Leseprobe

Wie Bäume umhergehende Menschen

Markus 8,22-26

Der Herr Jesus vollbrachte einmal ein Wunder in zwei Teilen. Das geschah in Bethsaida. Den Bericht davon finden wir nur bei Markus, die drei anderen Evangelisten erwähnen nichts hierüber.

Man brachte einen blinden Mann zum Herrn und bat Ihn, dass Er ihn anrühre. Der Herr Jesus führte ihn aus dem Dorf hinaus, spie in seine Augen, legte ihm seine Hände auf und fragte ihn, ob er etwas sähe. Der Mann antwortete: „Ich erblicke die Menschen, … wie umhergehende Bäume“ (Mk 8,24). Der Heiland legte ihm nochmals die Hände auf die Augen, und nun konnte der Mann deutlich und klar sehen. Darauf wurde er fortgeschickt, in sein Haus.

Die Handlungsweise des Herrn in dieser Begebenheit war einmalig, und die Lektionen daraus sind außergewöhnlich. Das nur undeutliche Sehvermögen des Mannes stellt den geistlichen Zustand der Jünger in der Zeit dar, in der sie mit dem Herrn Jesus umherzogen. Nur verschwommen nahmen sie den wahren Charakter seines Kommens in Gnade auf diese Erde wahr. Sie glaubten zwar aufrichtig, dass ihr Herr der lange erwartete Messias war, der auf dem Thron Davids sitzen sollte, aber der Gedanke, dass Er leiden und ein Opfer für die Sünde werden musste, hatte in ihren Gedanken keinen Platz. Sie verstanden auch klar, dass Abschnitte der Heiligen Schrift, die von den Herrlichkeiten seines Königtums sprechen, wie z. B. Psalm 72, sich auf ihren Herrn bezogen, aber es dämmerte ihnen nie, dass auch die Voraussagen über Leiden und Schmach in Jesaja 53 in Ihm erfüllt werden mussten.

Erst nach seiner Auferstehung klärte seine Unterhaltung mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus manche Schwierigkeiten, als Er ihnen sagte: „Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lk 24,26). Sein Erscheinen in ihrer Mitte in Jerusalem zerstreute später am selben Tag die Verwirrung der übrigen Jünger. „Dann öffnete er ihnen das Verständnis, die Schriften zu verstehen, und sprach zu ihnen: So steht geschrieben, dass der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen sollte aus den Toten und in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden sollten allen Nationen, angefangen von Jerusalem“ (Lk 24,45-47). Von da an wurden diese Männer mächtige Zeugen für ihren gekreuzigten Heiland, während sie nach Ihm ausschauten und auf seine Rückkehr vom Himmel als König der Herrlichkeit warteten.

Viele aufrichtige Gläubige in unseren Tagen sind ebenso unvollkommen in ihrer geistlichen Sichtweise wie damals die Jünger. Sie sehen sozusagen auch Menschen wie Bäume umhergehen. Viele Zusammenhänge sind ihnen nicht klar. Manche fürchten zum Beispiel, dass sie, obwohl sie durch den Glauben an Jesus Christus Kinder Gottes sind, letztlich verloren gehen könnten, weil sie nicht verstehen, dass es keine Verdammnis mehr für diejenigen gibt, die Gott in seiner Gnade mit Christus einsgemacht hat. Sie sind in Sorge, dass ihnen die Gabe des Heiligen Geistes wieder entzogen werden könnte, und bedenken nicht, dass sie dieses kostbare Geschenk dem Blut des Heilands verdanken und deshalb in Ewigkeit besitzen werden.

Andere bilden sich ein, sie würden durch jedes Vergehen, das sie tun, von neuem der Reinigung durch das Sühnungsblut bedürfen; sie haben noch nicht im Glauben erfasst, dass der Gläubige für immer gerechtfertigt worden ist und für sein tägliches Versagen nichts als die Reinigung durch das Wasser des Wortes Gottes benötigt. Ängstlich fürchten sie, beim Kommen des Herrn zurückgelassen zu werden, weil sie noch nicht erkannt haben, dass unsere Entrückung in die himmlische Herrlichkeit allein die Frucht göttlicher Gnade ist, die niemals versagt. Mögen doch alle diese Gläubigen noch einmal in die Stille gehen, um mit dem Herrn allein zu sein und eine weitere Berührung durch seine segnende Hand zu erfahren wie der arme Blinde von Bethsaida! Dann würden sie im Licht Gottes die geistlichen Zusammenhänge klar und deutlich erkennen und für immer völlige Freude haben.