Bibelstudium

2. Johannes (5)

2. Johannes: Liebe in der Wahrheit (5)

Im fünften Teil der Serie über den 2. Johannesbrief geht es um das wichtigste Thema der Bibel überhaupt: um den Herrn Jesus. Johannes spricht von „der Lehre des Christus“, von dem, was Gottes Wort über diese einzigartige Person sagt, die zugleich Mensch und Gott ist.

Lohn verlieren - eine Einschaltung (Vers 8)

„Gebt Acht auf euch selbst, damit wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen“ (Vers 8).

Vers 8 ist eine Einschaltung. Der eigentliche Gedankengang geht mit Vers 9 weiter. Aber der achte Vers ist etwas, was gerade solche Brüder angeht, die der Herr zum Dienst an Seelen benutzt, sei es, dass sie öffentlich das Wort verkündigen oder dass sie einzelnen Seelen in Liebe nachgehen. Für sie in erster Linie ist der 8. Vers gemeint. Aber er stellt auch einen allgemeinen, ganz rührenden Appell dar an die Frau und ihre Kinder - an uns alle.

Wir haben einen ähnlichen Vers in 1. Johannes 2,28. Auch dort verbindet der Apostel einen Aspekt der Wahrheit mit einer Ermahnung: „Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbart wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft.“ Auch dort appelliert Johannes an die Zuneigungen seiner Kinder und sagt gleichsam: Bedenkt doch einmal diese Seite: Wenn ihr nicht treu seid, verlieren wir bei Gott unseren vollen Lohn. Die Gläubigen wollen doch nicht, dass die Apostel - „wir“ - „beschämt werden“. Wenn der Herr offenbart wird, würde es eine gewisse Beschämung geben. Es ist wohl die einzige Stelle, die von Beschämung im Blick auf den Himmel spricht. Im Himmel werden wir nicht traurig sein. Sonst wäre der Himmel nicht der Himmel. Wir werden die Dinge vor dem Richterstuhl so sehen, wie Er sie immer gesehen hat. Aber traurig werden wir nicht sein. Warum steht dann hier etwas von „beschämt sein“? Die Apostel würden beschämt sein, wenn ihre Kinder, die sie in der Wahrheit wähnten, doch nicht auf dem Weg treu geblieben waren; die Apostel würden in gewissem Sinn einen Teil ihres Lohnes verlieren.

So steht es auch in 2. Johannes 8. Johannes will die Herzen seiner Zuhörer anspornen, er will ihnen einen Beweggrund geben, treu zu sein. Seine Worte zeugen von der innigen Beziehung des Knechtes des Herrn zu seinen Kindern, denen er dient. Er sagt zu ihnen: Denkt doch auch einmal ein wenig an mich! Wir werden den vollen Lohn verlieren, wenn ihr nicht in der Wahrheit bleibt.

Ähnlich muss auch Paulus gedacht haben, als er in Milet Abschied nahm von den Ältesten aus Ephesus (Apg 20,31): „Darum wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen“. Er erinnert sie an sein aufopferndes Arbeiten unter ihnen, Tag und Nacht mit Tränen. Bleibt doch auf dem Weg, liebe Kinder, sagt er gleichsam. Diese Worte sind ein wenig ungewöhnlich, und doch finde ich sie sehr wertvoll. Natürlich bleibt der Herr Jesus der einzige Mittelpunkt und der, an den wir uns klammern müssen. Ihm zu gefallen ist das höchste Motiv für jedes Kind Gottes. Dennoch ist diese Beziehung des Knechtes zu den Kindern beglückend und so echt, dass er mit ihrem Verständnis rechnen kann. Er appelliert an ihr Herz, dass sie einmal bedächten, dass die Apostel durch ein schlechtes Verhalten ihren vollen Lohn verlören.

Eine Antwort geben auf die Mühe des Dieners

Nun fragt man sich unwillkürlich: Kann ich als Diener wirklich etwas dafür, wenn die Zuhörer und Empfänger meines Dienstes andere Wege gehen? Gibt mir der Herr dann keinen Lohn mehr? An dieser Stelle füge ich an, dass sehr gute Handschriften, sogar die ältesten, die wir haben, an dieser Stelle einen anderen Wortlaut haben. Ich persönlich glaube, dass die Variante, die in der Elberfelder (Edition CSV) in der Fußnote steht, echt ist. Dort heißt es: „Seht auf euch selbst, auf dass ihr nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangt“. Das können wir vielleicht leichter verstehen.

Beides ist wahr, aber es sind unterschiedliche Aspekte, die betont werden. Wenn die Bedienten nicht treu bleiben, dann verlieren sie selbst, was sie hätten haben können. Wir lesen auch in 1. Korinther 3, dass wenn jemand nicht gut baut, er selbst errettet werden mag, aber seine Werke verbrennen. Das ist ein ähnlicher Gedanke.

In jedem Fall, werden wir hier aufgefordert, daran zu denken, dass uns Diener belehrt haben, und dass wir das nicht einfach in den Wind schlagen sollen. Auf der anderen Seite ist die Freude groß, wenn man sieht, dass „meine Kinder“, wie der Apostel Johannes schreibt, in der Wahrheit wandeln.

Es ist auch heute eine große Freude, wenn jüngere Freunde nicht von dem Weg der Wahrheit abweichen. Ich habe sehr viel Freude an jungen Leuten und es ist ein großer Segen, dass wir junge Freunde haben, die den Herrn Jesus echt lieben und die sich für ihn hingeben. Ich bin dankbar, dass sie sein Wort unter Gebet studieren und vieles gelernt haben. Darüber freue ich mich und das tröstet uns, die wir schon älter geworden sind und ihnen zu dienen suchen. So etwas muss der Apostel Johannes empfunden haben in Bezug auf diese Frau und ihre Kinder.

Die Lehre des Christus (Vers 9)

„Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn“ (Vers 9).

In Vers 9 kommt Johannes nun auf den Gedanken von Vers 7 zurück. Der erste Teilsatz ist sehr ernst. Wir haben bereits gesehen, dass es im Blick auf die Wahrheit keine Entwicklung gibt. Das ist das Gegenteil von dem, was hier steht. Weitergehen bedeutet, über das in der Heiligen Schrift Gesagte hinauszugehen. Das heißt nicht, dass man persönlich nicht dazulernt in dem Verständnis der Heiligen Schrift. Denn das erwartet Gott von uns, und dieses geistliche Wachstum sollte uns bis zum Schluss kennzeichnen. Gott will ja, dass wir wachsen in der Gnade und Erkenntnis des Herrn. Wir sollen geistlich nicht stehenbleiben, sondern Fortschritte machen. Es ist ein echtes Geschenk des Herrn, wenn es so bleibt. Weitergehen in diesem Vers aber meint, dass man in seinen eigenen Gedanken über das hinausgeht, was die Schrift offenbart hat

Die Wahrheit ist von Anfang an die Wahrheit gewesen. Ihr etwas hinzufügen kann nur Unwahrheit ergeben. Die Wahrheit, wie sie in dem Jesus ist, war von Anfang an, als der Sohn Gottes auf der Erde den wahren Gott offenbarte. Die Männer Gottes haben dann diese Dinge im Neuen Testament inspiriert niedergelegt.

Der dritte Johannesbrief zeigt, dass nicht alles, was Männer Gottes geschrieben haben, von Gott inspiriert worden ist. Johannes schrieb auch einen Brief an die Versammlung (3. Joh 9), aber dieser war kein Brief, der inspiriert war und Teil des Wortes Gottes sein sollte. Aber die Briefe, die Gott für sein Wort vorgesehen hat zu unserer dauernden Belehrung, hat Er inspiriert und zum Wort Gottes zusammengefügt. Das ist die absolute Wahrheit, frei von Irrtum. Darüber hinauszugehen ist zerstörend .

Nicht weitergehen - leugnen

Es ist schlimm, wenn jemand anfängt, bestimmte Teile der Wahrheit zu leugnen. Wenn jemand kommt und sagt: Das ist nicht wahr, das stimmt so nicht usw., dann müssen wir sehr aufpassen. Oft offenbart sich so der Geist von unten, der Antichrist. Aber dann gibt es die andere Seite, dass man über das Wort Gottes hinausgeht. Ich denke, das ist so ähnlich wie am Schluss der Offenbarung (Off 22,18.19). Hinzufügen und Wegnehmen ist verderblich, beides zerstört die Wahrheit.

Berufstätige haben heute durch ständige Weiterentwicklungen von Programmen, Anforderungen und Strategien mit „Entwicklung“ zu tun. Sie stehen dadurch vielleicht in besonderer Gefahr, diesen Grundsatz auch auf die Wahrheit zu beziehen. Das zeigt, wie schwer es unsere jungen Freunde heute haben. Sie haben es schwerer, als wir es vor Jahren und Jahrzehnten gehabt haben. Sie haben nicht nur mit der Globalisierung zu tun, sondern auch mit ständig steigenden Anforderungen. Man hat kaum angefangen zu arbeiten, da muss man schon wieder lernen und dazulernen. Das ist kein einfacher Prozess. Eine neue Vision und Strategie folgt der nächsten.

Die Theologie, die man heute der Wissenschaft zurechnet, muss sich daher auch weiterentwickeln. Sie soll sich mit dem Erkenntnisstand des Menschen weiterentwickeln. Das klingt anständig und ist doch vollkommen falsch. Nun redet Gottes Wort sowieso nicht von Theologie; ich selbst benutze diesen Ausdruck auch nicht für die Wahrheit. Wenn man aber meint, im Rahmen der Theologie verändere sich die Wahrheit, dann irren diese Theologen gewaltig. Wir müssen und wir dürfen zu dem zurückkehren, was von Anfang an war. Das ist die Weise Gottes. Wir brauchen keine neue „Version“.

Was sagt Johannes nun von dem, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt? Ein solcher mag noch so schöne und überzeugende Worte benutzen - er hat gar nichts! Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den man beachten muss. Man könnte geneigt sein zu meinen, wenn man mit irrigen Ansichten zu tun hat: Diese Person ist aber aufrichtig, sie hat gute Beweggründe. Gottes Wort sagt uns jedoch nicht, dass wir das prüfen sollen. Es sagt nur: Bringt der Diener die Lehre des Christus? Das ist entscheidend! Wir sind nicht berufen, Beweggründe zu prüfen. Das können wir gar nicht. Das, was jemand sagt, wird auch nicht besser dadurch, dass er aufrichtig ist. Wichtig ist, ob jemand die Wahrheit, die Lehre des Christus bringt. Es ist natürlich auch so, dass viele Personen besser sind als die Lehre, die sie bringen. Aber wir sollen sie ablehnen, wenn sie nicht die Lehre des Christus bringen, so aufrichtig sie auch sein mögen.

Die Lehre des Christus

Noch ein Wort zur „Lehre des Christus“. Das ist nicht allgemein das Neue Testament oder die neutestamentliche Wahrheit. Die Lehre des Christus ist in der Schrift, besonders im Neuen Testament, das was über die Person Christi gesagt wird. Es geht nicht einmal um sein Werk, obwohl man das von seiner Person nicht trennen kann. Das Werk des Herrn durch falsche Worte zu beschmutzen, ist sehr ernst und wird die Zucht Gottes herabziehen. Die hochgelobte Person des Herrn direkt anzugreifen, geht aber noch weiter. Und davon ist hier die Rede. Die Lehre des Christus handelt also von Christus, von Ihm als Gott und Mensch. Sie enthält alles, was über Ihn gesagt wird. Das ist übrigens viel mehr, als wir auf den ersten Blick hin glauben. Wer diese Lehre nicht bringt, hat nichts!

Es fällt auf, dass Johannes nicht sagt „wer diese oder jene böse Lehre bringt“. Man muss also nichts direkt Falsches sagen, um unter die Warnung dieses Verses zu fallen. Der Apostel sagt vielmehr, „wer diese wahre Lehre nicht bringt“, der hat Gott nicht. Wenn der Lehrer also einen wesentlichen Teil der Wahrheit über Christus bewusst weglässt, dann trifft die Schlussfolgerung auf ihn zu. Und die ist sehr weitreichend: Er hat Gott nicht, unabhängig davon, wie schön seine Worte sonst sein mögen. Er hat dann an Gott kein Teil. Das sagt Gott in seinem Wort. Wir können nicht sagen, er ist gläubig oder nicht gläubig. Das ist gar nicht der Punkt an dieser Stelle. Er hat kein Teil an Gott. Und das ist erschütternd.

Aber wie schön, dass auch die andere Seite gezeigt wird: „Wer in der Lehre bleibt“, das heißt in der Lehre des Christus, der hat Gott. So würden wir vielleicht schlussfolgern, oder? Aber steht dort: Der hat Gott? So hätten wir Menschen diesen Satz fortgesetzt. Nein, dort steht: „Wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn“. Es muss für diese allein stehende Frau mit ihren Kindern ermutigend gewesen sein zu hören: Wenn du in der Lehre bleibst, und davon geht Johannes aus, dann hast du den Vater und den Sohn und damit die tiefste Offenbarung der Gottheit. Diese Segnung ist untrennbar damit verbunden, dass wir bereits heute Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn, Jesus Christus, genießen können. Aber dieser Ausdruck scheint noch darüber hinauszugehen. Wer könnte erklären, dass wir den Vater und den Sohn sogar besitzen? Es ist eine unermessliche Segnung, die für das jüngste Kind Gottes gilt, das den Herrn Jesus so annimmt, wie Er in Gottes Wort offenbart ist.

Beziehungen zum Vater und zum Sohn

Man kann übrigens nicht den Vater ohne den Sohn haben, oder den Sohn ohne den Vater. Wer den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht (1. Joh. 2,23). Das ist ein sehr wichtiger Gedanke. Gott nimmt keine Ehre von Menschen an, mögen sie noch so viel von Ihm als dem Vater sprechen, wenn sie nicht auch seinen Sohn ehren. Nur, wer seinen Sohn ehrt, der ehrt auch den Vater. Wer den Sohn nicht ehrt, der braucht nicht vom Vater zu sprechen. Denn ein solcher hat Gott nicht.

Diese Gedanken sollten uns anspornen, in der Lehre des Christus zu bleiben. Lasst uns dabei bleiben, was wir gelernt haben und es nicht über Bord werfen. Es ist ein unendlicher Segen damit verbunden. Heute scheint in unserer Zeit und Gesellschaft nichts mehr sicher zu sein. Aber wenn wir beim Herrn Jesus bleiben und bei der Wahrheit, wie wir sie verstanden haben, dann sind wir vor den Verführern sicher.

Zum Schluss ein kleines Wort der Warnung. Wir dürfen nicht unsere persönliche Überzeugung mit der Wahrheit gleichsetzen. Da haben wir uns manchmal geirrt. Ich habe vielleicht diese oder jene Überzeugung gewonnen, und wir sollen auch überzeugt sein, das heißt: Überzeugungen haben. Aber wir müssen doch vorsichtig sein, dass das, was wir verteidigen, wirklich die Wahrheit ist, so wie Gott sie sagt und nicht nur unsere Überzeugung. Stehen wir nicht manchmal in Gefahr, durch Tradition geprägt zu sein und damit Teile der Wahrheit zu entstellen? - Wir wollen an der Lehre des Christus festhalten, so wie Gott sie in seinem Wort niedergelegt hat. Dann haben wir den Vater und den Sohn.

Eine Hilfe möchte ich noch im Blick auf die göttlichen Namen geben. Wenn Gottes Wort von Gott spricht, dann redet es von der Natur der Person. Wenn es vom Vater und vom Sohn spricht, redet es von Beziehungen. Wer daher nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht. Da ist überhaupt nichts von seiner Natur vorhanden. Aber wenn wir in der Lehre bleiben, dann erfreuen wir uns der Beziehungen in der Gottheit. Das sind Beziehungen, die Gott zu uns geknüpft hat.