Bibel praktisch

Pro/Contra Heilsgewissheit (Teil 4)

Teil 4: Grundsätze der Bibel richtig anwenden

Bist du auch schon einem von neuem geborenen Christen begegnet, der sich ernsthaft fragt, ob er doch noch verloren gehen kann? Oder bist du vielleicht selbst nicht überzeugt davon, dass dein Heil ewig sicher ist? Wer sich mit diesem Thema beschäftigt und bei anderen Christen Hilfe sucht, stößt schnell auf widersprüchliche Meinungen. Um in dieser Frage Klarheit zu bekommen, muss man die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen. In dieser letzten Folge geht es um die richtige Anwendung von Grundsätzen der Bibel.

Weizen IV – Grundsätze richtig anwenden

Bei der richtigen Anwendung von Grundsätzen der Bibel sind u.a. zwei Dinge wichtig:

  • Das Verhältnis zwischen Grundsatz und Ausnahme muss richtig bestimmt werden.

    Beispiel: Es gibt den Grundsatz, dass auf ein Sündenbekenntnis Gottes Vergebung folgt (1. Joh 1,9). Ausnahmen dürfen dann nicht so „weit“ ausgelegt werden, dass sie diesen Grundsatz letztlich ungültig machen. D.h. die – nicht vergebbare – Lästerung gegen den Heiligen Geist nach Mk 3,28.29 [1] kann nicht ausgeweitet werden auf jegliche Sünde gegen den Heiligen Geist oder überhaupt jegliche Sünde. [2]
  • Ein Grundsatz wird oft durch ergänzende Aussagen für bestimmte Anwendungsfälle konkretisiert. Diese speziellen Aussagen gestalten den allgemeinen Grundsatz näher aus und haben dann Vorrang vor ihm.

    Beispiel: Seit der Schöpfung besteht der Grundsatz, dass Gott zwischen Licht und Finsternis unterscheidet. Dieser Grundsatz gilt auch in moralischer Hinsicht: Gott verlangt eine Trennung zwischen dem Heiligen und der Sünde. Was das konkret bedeutet, z.B. für den Umgang von Gläubigen mit Ungläubigen, wird im Neuen Testament für viele verschiedene Fälle konkret verdeutlicht. [3] Man kann dann eine spezielle Aussage (ein Gläubiger darf mit einem Sünder Umgang haben, sonst müsste er ja aus der Welt hinausgehen, 1. Kor 5,10) nicht durch den allgemeinen Grundsatz entkräften, dass Gott eine Trennung zwischen Heiligem und Sünde will und dass sich Gläubige deshalb stets von Ungläubigen fernhalten müssten.

Ein Grundsatz: das Heil bekommt man ohne Verdienst

Von Anfang an, seit dem Sündenfall, lehrt die Bibel klar, dass der Mensch „nackt“ vor Gott steht, Ihm gegenüber nichts vorweisen kann, und dass Gott ihn bekleiden muss, wenn Gemeinschaft mit Gott möglich sein soll; diese Bekleidung erforderte ein Opfer, den Tod eines Anderen (1. Mo 3,7 ff.). Dies gilt durch alle Haushaltungen/Heilszeiten. Das gilt auch für die heutige Zeit der Versammlung, die Haushaltung der Gnade:

Der Grundsatz: Das Heil ist nicht verdienter/erarbeiteter Segen, sondern Gottes unverdiente/geschenkte Güte und Liebe. Wir sind durch die Gnade und aus Glauben errettet, nicht durch Werke (Röm 3,24.28; Gal 2,16; Eph 2,8.9; Tit 3,5). Das Heil, das wir haben, kommt von Gott, und nur von Gott (Röm 8,29.30).

Keine Ausnahmen: Die Bibel stellt diesen Grundsatz – unser Heil ist nicht von eigenem Verdienst abhängig – ohne Ausnahmen vor.

Das Heil bekommen nicht nur die Treuen: Wenn nur diejenigen Gläubigen das Heil bekämen, die ausharren und treu bleiben, dann wäre das Heil doch von der Leistung (der Treue) des Einzelnen abhängig.

Die Bibel macht mit verschiedenen Aussagen deutlich, dass die Errettung am Ende unseres Lebens nur von Gottes Bewahrung und Gnade abhängt: Er kann erretten (Heb 7,25); das Heil ist aufbewahrt, wir werden durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt (1. Pet 1,4.5); wo wir untreu sind ( ja, das gibt es!), ist Er treu und bewahrt uns ( Joh 10,28; 17,12; 2. Tim 2,13).

Deshalb war Paulus auch so zuversichtlich, dass Gott die Korinther „befestigen wird bis ans Ende“ oder in den Philippern das begonnene, gute Werk „vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi“ (1. Kor 1,8; Phil 1,6). Weder die Korinther (die fleischlich waren), noch die Philipper (wo zwei Schwestern Streit hatten), waren perfekt. Nein, Paulus sah die Seite Gottes, der seine Kinder auf jeden Fall und unter allen Umständen bewahren würde, bis sie bei Ihm im Vaterhaus ankommen würden. Auch wenn ein Glaubender auf seinem Glaubensweg sündigt, stützen diese Aussagen die Zuversicht, dass Gott ihn am Ende bewahren und erretten wird. Das ist Gottes Handeln in der heutigen Zeit der Gnade.

Wie der Empfang des neuen Lebens, so ist auch die Errettung am Ende unseres Lebens von Gottes Gnade abhängig und kann nicht – auch nicht durch Ausharren und Treue – erarbeitet werden. Dass Gott uns bewahren und am Ende erretten wird, hat Er zugesagt. Wenn wir untreu sind, ist Er doch treu. Allerdings werden wir, wenn wir das ewige Heil haben, aufgefordert, fest zu bleiben, gehorsam zu sein, von der Hoffnung nicht abbewegt zu werden – kurz gesagt, den Grundsatz des Heils in unserer Lebenspraxis auch wahr zu machen (Kol 1,23; Heb 4,11). Fehlt diese praktische Konsequenz in meinem Leben völlig, so ist auch fragwürdig, ob der heilsmäßige Grundsatz in meinem Leben überhaupt gegeben ist. 

Das Heil ist keine Belohnung: Das Heil ist ein Geschenk, das nicht bezahlt werden kann und für das der Mensch nichts leisten kann ( Joh 4,10). Die Errettung ist umsonst, sie ist Gottes Gabe, ohne Verdienst (Off 22,17; Röm 6,23; Eph 2,8; Tit 3,5). Der Glaubende hat dieses Geschenk unmittelbar mit der Bekehrung, durch Buße und Glauben an den Sohn Gottes (Joh 3,36; 5,24; 6,47). Demgegenüber belohnt Gott die Taten, die in seinem Sinn und nach seinem Willen getan wurden (Off 22,12; 1. Kor 9,24.25; vgl. auch die Verheißungen an die„Überwinder“ in Off 2+3).

Diese Belohnung ist nicht das ewige Heil, sondern besondere Freude und Segnung als Vergeltung für einen treuen Dienst (vgl. Phil 4,1; 1. Thes 2,19; Jak 1,12; 1. Pet 5,4; Heb 2,9). Auf diese Belohnung, die in der Zukunft gewährt wird (Off 22,12; 1. Pet 5,4; 2. Tim 4,8), freut sich der Gläubige schon jetzt (2. Tim 4,7.8).

Was ein Gläubiger nicht nach Gottes Willen getan hat, wird keinen Bestand haben; im schlimmsten Fall wird er selbst aber doch gerettet werden – wenn auch so „wie durchs Feuer“ (1. Kor 3,11 ff.).

Das ewige Heil hat jeder Glaubende jetzt schon, und zwar als unverdientes geschenk. Einen Lohn erwirbt er sich durch Hingabe in seinem Leben und Dienst für den Herrn. Das heil kann man nicht verlieren, denn es ist unabhängig von eigenen Leistungen. Den Lohn kann man verwirken, wenn man nicht in Gottes Sinn und nach Gottes Willen lebt; auch dann wird ein einmal von neuem geborener Gläubiger aber errettet werden.

Spreu VII – Übertreibung; Polemik; Unterstellung

Eine unsaubere Argumentation arbeitet auch gern mit Unterstellungen und Polemik; insbesondere wird beim Thema der Unverlierbarkeit des Heils gern eine Meinung übertrieben dargestellt und dann (nur) gegen die Übertreibung argumentiert, nicht aber gegen die vom Gegenüber eigentlich vertretene (vielleicht moderatere) Auffassung.

Längst nicht jeder, der die Verlierbarkeit des Heils lehrt, meint z. B., dass das Heil schon wegen einer nach der bekehrung begangenen Sünde verloren gehe. Gegen eine solche Lehre lässt sich natürlich leichter argumentieren als gegen die von vielen tatsächlich vertretene Lehre, dass ein Glaubender von der Gnade abfallen, sich quasi „zurück-bekehren“ kann. Umgekehrt wird denjenigen, die die Unverlierbarkeit des Heils lehren, unterstellt, sie lehrten eine „billige Gnade“, weil dann ja jeder Glaubende „sündigen kann, wie er lustig ist“. Das wird aber wohl nirgends gelehrt; die Notwendigkeit praktischer Heiligkeit wird genauso gelehrt, jedoch wird sie nicht mit dem ewigen Heil verknüpft. Eine „Leichtfertigkeit“ bedeutet das nicht. Ebenso wenig kann wiederum denjenigen, die die Verlierbarkeit des Heils lehren, pauschal unterstellt werden, sie wollten ihre Gemeindemitglieder in Angst vor der Sünde „knechten“.

Eine Überspitzung kann zwar manche Positionen verdeutlichen oder auch ad absurdum führen. Sie kann vielleicht auch zur Überprüfung der eigenen Motive anreizen. Sofern man aber nicht jemanden vor sich hat, der eine der genannten Extrempositionen vertritt, sollte man Übertreibungen und Unterstellungen unterlassen und sich gezielt mit der Auffassung beschäftigen, die der Gesprächspartner auch wirklich vertritt. So hat es der Herr Jesus auch getan.

Spreu VIII – „was kann schon passieren“ oder „man muss vermeiden …“

„Was kann denn schon passieren, wenn ich die Verlierbarkeit des Heils lehre“, fragt jemand und gibt sich selbst die Antwort: „Nichts. Im Gegenteil: Man muss vermeiden, dass sich Gläubige in trügerischer Sicherheit wiegen. Wer hingegen lehrt, dass das Heil ewig sicher ist, macht sich schuldig, wenn leichtfertige Gläubige abfallen und verloren gehen.“ Oder umgekehrt sagt vielleicht jemand: „Wenn ich die Verlierbarkeit des Heils lehre, dann beunruhige ich nur die Glaubenden, das kann nicht richtig sein. Deshalb ist es so wichtig, die Unverlierbarkeit des Heils zu lehren“.

Beides ist eine ganz und gar pragmatische Argumentation, d.h. es wird von einem (wünschenswerten) Ziel her argumentiert oder von dem, was sich in der Praxis bewährt hat; damit soll die Richtigkeit der eigenen Auffassung untermauert werden. Einen solchen Pragmatismus kennt die Bibel aber nicht: Entweder die Lehre ist richtig – dann trägt Gott auch Sorge für die Folgen. Oder sie ist nicht richtig – dann wird ihre Verbreitung auch nicht durch die (noch so wünschenswerten) Folgen gerechtfertigt.

Zusammenfassung: Um Gottes Wort richtig zu verstehen, ist es wichtig den Auslegungsmethoden zu folgen, die die Bibel selbst vorgibt. Dann wird man auch das schwierige Thema der Unverlierbarkeit des Heils „in den Griff bekommen“. Gott ließ Johannes seinen ersten Brief schreiben, „damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes“ (1. Joh 5,13). Man kann es fest und unerschütterlich wissen, dass man das ewige Heil hat. Ich wünsche dir, dass du das ewige Leben hast, und dass du das auch ganz sicher weißt.

Fußnoten

1 ausführlich dazu g. Setzer, FMN 3/2007, S. 20 ff., „Die Lästerung des heiligen Geistes“, auch unter www.folgemirnach.de

2 Eine scheinbare ausnahme ist auch, dass es für abgefallene keine Vergebung gibt (heb 6,6); dort fehlt es aber nicht erst an der Vergebung, sondern schon an der buße. Ähnlich ist hebräer 10,26 im gegebenen Kontext eng auszulegen und bezieht sich auf die hebräer, die den christlichen Weg mit Christus als dem Erretter kennen gelernt hatten („Erkenntnis der Wahrheit“), aber sich bewusst nicht zu ihm bekehrten, sondern in ihrer Sünde blieben („mit Willen sündigen“).

3 ausführlich dazu die Fragenbeantwortung in FMn 12/2010, S. 29 ff., „reinheit in Verbindungen“, auch unter www.folgemirnach.de