Glaube im Alltag

Wie das Spanische Kampfrind

Als Gott zu dem leidgeprüften Hiob im Sturm redet, stellt er ihm mehrere Tiere vor, um ihm durch sie wichtige Lektionen zu erteilen. Zu diesen Tieren gehörte unter anderem der Wildochse. Auch wenn dieses Tier mittlerweile ausgestorben ist, können wir von ihm immer noch etwas fürs Leben lernen.

 

„Wird der Wildochse dir dienen wollen, oder wird er an deiner Krippe übernachten? Wirst du den Wildochsen mit dem Seil in der Furche halten können, oder wird er hinter dir her die Talgründe eggen? Wirst du ihm trauen, weil seine Kraft groß ist, und ihm deine Arbeit überlassen? Wirst du dich auf ihn verlassen, dass er deine Saat heimbringt und sie auf deine Tenne sammelt?“
Hiob 39,9-12

 

Der Wildochse (Auerochse/Ur) ist eine Rinderart, deren letztes Exemplar 1627 starb. Es war ein sehr kräftiges Tier, vergleichbar mit dem Spanischen Kampfrind, das für Stierkämpfe eingesetzt wird. Hiob, der sich mit Viehzucht und Landwirtschaft auskannte, hat möglicherweise mehr als einmal bedauert, dass er den starken Wildochsen nicht für seine Arbeit nutzen konnte.

 

eigenmächtig und ungestüm

Was Gott zu ihm über den Wildochsen sagte, konnte Hiob zweifellos bestätigen: Ja, der Wildochse dient mir nicht; er übernachtet nicht an meiner Krippe; er lässt sich nicht mit einem Seil zur Feldarbeit führen; er zieht keine Egge; er fährt keine Ernte ein. Hiob konnte dem Tier nicht trauen, ihm seine Arbeit nicht übergeben und sich nicht auf den Wildochsen verlassen. Nicht weil das Tier zu schwach, sondern weil es zu eigenmächtig und ungestüm war.

 

ehrfurchteinflößend

Der Wildochse sollte den selbstbewussten Hiob zum Nachdenken bringen: Wenn Hiob von diesem vierbeinigen Kraftpaket beeindruckt war und vor ihm zurückschreckte, wie viel mehr dann vor dessen Schöpfer! Er durfte nicht länger mit stolzgeschwellter Brust vor den großen Gott treten und Ihn zur Rechenschaft ziehen wollen, wie er es kurz vorher noch getan hatte (Hiob 31,35-37).

 

willensstark

Und musste Hiob in dem Wildochsen nicht auch sein eigenes Bild sehen1? Hiob war ein Mann mit enormer Schaffenskraft und starkem Charakter. Obwohl durch Krankheit sehr geschwächt, ging er aus dem verbalen Schlagabtausch mit seinen drei Freunden als Sieger hervor. Unbeugsam bot er selbst Gott die Stirn. Doch wenn der Wildochse sich dem Schöpfer unterordnete, sollte es dann der „kleine Hiob“ nicht auch tun?

 

lehrreich

Tatsächlich: Als Gott Hiob seine Größe zeigte, wurde dieser gering in seinen Augen (Hiob 40,4). Hiob erkannte glasklar, dass er gegen den Schöpfer des Wildochsens, gegen den Allmächtigen, nicht mehr mit Worten kämpfen durfte. Hiob verabscheute sich und bereute in Staub und Asche (Hiob 42,2-5). Damit war der Grundstein dafür gelegt, dass Gott ihn überreich segnen konnte (Hiob 42,10-17).

 

Saulus

Ein Mensch, den man gut mit einem Wildochsen vergleichen kann, ist Saulus von Tarsus. Dieser Mann steckte seine ganze Kraft und Energie in den Kampf für die väterlichen Überlieferungen (Gal 1,14). Christen betrachtete er als Feinde seiner Religion und „schnaubte Drohung und Mord“ gegen sie (Apg 9,1). Übermäßig raste er gegen die Jünger des Herrn und verfolgte sie sogar bis in die ausländischen Städte (Apg 26,11). Indem er das tat, schlug er hart gegen den (Rinder-)Stachel aus, mit dem ihn der himmlische Meister auf die richtige Spur führen wollte (Apg 26,14)2. Doch erst, als Jesus ihm auf dem Weg nach Damaskus begegnete, kapitulierte Saulus vor dem Herrn und fragte nach seinem Willen (Apg 22,10). Der Herr erachtete ihn in seiner Barmherzigkeit für treu und stellte den Mann in den Dienst, der vorher ein Lästerer, Verfolger und Gewalttäter war (1. Tim 1,12.13).

 

und wir?

Möglicherweise sind wir auch (manches Mal) wie Wildochsen und wollen uns von niemand vereinnahmen lassen, sondern stets das machen, was uns gerade gefällt. Wir kümmern uns nicht groß um die Ansprüche, die unser Schöpfer und Erlöser an uns hat, und begehren auf, wenn Er unseren Willen durchkreuzt und Steine auf unseren eigensinnigen Weg legt. Die Welt mag so einen unabhängigen Kurs feiern, aber in Wahrheit bringt er uns keine Freude, keinen Frieden, keinen Sieg. Wenn wir uns vor Gottes Willen quer stellen, handeln wir uns nur Probleme ein und setzen eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang, die sich kaum stoppen lässt.

 

„Mein Joch ist sanft“

Wir wollen deshalb nicht mehr rebellieren, sondern uns unter die mächtige Hand Gottes beugen und unser Leben gern dem zur Verfügung stellen, der für uns gestorben und auferweckt worden ist (1. Pet 5,6; 2. Kor 5,15). Der Herr Jesus ruft dir zu: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht“ (Mt 11,29.30). Das allein ist der Weg zum Segen!

 

 



[1]Der direkt davor erwähnte Wildesel wird in der Bibel mehrfach mit dem Menschen verglichen (Hiob 39,5-8; vgl. 1. Mo 16,12; Hiob 11,12; 24,5).
[2] Mit dem „Stachel“ in Apostelgeschichte 26 ist ein Rinderstachel gemeint: Ein langer, schmaler Stock, der vorn eine scharfe Metallspitze hatte. Mit ihm wurden Rinder auf dem Weg und zur Arbeit getrieben. Wenn sich das Tier wehrte, fügte es sich selbst Schmerzen zu.