Lebensbeschreibung

Charles T. und Priscilla Studd

AIs Charles Studds Vater gestorben war, wurde sein Erbteil bis zu seinem 25. Lebensjahr verwaltet. Nach seinem Geburtstag erreichte ihn in China ein Brief seines Bankiers und seines Rechtsanwalts, die ihn über sein Erbe in Kenntnis setzten. Da der Herr ihm deutlich gemacht hatte, dass es richtig sei, das Erbe von umgerechnet rund 7.000.000 DM zu verschenken, tat er dies. Ein Teil des Geldes ging an Moody und an Dr. Barnardo. Die ca. 820.000 DM, die Charles zunächst übrig-behielt, gab er seiner Braut, die er kurze Zeit später getroffen hatte. Aber auch sie wollte ganz auf den Herrn vertrauen. So gaben beide ihre letzte irdische Sicherheit der Heilsarmee. Von nun an lebten sie „von Gottes Hand in meinen Mund", wie Charles es ausdrückte.

Am 16. Mai 1888 kam Charles in Lungan ihrem ersten gemeinsamen Tätigkeitsfeld an. Hier gab es unter einer Mehrheit von Geisteranbetern 10.000 Moslems. Es gab viele Schwierigkeiten. Priscilla sagte: „Fünf Jahre lang gingen wir nie aus dem Haus, ohne mit den Flüchen unserer Nachbarn überschüttet zu werden. Selbstverständlich wurde uns für alles, was in der Stadt ge-schah, die Schuld gegeben." Öffentliche Hinrichtungen waren alltäglich, und brutale Prügel waren eine Strafe, die auch viele Christen erdulden mussten. Einer der Män-ner, die sich durch Studd bekehrt hatten, sagte: „Ich bin ein Mörder, ein Ehebrecher und habe alle Gebote Gottes dauernd übertreten." Er war der Uberzeugung, dass es richtig sei, in die Stadt zurückzukehren, wo er die Verbrechen begangen hatte. Er predigte vor einer Menge das Evangelium. Darauf brachte man ihn vor den Mandarin, der ihn zu 2000 Schlägen mit dem Bambusstock verurteilte. Als er keine Haut mehr auf dem Rücken hatte und man ihn für tot hielt, brachten ihn einige Freunde ins Hospital. Nachdem er so weit wiederhergestellt war, dass er wieder sitzen konnte, sagte er: „Ich muss wieder hingehen." Er ging. Dann wurde er ins Gefängnis geworfen. Hier predigte er durch das kleine Fenster zu der Menge, die sich davor ver-sammelte. Daraufhin wurde er entlassen.

Obwohl nach chinesischer Tradition die Frau auf der Straße hinter ihrem Mann ging, unterwarfen sich die Studds nicht diesem Produkt heidnischer Sitten und Gebräuche, sondern sie gingen - unter dem Spott der Menschen - nebeneinander.

Das völlige Vertrauen auf Gott wurde auf harte Proben gestellt. So waren z. B. eines Tages die Vorräte aufgebraucht, und es blieb ihnen nur die Aussicht, hungern zu müssen. Dann erreichte sie ein Brief: „Ich habe aus irgendeinem Grund von Gott den Befehl erhalten, Ihnen einen Scheck über 100 Pfund zu schicken. Ich habe Sie nie gesehen und nur wenig von Ihnen gehört; aber heute Nacht hat Gott mich durch seinen Befehl vom Schlaf abgehalten. Warum Er das von mir wollte, weiß ich nicht. Sie werden es besser verstehen.

1893 waren die Studds acht Jahre in China gewesen. Die zunehmenden Asthma-beschwerden wurden für Charles ein groBes Problem, das ihn daran hinderte, ein normales Leben zu führen. Ein Jahr später traten sie mit ihren vier Kindern, körperlich schwach, aber seelisch gesund, die Heimreise nach England an.

Nach einer Zeit der Erholung erhielt Charles eine Einladung in die Vereinigten Staaten zu einer Missionsreise durch die dortigen Universitäten. Von 1896 an zog er durch Amerika. Seine Arbeit hinterließ viel Segen. Für Priscilla dagegen war es zu Hause sehr schwer. Sie war einsam, finanziell in Schwierigkeiten, und in ihrer Beziehung zu Charles' Familie gab es Probleme.

Gern wäre sie ihrem Mann gefolgt, doch er lehnte dies immer wieder ab. Aus den Briefen wird deutlich, dass Priscilla wiederholt - teilweise schwer - krank war. Auch Charles war häufig krank. Wenn aber die Umstände schwierig waren, suchte er intensiver den Herrn und ließ deshalb z. B. Frühstück und Mittagessen ausfallen. Als Priscilla während seiner Abwesenheit wieder einmal krank gewesen war, fragte Charles sie: „Liegt das an mir? Vielleicht mache ich etwas falsch. Bete und bitte Gott, dass Er es mir zeigt."

Von 1900 bis 1906 waren die Studds dann in Indien.

1908 besuchte Charles die Stadt Liverpool. Er las dort einen Anschlag: „Kannibalen brauchen Missionare", ging zu dem entsprechenden Vortrag und erfuhr dort von den vielfältigen Problemen bei der Mission Afrikas. Er spürte, wie Gott ihn rief, dorthin zu gehen. Seine Mutter war dagegen und flehte ihn an, nicht zu gehen. Auch Priscilla weinte wegen dieses Planes. Die Meinung der vier Töchter war für ihn wenig bedeutsam, da diese niemals großen Einfluss auf sein Leben ausgeübt hatten. Vielleicht auch deswegen, weil sein Verhältnis zu ihnen leider immer etwas reserviert gewesen war.

Als Charles die Reise antreten wollte, war er krank. Nach einiger Zeit wollte er trotzdem abreisen, doch die Arzte meinten: „Dieser Mann kann nirgendwo hingehen - er sollte zu Hause bleiben."Charles schrieb dazu: „Das Komitee wollte mich nicht gehen lassen. Ich sollte versprechen, nicht weiter als bis nach Khartum zu rei-sen. Wegen der Informationen, die sie vom Arzt erhalten hatten, versuchten sie mir klarzumachen, dass ich eine Reise über Khartum hinaus nicht überleben würde. Als ich ablehnte, das zu versprechen, versagten sie mir die Hilfe zu der Reise, indem sie das für diesen Fall bestimmte Geld zurückzogen." Dem Komitee erklärte er: ,,Meine Herren, Gott hat mich geheißen zu gehen, und ich werde gehen. Ich will eine Schneise schlagen, auch wenn mein Grab nur ein Trittstein sein sollte, auf den jüngere Männer treten können."

Es waren noch drei Wochen bis zu seiner geplanten Reise, und er stand ohne Geld da und ohne einen Menschen, der ihm glaubte. Seine Familie hatte sich zwar mit seinem Weggehen abgefunden, doch der unterschwellige Widerstand seiner Frau blieb.

Die alleinige Verantwortung für die Töch-ter, Geldnöte, ihre schwache Gesundheit, Einsamkeit und Enttäuschungen belasteten immer wieder das Verhältnis zwischen Charles und Priscilla. Einmal schrieb sie ihm: „Hättest du mich lieb, wärest du nicht gegangen. Du hättest auf Ratschläge hören sollen. Und was machst du mit deiner Gesundheit?"

Am 15. Dezember 1910 reiste Charles von Liverpool aus ab. Nach einem halben Jahr kam er wieder zurück nach England.

Nachdem er dort vor Studenten unter anderem von der Notwendigkeit der Mission geredet hatte, wurde der Medizinstudent Alfred Buxton angesprochen. Er hätte gern sein Studium für einen sofortigen freiwilligen Einsatz in der Mission aufgegeben. Als er seine Pläne seiner Familie eröffnete, war deren Reaktion kühl. Fast alle meinten, er solle zuerst seine Ausbildung zu Ende machen und das Examen ablegen. Alfred rang monatelang um eine Entscheidung. Dann verschafften ihm drei Bibelstellen Klarheit:

  1. „Befleißige dich, bald zu mir zu kom-men" (2. Tim 4,9),
  2. „Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht auf-höre" (Lk 22,32) und
  3. das Wort an Gi-deon: „Gehe hin in dieser deiner Kraft" (Ri 6,14).

Am 13. Januar 1913 segelten Charles, Alfred und andere nach Ostafrika. Nach langen Kämpfen wurde auch Priscilla still vor Gott, und der Friede zog bei ihr ein. Wenige Wochen nach seiner Abreise traf ein Brief von Charles ein: „Macht euch um mich keine Sorge. Ich bin Jesus untertan und gebe keinen Pfifferling für meinen guten Ruf. Ich werde pfeilgerade vorangehen, einerlei, was es kostet. Ich habe den Preis schon bezahlt und lasse mich durch nichts aufhalten. Ich bin sicher, dass jedes Kreuz nur größere Kraft und die Ausbreitung der Herrlichkeit und der Sache Christi bringen wird. Jesus allein sehe ich, und Ihm vertraue ich. Gott wird uns in ein reiches Land bringen, wenn wir nur treu bis zum Tod sind. Das habe ich fest vor, fürchtet euch nicht.

In Afrika gab es viele Schwierigkeiten. Neben den Gefahren von Seiten der Einheimischen mussten sie gegen Unmoral, Ausschweifung und Zauberei kämpfen. Und es gab gesundheitliche Probleme. Bei einem Malariaanfall wäre Charles beinahe ums Leben gekommen. Während dieser schweren Zeit kam auch noch die Nachricht, dass Priscilla einen Herzkollaps erlitten habe und ietzt ihr Leben als Halbinvalide führen müsse.

Charles schöpfte seine Kraft immer wieder aus dem Wort Gottes, und er sagte:„Christi Regeln für wahre Jüngerschaft sind überaus einfach und zwingend. Man kann der Tatsache nicht ausweichen, dass Er fordert, sich durch nichts aufhalten zu lassen, sondern Opfer zu bringen, wie Er es getan hat. Doch wo findet man das? Mehr als die Hälfte aller Christen würden einen solchen zum Fanatiker oder zum Wahnsinnigen erklären.

Einmal hatte Charles geschrieben: „Wir staunen, was Gott trotz uns erreicht hat ... Er braucht, wen Er will, und Er hat eine Vorliebe für die Toren, die Schwachen und die ‚Nobodys'.

Kindlicher, auf das unfehlbare Wort Gottes gegründeter Glaube war auch die Basis für das Handeln Priscillas. Als sie damals als junge Frau nach China gereist war, war ihr der Pass mit den Worten übergeben worden: „Dies ist keine Garantie für Ihre Sicherheit. Es kann Sie das Leben kosten."

Nach jahrelanger Trennung besuchte Priscilla ihren Mann 1928 noch einmal in Afrika. Am 5. Januar 1929 starb sie in Spanien. Charles starb am 16. Juli 1931 in Afrika. Im Leben dieses Ehepaars war - wie bei uns allen - Licht und Schatten. Doch beide hatten nach dem Motto gelebt: „Das Evangelium ist umsonst, aber es kostet uns alles."

Was kostet es dich?