heißt es viermal in den Timotheusbriefen von dem Glauben, der „in Christus Jesus ist“ (vgl. 1. Tim 1,14; 3,13; 2. Tim 1,13; 3,15). Das ist der Glaube, der in Christus ruht, in der Person und in dem Werk unseres Herrn.

Davon waren die Kolosser erfüllt. Paulus hatte das gehört, wahrscheinlich durch Epaphras, denn er selbst war ja in Rom. Epaphras hatte ihn in Rom besucht und ihm Kunde gebracht von den Geschwistern, die der Apostel nicht persönlich kannte. So hatte Paulus gehört von dem Glauben„in“ Christus Jesus und der Liebe, die sie „zu“ allen Heiligen hatten.

Die Liebe

Die „Liebe zu allen Heiligen“ ist nicht deswegen so wichtig und richtig, weil die Gläubigen alle so lieb oder liebenswert wären, sondern weil sie dasselbe Leben haben wie ich – wie wir alle. Das ist jetzt „johannitisch“, denn es stellt an sich mehr die Aufgabe von Johannes dar, dies zu betonen. Er sagt in seinem ersten Brief (Kapitel 3,14), dass wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben übergegangen sind, „weil wir die Brüder lieben“ – nicht, weil wir an den Herrn Jesus glauben. Die Liebe zu der Brüderschaft ist ein direktes Merkmal davon, dass wir von Neuem geboren sind, dass wir aus dem Bereich der Finsternis in den Bereich des Lichts gekommen sind.

Bruderliebe

Es ist also die Liebe zu Brüdern, weil sie Brüder sind, nicht weil sie so gut, treu oder liebenswürdig sind, die hier als Beweis des Lebens genannt wird. Müssen wir uns da nicht schämen? Ich glaube, dass wir die Brüder nur dann lieben können, auch mit ihren Schwächen, wenn wir den Herrn Jesus lieben. Wir können die Brüder, gerade solche, die wir gut kennen, nicht wirklich lieben, wenn nicht die Person des Herrn Jesus vor unserem Herzen steht. Wenn dies aber zutrifft, lieben wir sie. Und dann lieben wir sie so, wie Gott sie liebt, unabhängig von irgendwelchen Zügen, die uns vielleicht nicht gefallen.

Es ist natürlich auch wahr, dass Gott uns an keiner Stelle auffordert, die Verkehrtheiten unserer Geschwister zu lieben. Er liebt diese schließlich auch nicht. Aber Er möchte, dass wir die Personen als solche lieben – trotz ihrer Verkehrtheiten.

Vers 5: Der Grund des Dankes des Apostels

Dank

Jetzt kommt Paulus dazu, uns zu sagen, warum er dankt. Er dankt für etwas, was eigentlich nicht das Ergebnis ihrer Treue war. Er hatte etwas Gutes von den Kolossern gehört, aber sein eigentlicher Dank ist „wegen der Hoffnung, die für euch aufgehoben ist in den Himmeln“. Paulus war so erfüllt mit der Hoffnung des Christen, dass er dafür danken kann, dass diese auch für die Kolosser vorhanden war, auch wenn es für diese Gläubigen ernste Gefahren gab.

Hoffnung

Es ist wunderbar, wie Paulus danken kann! Das erinnert an den Brief an die Korinther. Dort dankt er für alles, was Gott ihnen ge- geben hat; aber es sind alles Dinge, die nicht ihrer Treue entsprangen, sondern der souveränen Gnade Gottes, die ihnen diese Gaben geschenkt hatte. Hier ist es die Hoffnung, die für die Gläubigen aufgehoben ist in den Himmeln. Es ist ein Gedanke, der auch in 1. Petrus 1,3.4 genannt wird: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten, zu einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch.“

Die Hoffnung des Christen wird hier zusammengefasst, ohne dass näher erläutert wird, worin sie konkret besteht. Weder Petrus noch Paulus tun das an diesen Stellen, obwohl der Gedanke im Kolosserbrief etwas weitergeht als im Petrusbrief. Paulus denkt an die Hoffnung, an all das, was den Gläubigen in dem Herrn Jesus sicher war in der himmlischen Herrlichkeit. Das wurde dort für sie aufgehoben. Die Hoffnung selbst fand aber ihren Nährboden darin, dass Christus „in ihnen“ war (vgl. Kap. 1,27b). Christus war in ihnen, um sein Leben zu offenbaren, und Er war in diesem Sinn die Hoffnung der Herrlichkeit. Es ist noch bemerkenswert, dass Paulus hier das „Dreigestirn“ wahren Christentums aufgreift, das wir an einer Reihe von Stellen im Neuen Testament wiederfinden: Glaube – Liebe – Hoffnung.

Wir in Christus – Christus in uns

In Christus

Ich möchte noch einen kleinen Ausdruck erläutern, dessen Verständnis uns an manchen Stellen weiterhilft. Wenn in der Schrift davon die Rede ist, dass wir in Christus sind, oder dass Christus in Gott, in dem Vater ist (z. B. in Joh 17), dann redet das von einer Stellung. In unserem Fall weist es auf eine geschenkte Stellung hin. Im Fall des Herrn Jesus handelt es sich um eine wesenseigene Stellung. Aber es ist eine Stellung. Dass wir „in Christus“ sind, ist eine Stellung, die durch nichts angetastet werden kann – Gott sei Dank!

Wenn es aber heißt:„Christus in uns“, oder Gott in dem Herrn Jesus, in seinem Sohn, dann geht es um Offenbarung. Christus in uns bedeutet, dass Er in uns ist, dass Er uns sein Leben geschenkt hat, um es in uns zu offenbaren. Der Herr Jesus ist nicht mehr hier in dieser Welt, aber wir sind jetzt hier, und Er ist in uns und offenbart sich durch uns.

Die Hoffnung

Ein Motor

Ohne Hoffnung kann keiner von uns den Weg durch die Wüste überstehen. Die Hoffnung ist wie ein Motor. Wenn der Motor nicht läuft und keine Kraft gibt, werden wir liegen bleiben. Das geht viel schneller, als wir glauben. Deswegen ist es so wichtig, dass Christus in uns Gestalt gewinnen und Kraft entfalten kann in unserem täglichen Leben. Es geht nicht nur um den Sonntag! Er möchte seine Kraft entfalten gerade am Montagmorgen, dann, wenn es losgeht und knüppeldick kommt – zu Hause, in der Schule, im Beruf. Dann brauchen wir Christus in uns als unsere Kraftquelle.

Mut

Diese Hoffnung, dorthin zu kommen, wo Er schon ist, gibt uns Mut weiterzugehen. Ich wüsste nicht, wie einer die Wüste durchschreiten kann, wenn er nicht weiß, welch ein herrliches Ziel auf ihn am Ende wartet. Ein Bruder aus England sprach einmal im Blick auf die Hoffnung und den schweren Weg der Kinder Gottes auf der Erde von einer Kette. Man stelle sich eine Kette vor durch einen Fluss, den Rhein. Sie ist auf der einen Seite festgemacht und liegt am Boden des Flusses und kommt auf der anderen Seite wieder heraus. Wo die Kette liegt, in der Zwischenzeit, sieht nur Gott allein. Hier geht sie auf jeden Fall hinein in den Fluss, und da drüben, das weiß ich genau, da kommt sie wieder heraus. Die Wege mögen undurchschaubar sein, in großen Wassern, und nur Gottes Auge kann sie erkennen. Aber wir wissen doch bei allen Wegen, die Gott mit uns geht: Dort kommt die Kette heraus!

Herrlichkeit

Wir besitzen die Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes schon heute. In Römer 5,2 wird gesagt, dass wir uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes rühmen. Das heißt: Wir freuen uns darüber. Sofort im nächsten Vers heißt es dann, dass wir uns auch der Trübsale rühmen. Das kann niemand, der nicht das Ziel kennt. Deswegen sollten wir uns viel beschäftigen mit der Hoffnung, die unantastbar für uns aufbewahrt ist, und mit Dem, welcher der Garant und der Inhalt dieser Hoffnung ist: mit unserem Herrn Jesus Christus, der als verherrlichter Mensch im Himmel thront.