Glaube im Alltag

Absturz im Glaubensleben – wie geht’s wieder nach oben?

„Slave lost connection to master…rebooted“ – „Der Sklave hat seine Verbindung zum Meister verloren … das Gerät wird neu gestartet“. Diese Aussage auf einem Monitor unterwegs hat mich stutzig gemacht – die Verbindung zu meiner Beziehung zum Herrn Jesus kam mir sofort ins Bewusstsein: Der gläubige Christ ist ja Sklave seines Herrn und kann ohne Ihn gar nicht richtig „funktionieren“. Was passiert bei dir oder mir, wenn die Verbindung zum Herrn abbricht? Gelingt der Neustart? Oder gibt es eine lange Lücke, eine Zeit ohne Beziehung zum Herrn? Lars, ein – fiktiver – junger Christ, berichtet:

 

Klasse Start

Damals, ja, das war herrlich: Der Herr hatte mich zur Bekehrung geführt. Meine Sündenlast war weg, die Hölle verschlossen, der Himmel geöffnet. Und mit großer Freude habe ich das Wort Gottes gelesen, Gemeinschaft mit Christen genossen und von meinem Herrn geredet. Und die Bibel-Freizeiten in der Schweiz – Highlights für mein Glaubensleben, richtig stark auch in den Nachwirkungen zu Hause und in der Schule.

 

Der Weg abwärts

Doch seit zig Monaten – Freudlosigkeit, Unruhe, Unzufriedenheit, alles läuft irgendwie schief. Bibellese und Gebet auf Sparflamme oder schon auf null. Ich grübele nach Gründen. Was war da vor einem Jahr? Der gelungene Schulabschluss, die Entlassungsfeier, die tolle Stimmung mit den Schulfreunden … und der liebe Blick einer Mitschülerin. Schnell weg mit diesen Gedanken! Aber eine kleine WhatsApp kann ja nicht schaden, ich könnte ja auch mit ihr über das Evangelium sprechen. Jetzt wohnt sie ganz woanders, aber irgendwie haben mir die Kontakte mit ihr wohl einen Knacks im Glauben gegeben. Dann kam da noch Justin mit seiner Idee auf eine Radtour durchs Rheintal – naja, da haben wir auch nicht nur Wasser getrunken, und die WLAN-Verbindung abends war ganz gut für flache Online-Unterhaltung. Ja, die Gemeindestunden besuche ich weiterhin, aber das ist eigentlich mehr gespielt als Herzenssache. Sonst bin ich in der Woche lieber auf meinem Zimmer und schaue Videos an und chatte, oder ich treffe mich mit den alten Schulfreunden hier im Viertel. Die sind locker drauf – aber bei mir im Herzen ist von Freude nichts zu spüren.

 

Stoppschilder Gottes

Letzten Sonntag hat ein Bruder in der Bibelstunde so eine krasse Stelle aus Jeremia gelesen: „Ich gedenke dir der Zuneigung deiner Jugend, deiner Liebe … Kehrt um, ihr abtrünnigen Kinder, ich will euch heilen“ (Jer 2,2; 3,22). Da wurde mir auf einmal ganz mulmig. Die Parallele zu meinem Leben war ja sofort erkennbar. Ich glaub, dass der Herr mich da wachrütteln wollte. In der Jugendstunde am Montag ging‘s dann um Abraham, der ja nach Ägypten gezogen war und dann dort auch seine Frau einfach als Schwester ausgab und sie so beinahe zur Nebenfrau des Pharaos geworden wäre. Jens, der Jugendstundenleiter, hat dann darauf hingewiesen, dass Abraham genau zu dem Ort zurückkehrte, von wo aus er zu seinem falschen Tritt gestartet war. Erst dort konnte er wieder beten.  Beten – ja, das ist bei mir schon ganz lange her, seit ich meine stille Zeit hatte. Wie komme ich bloß zu diesem Punkt zurück – wie Abraham damals?

 

Freundeshilfe

Mittwoch habe ich mir dann ein Herz gefasst und hab Benno eine WhatsApp geschrieben und ihn gefragt, ob wir mal miteinander reden können. Der ist zwar schon ein Stück älter als ich, aber er lebt authentisch mit dem Herrn, und bei dem spürt man, dass er sich für einen interessiert. Auf der letzten Jugendfreizeit hatten wir eine super Zeit mit ihm, auch im persönlichen Gespräch und im Gebet. Benno hat uns damals auch ein paar Tipps gegeben, wie man mit diesen blöden Bildern und Videos zurechtkommt und auch, wie man sich verhält, wenn einem plötzlich unterwegs oder in der Schule freizügig angezogene Frauen begegnen. Leider hab ich sie nur so halb beherzigt … Benno schlug eine Bootsfahrt auf dem Stausee vor. Da habe ich dann Benno erzählt, was seit dem letzten Sommer alles so gelaufen ist. War schon manchmal ganz schön schwer, das so einem zu beichten. Aber Benno war sooo geduldig und hat ganz lange zugehört. Er hat sich für die Offenheit bedankt – und sich dann sogar noch entschuldigt, dass er nicht selbst mit mir das Gespräch gesucht hat. Denn ihm war auch schon aufgefallen, dass etwas mit mir nicht stimmte, und er suchte eine Gelegenheit, aber das hat nicht so richtig geklappt. Naja, ich bin ihm auch öfters aus dem Weg gegangen, denn da hatte sich schon ganz schön viel „Mist“ aufgehäuft, das passte überhaupt nicht zu Benno und seinem klaren Kurs auf Gott.

 

Neustart

Als wir ausgestiegen sind, haben wir uns auf eine Bank am Ufer gesetzt. Benno hat mir ganz lieb, aber durchaus auch knallhart, gesagt: „Du musst auf Null Toleranz mit der Welt und mit der Sünde gehen. Das ist eine Rosskur, aber die ist nötig. Kapp deine ganzen Leitungen, online oder physisch. Komm, lass uns jetzt zusammen beten, denn nur der Herr kann dir Kraft geben. Er liebt dich, und Er möchte, dass du richtig umkehrst und neue Freude bekommst“. Beim Gebet musste ich manchmal schon schlucken, besonders als es um das Aufzählen oder Bekennen meiner ganzen Fehler in Gegenwart von Benno ging. Aber ich spürte: Der Herr ist mir jetzt wieder viel näher, und diese Last ist erst mal weg. Gut, dass Benno dann noch so einen superschönen Vers aus Jesaja 40 gelesen hat: „Junge Männer fallen hin, aber die auf den Herrn harren, gewinnen neue Kraft…sie laufen und ermüden nicht“. Dann haben wir noch darüber gesprochen, wie ich wieder die guten alten „Leitungen“ aufbauen kann. Wecker stellen morgens für die stille Zeit, Bibeltext für die Jugendstunde vorher mal lesen, WhatsApp-Kontakte reduzieren, mitmachen am Büchertisch. „Wenn’s wieder eng wird – schreib mir; ich bete für dich, du bist nicht allein“ – mit diesen Worten stieg Benno in sein Auto. Wow – das tat so gut! Zuhause hab ich dann erst mal die Geschichte von Petrus gelesen, bei dem es ja auch ziemlich bergab ging, und den der Herr dann mit seinem Blick voller Liebe zur Umkehr brachte. Was bin ich dankbar, dass diese ganzen Dinge so zusammenliefen und ich jetzt wieder richtig froh bin! Die Gemeindestunde am Donnnerstagabend habe ich genossen wie seit Monaten nicht mehr. Ja, das war echte Gemeinschaft, echte Freude!

 

Dank sei dem Herrn

Heute ist Sonntag. Puh, was ist in der einen Woche alles passiert! Erst dieser aufrüttelnde Vers in der Predigt, dann die Jugendstunde, dann die Aussprache mit Benno – und am Wochenende habe ich erst einmal aufgeräumt in meinem Zimmer und auf meinen ganzen Geräten. Und heute Morgen im Gottesdienst, da ging es um die Liebe des Herrn Jesus, der für mich, für mich ganz persönlich, dort am Kreuz diese unvorstellbaren Schmerzen erlitten hat, weil Er mich so liebte und mich retten wollte. Jetzt möchte ich mit dem Herrn neu beginnen. Hoffe sehr, dass das klappt. Gut, dass Benno da ist, und auch mit Jens habe ich kurz gesprochen vorhin, der will auch für mich beten. Bin so froh, dass diese Verbindung zum Herrn Jesus jetzt wieder steht – bloß keine Zeit mehr erleben, in der die Verbindung zum Herrn unterbrochen ist! Jens hat mir dazu noch so einen Trostvers genannt, damit ich nicht gleich ins Loch falle, wenn mal was schief geht: „Der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf“ (Spr 24,16). Ja, ich brauche jeden Tag, jede Stunde Hilfe – Hilfe von oben. Und die Gebete meiner Glaubensgeschwister, damit ich durchhalte und auch konsequent bin. Ich selbst will auch mehr für meine Freunde beten und schauen, ob ich ihnen vielleicht helfen sollte, wenn bei ihnen mal die Leitung zum Herrn unterbrochen zu sein scheint.

 

Angesprochen?

Wahrscheinlich hat jeder von uns schon mal so eine Phase wie Lars erlebt, oder ist noch drin oder sieht sie bei anderen. Nutzen wir die eigenen Erfahrungen mit dem Herrn, um anderen zu helfen? Und wenn du gerade jetzt richtig offline bist: Geh zu jemandem, dem du mal das Herz ausschütten kannst. Das kostet Überwindung, aber sei sicher: Es gibt solche Zuhörer oder Zuhörerinnen – und du bist mit Sicherheit bei weitem nicht der einzige mit dem Problem, das dich drückt – und sei es noch so schlimm.

„Wir sind mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat“ – dieses starke Wort aus dem Römerbrief (Röm 8,37) motiviert zum Neuanfang und zur Unterstützung bei anderen. Gottes Segen dir und uns allen!