Lebensbeschreibung

Martin Luther – biographische Notizen (Teil 3)

Katharina von Bora – die Frau an Luthers Seite

Besonders in den späteren Jahren seines Wirkens fand der Reformator tatkräftige Unterstützung und eine wichtige Hilfe in seiner Ehefrau Katharina von Bora, der „Lutherin“

Vom Elternhaus ins Kloster

Am 29. Januar 1499 erblickte Katharina von Bora in Lippendorf (südlich von Leipzig) das Licht der Welt. Sie entstammte einem sächsischen Adelsgeschlecht, das verarmt und in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war. Nach ihrem 10. Geburtstag gaben die Eltern die Tochter in das Zisterzienserkloster[1] Marienthron. Die Töchter mancher Adliger wurden hier aufgenommen. In jener Zeit war der Stand der Nonne angesehener als der einer Ehefrau. Zudem bot das Kloster Schutz, Sicherheit und Versorgung, sowie Bildung. Man kann davon ausgehen, dass Katharina sich während ihres Klosteraufenthalts verschiedene Kenntnisse angeeignet hat. Ihre Kenntnisse in Krankenpflege, Heilkräutern und Haushaltsführung, die sie später bewies, stammen offensichtlich aus jener Zeit. Sie erwies sich auch als wertvolle Gesprächspartnerin ihres Mannes. Auch bei biblischen Themen wurde deutlich, dass sie über fundierte Bibelkenntnisse verfügte.

Flucht aus dem Kloster

Luthers Schriften gelangten offensichtlich auch in den Bereich des Klosters. Wie viele andere Nonnen war Katharina nicht freiwillig im Kloster. Sie konnte sich daher auch ein Leben außerhalb der Klostermauern vorstellen. Einerseits hatten einige Nonnen schon ihre Orden verlassen, hatten geheiratet und ein bürgerliches Leben begonnen. Andererseits traten auch Gewissenskonflikte auf hinsichtlich des abgelegten Gelübdes. So schrieben einige Nonnen des Klosters Marienthron an Luther und baten ihn um Rat. Luther entschloss sich, selbst tätig zu werden und den Frauen den Weg zu bahnen. Ein Fuhrmann, der das Kloster regelmäßig mit Lebensmitteln versorgte, wurde in den Fluchtplan eingeweiht. In der Osternacht im April 1523 verließen Katharina und elf weitere Nonnen, zwischen Heringsfässern versteckt, heimlich das Kloster. Dies war ein gefährliches Unternehmen, lebensgefährlich sogar: Die Entführung einer Nonne galt nämlich als Landfriedensbruch und konnte die Todesstrafe nach sich ziehen.

Zukunftsprobleme

Nach der gelungenen Flucht stellte sich die Frage nach dem „Wohin“. Die Familien der betroffenen Nonnen zeigten allgemein wenig Verständnis für ihre Töchter und Schwestern. So wurden nur drei der jungen Frauen wieder von ihren Familien aufgenommen. Die übrigen neun mussten anders versorgt werden. Wenn sie nicht bald irgendwo Aufnahme fanden oder heirateten, gab es für sie, wollten sie in der neuen „Freiheit“ nicht verhungern, nur zwei Auswege: Betteln oder Prostitution. Luther und befreundete Familien nahmen die heimatlosen Frauen auf. Um diesen Frauen eine Zukunftssicherung zu geben, dachte man an eine Heiratsvermittlung. Luther selbst hatte daran gedacht, Ave von Schönfeld, eine der ehemaligen Nonnen zu heiraten. Aber diese heiratete einen anderen Mann. Katharina von Bora, die im Hause von Luthers Freund, dem Maler Cranach, untergebracht war, lernte dort den Sohn einer Nürnberger Patrizierfamilie kennen. Sie empfand Zuneigung für ihn. Gern hätte sie ihn geheiratet, aber seine Eltern willigten in die Ehe nicht ein. Luther, der gut 15 Jahre älter als Katharina war und sich für sie verantwortlich fühlte, heiratete sie schließlich selbst. Am 13. Juni 1525 schlossen Martin Luther und Katharina die Ehe. Bugenhagen, Luthers Freund und Stadtpfarrer in Wittenberg, traute sie in der Schlosskirche. „Gott hat es so gefügt“, soll Luther später gesagt haben.[2]

Eine gute Ehe

Die Briefwechsel zwischen Martin und Katharina Luther sind das Zeugnis einer herzlichen, im Glauben geführten Ehe. Sie geben aber auch Einblick in die damaligen Nöte einer Großfamilie: lange Abwesenheit des Mannes, Luthers chronische Krankheiten, Schwangerschaftsnöte, ernsthafte Krankheiten der Kinder. Dabei liebte Luther es, seine Frau zu necken durch immer wieder variierte Anredeformen. Hier eine typische Briefanrede: „Meiner lieben Hausfrau Katherin Ludherin, Doktorin, Saumarkterin zu Wittenberg, meiner gnädigen Frau zu Händen und zu Füßen“[3]. Wenn diese Ehe auch nicht besonders romantisch begann, so war sie doch von herzlicher Liebe geprägt, wie auch folgende Aussage Luthers in einer Tischrede deutlich macht: „Ich würde meine Liebe Käthe nicht für Frankreich und Venedig dazu hergeben. Denn Gott hat sie mir geschenkt und mir gegeben.“[4]

Die Hochzeit des ehemaligen Mönchs und der entlaufenen Nonne erregte ziemliches Aufsehen. Luther sah sich vielen Anfeindungen und dem Hohn seiner theologischen Gegner ausgesetzt. Die Eheschließung Luthers mit Katharina war für ihn auch ein Bekenntnis, ja in gewisser Weise ein Protest – gegen den Teufel. „Dem Teufel und all seinen Widersachern zum Verdruss und Trotz will ich meine Käthe noch zur Ehe nehmen.“[5] Luther machte den Teufel für die Geringschätzung der Ehe in seiner Zeit verantwortlich. Und folgendes Zitat Luthers klingt – bei aller altertümlichen Ausdrucksweise – hoch aktuell: „Es ist immer dasselbe, wie der Teufel versucht allen möglichen Widerwillen und lauter Uneinigkeit in der Ehe anzustiften, dass einer dem anderen todfeind wird und sie gegeneinander wirtschaften: Verschwendet einer hier, verschwendet der andere dort; zerbricht der Mann das Krügelein, zerschlägt die Frau das Häfelein. Da wird dann die Ehe zur Hölle und der Teufel hat gut lachen. Wo aber Eheleute miteinander in Frieden leben, da hat er keine Freude daran.“[6]

Die Kunst guter Haushaltsführung

Aus dem Schutz der Klostermauern war Katharina geflohen und hoffte, nun in der Ehe Geborgenheit zu finden.  Wie umfangreich ihre Aufgaben und Pflichten sein würden, war ihr sicher nicht bewusst. Das „schwarze Augustinerkloster“, Luthers Aufenthaltsort während seiner Zeit als Mönch, pachteten die Eheleute Luther als neues Heim. Später schenkte ihnen der Kurfürst von Sachsen das Gebäude samt Grundbesitz. Es war ein gewaltiges Anwesen. Im 1. Stock gab es 40 Räume und darüber lagen noch die ehemaligen Mönchszellen. Hier zog nun bald „Leben“ ein. Es wurde ein sehr großer Haushalt: verschiedene Familienmitglieder, Studenten und dazu sechs eigene Kinder[7]. Mit viel Geduld und Einfallsreichtum gelang es Katharina, den Haushalt mit Nahrung zu versorgen. Im ehemaligen Klostergarten wurde Obst und Gemüse angebaut. Es wurde ein Gartengelände gekauft, durch das ein Bach floss, in dem es Fische gab. Ein Zählbericht aus dem Jahre 1542 ergab folgenden Viehbestand der Familie Luther: acht Schweine, fünf Kühe, neun Kälber, Hühner, Tauben und Gänse. Katharinas Tag begann früh, sie war der „Morgenstern von Wittenberg“.

Katharina war sich bewusst, dass sie vielleicht einmal ohne ihren Mann mit den Kindern zurechtkommen müsste, weil Martin gut 15 Jahre älter war als sie. Deshalb erwarben die Luthers als Vorsorge noch ein kleines Gut in Zülsdorf.

Luther war oft krank. Katharina behandelte ihn, aber vor allem munterte sie ihn auf, wenn er einmal wieder am Lauf der Welt verzweifelte. Als Martin Luther am 18. Februar 1546 in Eisleben im Alter von 63 Jahren starb, war Katharina untröstlich. Ihre Trauer kommt in einem der wenigen erhaltenen Briefe zum Ausdruck:  

„Freundliche, liebe Schwester!

Dass ihr ein herzliches Mitleiden mit mir und meinen armen Kindern tragt, glaub ich leichtlich. Denn wer wollte nicht billig betrübt und bekümmert sein um einen solchen teuren Mann, als mein lieber Herr gewesen ist, der nicht allein einer Stadt, oder einem einzigen Land, sondern der ganzen Welt viel gedienet hat. …

Katharina

Des Herrn Doktor Martinus Luther gelassenen Witfrau[8]"

Krieg und Pest

Die Zeiten wurden stürmischer. Der Kaiser belagerte mit einem Heer Wittenberg. Katharina war mit ihren Kindern nach Magdeburg geflohen. Als sie zurückkehrte, musste sie feststellen, dass ihr Besitz geplündert, abgebrannt und das Vieh geschlachtet worden waren. Aber das „schwarze Kloster“ in Wittenberg war ihr erhalten geblieben. Noch ein zweites Mal musste sie fliehen und nach ihrer Rückkehr erneut aufräumen und wieder aufbauen.

Dann kam eine weitere schlimme Plage: die Pest. Katharina machte sich mit zweien ihrer Kinder auf den Weg nach Torgau, um dort das Ende der Pest abzuwarten. Unterwegs scheuten die Pferde. Katharina sprang vom Wagen um die Pferde zu zügeln. Dabei rutschte sie aus und fiel in einen Wassergraben und verletzte sich. Sie wurde nach Torgau gebracht und dort von ihrer Tochter gepflegt. Nach einem Krankenlager von drei Monaten verstarb Katharina am 20. Dezember 1552 mit knapp 54 Jahren.

 

 

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[1] Zisterzienser nennen sich die Mönche und Nonnen, die in der Tradition der Gründer des Klosters Cîteaux ein Leben des Gebets, der Lesung und der Arbeit führen wollen. Der Zisterzienserorden entstand durch Reformen aus der Tradition des Ordens der Benediktiner. (Wikipedia)
[2] Die Eheschließungen in jener Zeit waren nicht immer „romantische Liebesgeschichten“, sondern gehorchten durchaus praktischen Erfordernissen. Wie Luthers Ehe zeigt, bedeutete das aber nicht, dass eine solche Ehe nicht glücklich werden konnte. S.a. Infobox „Luther und die Ehe“
[3] Quellenangabe: Weimarer Lutherausgabe (WA), hier: WA.B(riefe) 11
[4] WA.TR 1 (Tischreden)
[5] WA.B 4
[6] WA.34/1,55
[7] Mehr dazu im nächsten Artikel dieser Serie
[8] zitiert nach: E. Stiefel, Mein Herr Käthe