Bibel praktisch
Mit voller Kraft Oder: Christus in mir
Ich möchte ein guter Christ sein. Ich möchte mit dem Herrn leben, möglichst frei von Versagen und Sünde. Aber ich tue mich schwer damit. Manchmal scheint es zu funktionieren, häufig aber auch nicht.
Ich weiß, dass ich neues, göttliches Leben habe und eine entsprechende Kraft: den Heiligen Geist. Das und vieles andere habe ich aus dem Wort Gottes verstanden. Aber es hat bei mir nie wirklich zu einer Veränderung geführt. Ist das normal? Geht es anderen vielleicht auch so?
Die Lokomotive
Ich sitze auf einer Bank bei Gleis 3. Eine schwere Rangierlok rollt langsam an mir vorbei.
Doch was ist das!? Dahinter steht der Lokführer auf dem Gleis und schiebt mit aller Kraft. Ich springe auf. «Oh nein – was ist los? Motorschaden?» «Nein, nein. Der Motor ist bestens – könnte locker 100 Wagons ziehen», sagt er mir keuchend. «Ah, kein Strom in der Leitung also», sage ich mitlaufend. «Oh doch! Jede Menge.» «Aber warum steigen Sie dann nicht ein?» Er schaut mich mit leerem Blick an: «Ich verstehe die Bedienung dieses Stromabnehmers nicht. Mal ist er oben – mal nicht. Und ich kann mir nicht erklären warum. Ich habe schon alles versucht …»
Das neue Leben ist wie ein starker Motor. Der Heilige Geist die wirksame Kraft. Nur: Wann entfaltet sie sich? Wie halte ich meinen «Stromabnehmer» oben?
Das ist eine der zentralsten Fragen im Glaubensleben. Nicht wenige kämpfen ihr Leben lang damit. Lass diese Frage nicht unbeantwortet! Sonst wird sich dein Leben nicht grundlegend ändern.
Wie werden wir unserer Verantwortung gerecht?
Als Kinder Gottes möchten wir gern die Erwartungen unseres himmlischen Vaters erfüllen – aus Dankbarkeit. Das ehrt Ihn und ist sehr zum Segen. So werden wir zum Beispiel aufgefordert: «Wandelt in Liebe» (Eph 5,2), oder: «Seid heilig, denn ich bin heilig» (1. Pet 1,11).
Ohne viel nachzudenken, legen wir los und meinen, das schon hinzukriegen – und handeln aus eigener Kraft. Wenn es dann doch zu Fehltritten kommt, lautet die Devise: „Das soll nicht wieder vorkommen …“ Wir meinen es durchaus ehrlich. Ähnlich wie Petrus, als er zu seinem Herrn und Meister sagte: „Wenn auch alle Anstoß nehmen werden, ich aber nicht“ (Mk 14,29).
Die Folgen im Alltag
Natürlich können sich aus dem «Ich werde das schaffen» zeitweise gute menschliche Eigenschaften wie Freundlichkeit, Fleiß und Hilfsbereitschaft entwickeln.
Doch vor Gott haben solche Werke keinen Wert. Es ist keine Frucht des Heiligen Geistes.
Bei den meisten Gläubigen findet jedoch ein innerer Kampf statt und das Gegenteil von dem, was man sich vornimmt, tritt ein. Genauso war es beim Volk Israel, als es den Eid ablegte: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun“ (2. Mo 19,8). Es war ein gut gemeinter „Eifer für Gott“, aber „nicht nach Erkenntnis“ (Röm 10,2). Das Ergebnis: Das Volk hatte das Gesetz übertreten, noch bevor es die Gesetzestafeln in Händen hielt.
Das richtige Verständnis
Das Wort Gottes sagt klar, dass man die Ansprüche Gottes niemals aus eigener Kraft erfüllen kann – weder vor noch nach der Bekehrung. Das zu begreifen, ist Schritt Nummer eins. Sonst unterliegt man einer Täuschung und bleibt in einem falschen Selbstbild gefangen.
Gibt es denn überhaupt eine Möglichkeit, Gott zu gefallen? Der eine oder andere hat es vielleicht schon fast aufgegeben. Doch Gott hat einen Weg für uns. Der Schlüssel liegt darin, dass Er keine Erwartungen mehr an uns Menschen «im Fleisch» hat. Als seine Kinder hat Er uns stattdessen mit seinem Sohn verbunden. Aus der Lebensverbindung mit Jesus, unserem Herrn, können wir Gott tatsächlich gefallen. Paulus stellt uns dieses Lebensprinzip in Galater 2,19.20 vor: Er erklärt: „Ich bin … dem Gesetz (den darin zum Ausdruck kommenden Erwartungen Gottes an den natürlichen Menschen) gestorben …“ (V. 19). Der Tod beendete die Möglichkeit, dass etwas von ihm als Menschen «im Fleisch», erwartet werden konnte. Das ist sozusagen die juristische Grundlage der Lösung: Niemand kann etwas von einem Toten erwarten (Röm 7,4). Wann und wie das geschah? Am Kreuz: „Ich bin mit Christus gekreuzigt.“
Aber was ändert das für mich? Wie kann mir das helfen? Wer bereit ist, aus dieser Tatsache praktische Konsequenzen zu ziehen, kommt wie Paulus zu der wunderbaren Erfahrung: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (V. 20). Dann ist man auch für die Praxis am Ziel: Man lebt aus der Gemeinschaft mit Christus. Das göttliche Leben, das gar nicht anders kann, als den Erwartungen Gottes zu entsprechen (1. Joh 3,9), ersetzt so das alte Leben. Das ist eine wunderbare Erfahrung!
Der Schlüssel liegt also darin, praktische Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass wir mit Christus gestorben sind. Dies ist für unser Ich zwar hart, aber das Leben wird dadurch weder kompliziert noch leistungsorientiert.
Drei Bausteine
Galater 2,20.21 liefert uns drei wichtige Bausteine, die für ein Leben zur Ehre Gottes von größter Bedeutung sind. Denken wir kurz darüber nach:
1. Sich loslassen:
„Nicht mehr lebe ich …“
Früher führte ich ein Leben aus eigener Kraft, schöpfte eigene Möglichkeiten und Ideen aus. Ich wollte es sogar Gott weihen und darin ganz den Vorstellungen Gottes entsprechen. Aber Gott hat kein Interesse daran, hat mit meinem Ich abgeschlossen. Jetzt heißt es: Christus ist mein Leben, Er allein. Losgelöst von Ihm kann und will ich nichts mehr sein, nichts mehr haben und nichts mehr tun. Wenn ich in dieser Welt mein Ansehen, meine Aufgaben, meine Gesundheit, meinen Besitz, meine Werke, meinen Dienst, meine Möglichkeiten, meine Fähigkeiten, meine Rechte, mein Leben – ja alles verliere, habe ich doch noch nichts von dem verloren, was ich in Christus bin und habe. Denn nun ist Er mein Leben!
Paulus konnte auch sagen: „Das Leben ist für mich Christus und das Sterben Gewinn“ (Phil 1,21). Es ging ihm nur noch um Christus. Alles Eigene war ihm weniger als nichts wert: „Ich achte auch alles für Verlust …“ (Phil 3,8). Als Folge erlebte Paulus den Herrn als seinen neuen Lebensinhalt, sein neues Lebensziel und seine neue Lebenskraft. Den alten, von Gott losgelösten Saulus, hielt er für begraben (Röm 6,4). Alles, was aus ihm hervorkam oder ihn betraf, spielte für Paulus keine Rolle mehr. Christus machte sein Leben aus. Er lebte „nicht mehr sich selbst“ (2. Kor 5,15) – sondern Gott (Gal 2,19).
2. Durch Glauben leben:
„Was ich aber jetzt lebe im Fleisch, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes …“
Was bedeutet hier «durch Glauben» zu leben? Sicherlich nicht zuletzt die Überzeugung, dass der Leerraum, der durch das Loslassen des aus sich gelebten Lebens entsteht, durch den Sohn Gottes überreich ausgefüllt wird: Es gibt keine Minute, wo Er nicht in uns leben möchte. Es gibt kein Ereignis, das Er uns unabhängig von sich erleben lassen will. Es gibt keinen Umstand, den nicht Er eingeplant hat. Es gibt kein Werk in unserem Leben, das nicht Er bewirken möchte. Es gibt keine Situation, in der Er uns selbst überlässt. Er ist nicht unser externer Berater, keine Anlaufstelle nur für Notfälle, keine Kraftquelle erst für den Fall, wenn wir selbst nicht mehr weiterkommen – sondern Er ist unser Leben, hier und jetzt!
Was ist es für ein Glaube, von dem der Apostel Paulus spricht? Letztlich unterscheidet er sich nicht von dem Glauben bei unserer Bekehrung. Damals ging es um die Ewigkeit, jetzt geht es um den Alltag. Damals ließen wir den Gedanken fallen, uns selbst retten zu können. Heute lassen wir den Gedanken fallen, aus eigener Kraft leben zu können. Damals haben wir im Glauben erfasst, dass Er unser Retter ist. Heute erfassen wir im Glauben, dass Er unser Leben ist.
Entweder vertrauen wir uns selbst oder unserem Herrn – beides zugleich ist nicht möglich. Hat man mit sich selbst abgeschlossen, ist man frei, aus Glauben und Vertrauen zu Ihm zu leben. So kann der Heilige Geist wirken und „Christus, unser Leben“ (Kol 3,4) kommt in uns zum Zug. „Gesegnet ist der Mann, der auf den Herrn vertraut … er wird sein wie ein Baum … sein Laub ist grün … und er hört nicht auf, Frucht zu tragen“ (Jer 17,7.8).
Zusammengefasst veranschaulicht: „Nicht mehr lebe ich“ (Punkt 1) ist wie das Einziehen und Ablegen eines Paddels in einem Boot. Und «ich lebe durch Glauben» (Punkt 2) ist dann wie das Starten eines Benzinmotors. Die Fahrt geht mit voller Verantwortung und allen Strapazen weiter. Aber die eigene Muskelkraft ist nicht mehr maßgebend. Alles ist nun das Verdienst einer anderen Kraft, die ungleich wirkungsvoller ist als unsere eigene (vgl. Kol 1,29).
3. Sehen, wie sehr Christus dich liebt:
„… der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“
Sich selbst und sein eigenes Leben im Alltag ganz aufzugeben ist ein sehr hoher Preis zulasten unserer eigenen Ehre. Es gibt nur eins, was die tägliche Bereitschaft dazu in unseren Herzen bewirken kann: die Erkenntnis und Wertschätzung dessen, „der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (V. 20). Er ist so wunderbar, dass Er mich liebte, als ich noch kraftlos war – Er ist für mich Gottlosen gestorben (Röm 5,10). Mehr noch: Er liebt mich bis ans Ende, obwohl ich immer noch völlig unfähig bin, Ihm aus eigener Kraft zu gefallen! Wie leicht fällt es uns, alles Eigene und uns selbst zurückzulassen, wenn wir uns im Meer seiner Liebe bewegen! Diese Liebe hat Er für Zeit und Ewigkeit mit seinem Tod besiegelt.
Praktische Auswirkungen
Bildet Galater 2,20.21 die Grundlage des Alltags, werden sich Abhängigkeit, wahre Hingabe, tätige Liebe, kurzum: wird sich die Frucht des Geistes in unserem Leben einstellen.
- Abhängigkeit: Indem man nur noch Ihm und nicht sich selbst vertraut, kann und will man nicht mehr ohne Ihn leben. Es ist wie beim Abseilen in der Felswand: Je mehr du aufhörst, dich verkrampft selbst festzuhalten, desto mehr wirst du vom Seil getragen. Dabei gewinnt das Lesen des Wortes Gottes sowie das Gebet eine ganz neue Bedeutung. Ohne mit Ihm geredet zu haben, geht nichts.
- Wahre Hingabe: Da man nicht mehr das Seine sucht, sondern das, was Jesu Christi ist (vgl. Phil 2,21), treten sowohl die eigenen Wünsche als auch die eigenen Anstrengungen in den Hintergrund. Anstatt dass wir krampfhaft etwas für den Herrn sein wollen, nimmt er unser Leben in die Hand. Und er setzt es immer zum Wohl anderer ein. Das ist dann diese wahre Hingabe, die man von Männern und Frauen Gottes kennt, die zu allem bereit waren (vgl. Phil 2,30; 2. Kor 8,2).
- Tätige Liebe: Wer aus Liebe zum Herrn sich selbst aufgibt, bei dem wird die göttliche Liebe zum Beweggrund aller Worte und Taten. Und jeder Empfänger dieser guten Werke, spürt, dass es viel mehr ist als nur menschliche Freundlichkeit.
Sichtbare Ergebnisse
Für Gott ist ein heiliges und hingebungsvolles Leben sehr wertvoll. Er betrachtet es als ein wohlgefälliges Schlachtopfer (Röm 12,1). Alles, was bei seinen Kindern von seinem Sohn sichtbar wird, hat Ewigkeitswert (vgl. 2. Thes 1,12).
Für uns selbst bedeutet ein solches Leben echte Erfüllung. Es mag paradox klingen: Aber je mehr wir bereit sind aufzugeben im irdischen Bereich, umso mehr gewinnen wir. Denn mit Christus zu leben, ist das Schönste, was ein Mensch hier auf der Erde erleben kann.
Und was deine Mitmenschen betrifft – Gott wird sie durch dich segnen. Dabei gilt: Jeder Segen ist zu 100 Prozent seiner Gnade zu verdanken. Und dieser Gedanke wird nur glücklich machen.
Zu schwierig für dich?
Du denkst vielleicht: Hört sich alles gut an, aber das werde ich niemals schaffen. Doch es ist umgekehrt: Alles selbst in die Hand zu nehmen und alles selbst bewältigen zu müssen, ist viel schwieriger als aus der Fülle der Kraft des Herrn zu leben und Ihn wirken zu lassen. Denke an das Boot, das viel schneller beschleunigt, wenn der Motor einsetzt, als wenn wir paddeln.
Liegt das Hindernis nicht immer in unserem Ego, das wir nicht aufgeben wollen – obwohl wir nicht mehr unser selbst sind, weil wir um einen Preis erkauft worden sind (vgl. 1. Kor 6,19)? Fasse Mut! Der Herr liebt dich und möchte sehr gern auch ganz praktisch in dir leben. Vertraue dich Ihm an. Er wartet auf dich.
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