Post von Euch

Verheißungen in der Bibel

Liebe Geschwister der FMN-Redaktion!

Ich möchte euch gerne in folgender Frage um Rat bitten:

Bei einem Gespräch über Verhei-Bungen in der Bibel stellte mir meine Frau folgende Frage: „Warum darf ich Verheißungen aus dem AT (besonders den Propheten) auch für mich persönlich in Anspruch nehmen, da sie doch entweder dem Volk Israel oder aber z.T. den Propheten persönlich gegolten haben?" Als Beispiel einige Bibelstellen: 2.Mose 14,13a.14; Jesaja 41,10.13.;
Jesaja 43,1b; Jeremia 29,14 .

Die Bibelverse ließen sich jetzt beliebig fortsetzen. Ich selbst habe mich auch immer wieder auf derartige Verheißungen berufen und deren Erfüllung erlebt. Nur konnte ich meiner Frau keine befriedigende Antwort geben. Schon gar nicht anhand der Bibel.

Wäre eine Antwort die Schriftstelle aus 2. Kor 1,19+20 ?

Herzliche Grüße sendet Euch

Michael H.

 


Lieber Michael,

Herzlichen Dank für Deinen neuen Brief an die FMN-Redaktion.

Deine Frage zu den alttestamentlichen Verheißungen kann ich gut nachvollziehen. Man muss sich wirklich jede einzelne Stelle genau anschauen, um zu erkennen, inwiefern sie auf uns übertragbar ist. Sehr hilfreich finde ich in diesem Zusammenhang folgenden Vers: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Uberführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt" (2. Tim. 3,16-17). Paulus bezieht sich hier auf das ganze Wort Gottes. Zu jener Zeit war für die Gläubigen und auch Timotheus jedoch nur das Alte Testament in „vollständiger" Form verfügbar. Das macht deutlich, dass sich diese Aussage auf jeden Fall auf das Alte Testament bezieht. Und dieses ist nützlich zur Lehre. Ich habe häufig gehört, dass das Alte Testament sozusagen das Bilderbuch für das Neue Testament genannt wird. Und das ist auch so - aber das Alte Testament selbst ist ebenfalls zu unserer Belehrung gegeben. Es überführt mich auch und weist mich zurecht, wo ich falsch liege. Und es unterweist mich, damit ich den Weg gehe, der in Ubereinstimmung mit Gott ist.

Wenn man sich das Alte Testament anschaut, dann kann man über die Auslegungsmöglichkeiten sicher folgendes sagen:

  1. Zunächst einmal behandeln die meisten Stellen einen historischen Sachverhalt, der stattgefunden oder jedenfalls einen damaligen Bezug hatte.
  2. Zuweilen haben Stellen im Alten Testament eine prophetische Bedeutung, die entweder vor dem Kommen des Herrn, mit dem Kommen des Herrn auf diese Erde oder sogar erst zukünftig eine Erfüllung finden.
  3. Darüber hinaus finden wir in vielen alttestamentlichen Stellen eine Seite, die wir auch zu unserer Ermutigung und Ermahnung anwenden können. Ein klassisches Beispiel dafür sind die Psalmen, die schon manchem zu echtem Trost in schwierigen Stunden geworden sind.

Im Sinne von 3. kann man auch die von Dir aufgeführten Bibelstellen anwenden. Wie gesagt, es handelt sich „nur" um eine Anwendung, weil der erste Bezug historisch erfüllt wurde bzw. sich in der Zukunft noch erfüllen wird. Und doch haben diese Stellen nach 2. Tim 3 und den anderen zitierten Versen eine Bedeutung für uns.

Ich erinnere mich an eine sehr schwierige Situation in meinem Leben. Und just in dieser Zeit wurde vor einer Gebetsstunde 2. Mose 14,13.14 und 2. Chronika 20,17 vorgelesen. Ich weiß noch ganz genau, dass ich in diesem Moment den Eindruck hatte, der Herr hätte die Verse nur für mich vorlesen lassen. Und tatsächlich war meine - sogar noch von mir verschuldete - Not zwei Tage später zu Ende.

Ich möchte allerdings zu Bedenken geben, dass sich nicht alle Stellen im Alten Testament so ohne weiteres auf uns übertragen lassen. Gerade, wenn konkret die Zukunft Israels betroffen ist, muss man sehr vorsichtig sein, Dinge eins zu eins auf uns zu übertra-gen. Dem Volk war beispielsweise beim Befolgen des Gesetzes äußerer Segen von Gott versprochen worden (z.B. Regen etc.). Diese Verheißungen sollten wir nicht direkt auf uns übertragen wollen, denn heute regiert der Herr nicht direkt, indem Er (notwendigerweise) unmittelbar unseren Gehorsam belohnt. Nein, Er regiert indirekt, so dass Treue und äußerlicher Mangel häufig zusam-menpassen. Den „Lohn" erhalten wir Christen erst in der Herrlichkeit (siehe z. B. 2. Tim 2,12 und 2. Thes 1,7).

Wenn wir jedoch von Ermutigungen für die Seele lesen, sich nicht zu fürchten etc., dann geht es mehr um innere Ubungen und Verheißungen, und diese haben sich nicht grundsätzlich verändert. So habe auch ich keine Mühe damit, die von Dir genannten Stellen als Ermunterungen für uns zu verwenden.

Was den von Dir angeführten Vers in 2. Korinther 1,20 betrifft, so scheint mir, dass in diesem das Wort „Verheißung" einen etwas anderen Charakter trägt als die Ermutigungen, die Du aus dem Alten Testament zitiert hast. Tatsächlich ist es ja so, dass die Verheißungen im Alten Testament eigentlich in Bezug auf Christus gegeben wurden, nicht der Versammlung (Gemeinde, Kirche). Es gibt die von Dir genannten Beispiele, die zum großen Teil zeitliche Verheißungen darstellen. In dieser Stelle spricht Paulus iedoch von absoluten Verheißungen, und diese sind und werden allein in Christus erfüllt. Es gibt keine Verheißung an einen sündigen Menschen. Beispielsweise gibt es keine Verheißung an Adam bei seinem Fall, und wenn er nicht gefallen wäre, hätte er auch keine nötig gehabt. Gott gab ihm jedoch eine Offenbarung über den „letzten" Adam, und an diese durfte sich sein Glaube klammern. Diese Offenbarung spricht von dem Gericht über die Schlange, da Christus ihr den Kopf zermalmen würde. Aber das war keine Verheißung an Adam, sondern in Bezug auf den Samen der Frau, und das ist Christus. „Die Verheißung in Christus Jesus" (Eph 3,6) bedeutet alles, was Gott verheißen hat.

So ist in Ihm das Ja und Amen in Bezug auf alle Verheißungen, Er ist die Erfüllung aller dieser Ver-heißungen. Und wenn wir sie auf uns anwenden dürfen, dann nur deshalb, weil sie in Ihm erfüllt wurden, weil Er sie uns durch sein vollbrachtes Werk am Kreuz zugänglich gemacht hat. Tatsächlich strömt der Segen Gottes zu uns immer durch Christus. Ohne Ihn hätten wir nichts, keine Segnungen, keine Ermutigungen, gar nichts. In Ihm jedoch besitzen wir alles.

Insofern hast Du recht, wenn Du diesen Vers in Deine Überlegungen einbeziehst, denn die Ermutigungen an das Volk Israel sind nur deshalb anwendbar, weil Christus gestorben ist und Sühnung für die Sünden getan hat. Aber es ist auch wahr, dass nur deshalb, weil Gott wusste, dass Christus dieses Werk vollbringen würde, viele Verheißungen und Ermutigungen für das Volk Israel seinerzeit Anwendung finden konnten (vgl. Röm 3,25-26).

Sei unserem guten Herrn und Retter anbefohlen.

Herzlich grüßt Dich

Dein Manuel