Biblische Begriffe

Manna

"Unsere Väter aßen das Manna in der Wüste ... Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen", so lesen wir in Johannes 6 Vers 31.

Das Manna - oder Man

Jeder Bibelleser hat schon einmal vom „Manna" gelesen, ja selbst die meisten einigermaßen gebildeten Leute von heute wissen, daß dies die Speise war, die das Volk Israel bei der Wanderung durch die Wüste aß, zumindest aber, daß es irgend etwas „Wunderbares" war. Die Israeliten damals fragten erstaunt, als sie es zum ersten Mal sahen: „Was ist das?" (hebr./aramäisch «Man hu», woher sich der Name „Man" [oder griech. manna] herleitet). Und dann folgt in 2. Mose 16 eine Beschreibung dieser unerklärlichen Speise: „Und die Tauschicht stieg auf, und siehe, da lag's auf der Fläche der Wüste fein, körnig, fein, wie der Reif auf der Erde ... und es war wie Koriandersamen, weiß, und sein Geschmack wie Kuchen mit Honig" (V. 14.31). Es waren also kleine, runde, ziemlich harte Körner, die an den in Ägypten und Palästina bekannten Koriandersamen erinnerten, in der Farbe weißlich (nach 4. Mose 11,7 wie das wohlriechende und durchsichtige Harz Bdellion aussehend). Seine Konsistenz war offenbar in der Kühle des Morgens fest, in der Mittagssonne dagegen zerschmelzend. Es konnte gemahlen und gebacken oder gekocht werden (vgl. 2. Mo 16,21.23 und 4. Mo 11,8). Es hielt sich nicht über Nacht, sondern verdarb: „da wuchsen Würmer darin" (V.20), außer in der Nacht auf den Sabbat - ein zweites „Wunder" Gottes.

Manch einer hat in den vergangenen Jahrtausenden darüber spekuliert, was dieses Man nun wohl gewesen sei. Wir müssen heute einfach sagen, daß wir es nicht wissen. Wir wollen aber festhalten, daß Gott mit dieser Speise sein Volk ausstattete, als es im zweiten Monat nach dem Auszug aus Ägypten klagte und „murrte", daß sie doch lieber in Agypten geblieben wären, denn dort hatten sie Brot gegessen bis zur Sättigung. Zu Mose sagten sie: „Denn ihr habt uns in diese Wüste herausgeführt, um diese ganze Versammlung Hungers sterben zu lassen" (V.3). Gott ließ durch Mose ankündigen, daß Er ihnen „Brot vom Himmel regnen lassen" würde (dennoch waren die Israeliten wenig später völlig überrascht!). Er handelte mit dem Volk in Gnade und mit Geduld und gab die Vorschrift, daß sie „den täglichen Bedarf an seinem Tag sammeln" sollten, nur am sechsten Tag sollte es das Doppelte des Tagesbedarfs sein, da das Volk am siebten Tag, dem Sabbat, „ruhen" sollte (vgl. 2. Mo 16,4.5). Interessant ist, daß das Manna alle für eine gesunde Ernährung notwendigen Inhaltsstoffe hatte und darum in den vierzig Jahren der Wüstenwanderung des Volkes die offensichtlich stets völlig hinreichende Speise war. Gottes Wunder sind immer staunenswert.

Das Manna in bildlicher - „geistlicher" - Bedeutung

Der Herr Jesus hatte zu den Juden gesagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot aus dem Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahrhaftige Brot aus dem Himmel. Denn das Brot Gottes ist der, der aus dem Himmel herniederkommt und der Welt das Leben gibt ... Jesus sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens: wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals dürsten" Joh 6,32.33.35). Hier gibt Er deutlich an, daß Er selbst die Erfüllung des Bildes aus 2. Mose 16, das Manna, ist. Wir dürfen deshalb das Manna und die Vorschriften dazu nicht nur zu unserer Belehrung nutzen (s. Röm 15,4: ,Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben"), sondern sie auch direkt auf unseren Herrn Jesus anwenden.

  • Das Volk Israel, das erlöste Volk Gottes, brauchte Brot für die Wüstenwanderung. So „nährt" sich heute der Gläubige auf der „Wüstenreise" - und nur für einen Gläubigen ist diese Welt eine „Wüste" - von seinem Herrn, wie Er hier auf der Erde war.

Nebenbei mache ich aufmerksam auf einen Unterschied zwischen den Kindern Israel und dem Gläubigen heute: Die Israeliten konnten gleichzeitig nur an einem Ort sein, denn es handelt sich um einen historisch realen Bericht, sie waren in der Wüste. Der Gläubige heute ist „geistlicherweise" an zwei Orten gleichzeitig: Sein Platz ist „in den himmlischen Örtern in Christus Jesus" (s. Eph 2), d.h. bildlich im verheißenen Land Kanaan (wo der verherrlichte Christus - als „das Getreide des Lan-des" (Jos 5,11) - die Speise darstellt); und zum anderen, was die gegenwärtigen Verhältnisse und Umstände betrifft, befindet er sich in der „Wüste". Hier braucht der Gläubige das Manna, Christus, wie Er hier auf der Erde war. Er kannte genau dieselben Umstände und Bedürfnisse dieser Erde.

  • Das Manna kam „aus dem Himmel", es war „Himmelsgetreide", „Brot der Starken" (Ps 78,24.25), „Himmelsbrot" (Ps 105,40). Dieses Brot zu essen bedeutet nicht nur, daß der Gläubige sich Ihn zum Vorbild nimmt, um Ihn nachzuahmen. Es bedeutet, daß der Herr die Quelle der Gnade und der Kraft ist, die der Gläubige selbst hier braucht und in der er handelt; es bedeutet, daß der Herr die Quelle aller Eigenschaften ist, die zur „Frucht des Geistes" gehören: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung (vgl. Gal 5,22). Ein Christ sagte einmal: „Wenn mich etwas während des Tages ungeduldig macht, nun, dann ist Christus meine Geduld: Er ist das Manna, um mich geduldig zu machen und zu bewahren. Er ist die Quelle der Gnade, nicht nur das Beispiel, das ich nachzuahmen habe".
  • Das Manna sollte täglich gesammelt werden. Wir sollten auch täglich von unserem Herrn selbst uns „nähren", indem wir im Wort Gottes von Ihm lesen, um Ihn besser zu kennen. Wir erhalten - wie beim realen Manna der Israeliten - nicht heute die Speise (und damit die Kraft) für morgen und übermorgen, und wir können uns auch nicht auf die vielleicht längere Zeit herausreden, die wir vorgestern in der Bibel gelesen haben. Kraft erhalten wir für heute.
  • Das Manna sollte morgens gesammelt werden: Wir sollten uns morgens Zeit nehmen, um mit dem Herrn allein zu sein, von Ihm zu „genießen". Das wird unseren Tag prägen, weil wir bei der richtigen Quelle waren. Wir wissen nicht, was uns im Lauf des Tages begegnen wird, aber wir wissen doch, daß wir die Kraft des Herrn nötig haben.
  • Mittags zerschmolz das Manna: Wenn wir versuchen, mit dem Wort Gottes beschäftigt zu sein und gleichzeitig mit den Beanspruchungen des Tages, dann wird uns die gute Nahrung zwischen den Händen „zerschmelzen" und zerrinnen. Und wenn etwas unerwartet Schwieriges oder eine Gefahr uns begegnen, dann fehlen uns die jetzt nötigen Kräfte.
  • Und wenn jeder „nach dem Maße seines Essens" gesammelt hatte, und zwar "einen Ghomer [ca. 2,2 l] für den Kopf" (2. Mo 16,16), dann hatte der, der viel gesammelt hatte, nicht zuviel, und der, der weniger gesammelt hatte, hatte nicht zu wenig: Die Bedürfnisse waren einfach unterschiedlich. Das ist auch in geistlicher Hinsicht so. Unsere Bedürfnisse sind unterschiedlich; aber es bleibt doch wahr, daß wir nicht mehr und nicht weniger von unserem Herrn als innere Speise „genießen", als wir wirklich „Appetit" haben. Daran fehlt es manchmal, und das ist eine Frage unserer Einstellung zu Ihm und damit des Wunsches, mehr von Ihm zu haben. Wenn wir unseren „Mund weit auftun" wollten, Er würde ihn füllen: „Tue deinen Mund weit auf, und ich will ihn füllen" (Ps 81,10).