Was ist das Haus meiner Mutter

Was ist das „Haus meiner Mutter“?

Was ist in Hohelied 3,4 unter „Haus meiner Mutter“ zu verstehen? Hamilton Smith sagt in seiner Auslegung, dass mit „Mutter“ das Volk Israel gemeint ist und verweist auf Offenbarung 12. Dort wird aber von einer „Frau“ gesprochen?

Antwort: Viele geschätzte Bibelausleger haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Braut im Hohenlied ein Bild des Volkes Israel ist, und nicht ein Bild der Versammlung (Gemeinde). Die Versammlung gehört zu dem Geheimnis, das Gott erst im Neuen Testament offenbart hat (vgl. Röm 16,25; Eph 5,32).

Würde man die Meinung vertreten, die Braut im Hohenlied sei ein Bild der Versammlung, käme man spätestens bei Kapitel 3,4 in große Auslegungsschwierigkeiten: Wer könnte „die Mutter der Versammlung“ sein? Das Neue Testament zeigt, dass die Versammlung zwar als „Frau“ (vgl. Eph 5) gesehen wird, aber es wird von ihr weder als „Mutter“ gesprochen, noch davon, dass sie eine Mutter habe.

Das Bild der „Mutter“ mit ihren zwei Töchtern begegnet uns noch einmal in Hesekiel 23. Dieses Kapitel sagt ausdrücklich, dass die zwei Töchter das Zweistämmereich und das Zehnstämmereich sind. Folglich stellt die Mutter, aus denen diese beiden Reiche hervorgekommen sind, das Volk Israel in seinem ursprünglichen Zustand dar, wie es aus Ägypten heraufgezogen war. In der Endzeit begegnen wir einer Tochter, also dem Überrest in Jerusalem, der Hauptstadt des Zweistämmereiches, das den Messias annehmen wird.

Das Hereinführen des Bräutigams in das Haus der Mutter deutet an, dass der Überrest in der Endzeit die Beziehungen anerkennen wird, die Gott von jeher mit Israel gehabt hat. Gott wird diesen kleinen Überrest, diese kleine G!ruppe von Menschen nach Römer „ganz Israel“ nennen. Der Überrest wird in dem Haus seiner Mutter wohnen, d.h. er wird gegründet sein auf die Beziehungen, die Gott ehemals mit Israel aufgrund der gegebenen Verheißungen hatte.

Die Stelle in Offenbarung 12,1.2.3 beschreibt eine Frau, die in Geburtswehen liegt und einen Sohn gebiert, und damit ist diese Frau eine Mutter. Dieses männliche Kind ist Christus, der alle Nationen mit eiserner Rute weiden wird (Vers 5). Christus ist als Mensch aus dem Volk Israel hervorgekommen, er ist ein Nachkomme Abrahams (Mt 1,2; Röm 8,5). Der Herr Jesus ist ein Sohn dieser „Mutter“, und der Überrest ist eine Tochter dieser „Mutter“. Aus diesem Grund kann der Bräutigam zu seiner Braut auch „Schwester“ sagen (Hld 4,12).

Die Verbindung, die H. Smith in seiner Auslegung (Seite 53) zwischen Hohelied 3,4 und Offenbarung 12,1.2 sieht, ist also durchaus gerechtfertigt. In beiden Fällen ist die Mutter ein Bild des Volkes Israel.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass in der Offenbarung vier Frauen vorgestellt werden, die jeweils symbolisch eine Körperschaft von Personen darstellen:

1. Jesabel: das päpstliche System (Off 2,20)

2. Die Frau als Königin und Mutter: das Volk Israel (Off 12, 1-2)

3. Die große Hure: die bekennende Kirche in ihrem abgefallenen Zustand (Off 17,1)

4. Die Braut, die Frau des Lammes: die verherrlichte Versammlung (Off 19,7; 21,9)


Diese Unterscheidung hilft, die prophetische Sprache der Offenbarung besser zu verstehen.