Glaube im Alltag

Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens

Der 23. Psalm gehört zu den bekanntesten Bibeltexten. Manche Leser können den Text vermutlich auswendig. Wir wollen uns in diesem Artikel besonders Vers 4 etwas näher ansehen.

 

„Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich nichts Übles, denn du bist bei mir;

dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich“ (Ps 23,4).

 

Der Ausdruck „Todesschatten“ kommt in der Bibel mehrfach vor und hat zumindest drei verschiedene Bedeutungen. Alle drei können auch im Leben eines Christen vorkommen. Wir sehen uns die drei Bedeutungen im Einzelnen an.

 

Der leibliche Tod

„Wurden dir die Pforten des Todes enthüllt, und sahst du die Pforten des Todesschattens?“ (Hiob 38,17).

 

In diesen Worten aus dem Buch Hiob meint der Ausdruck „Pforten des Todesschattens“ tatsächlich den (leiblichen) Tod. Mitunter können auch junge Christen damit konfrontiert werden. Einerseits braucht der Christ keine Angst vor dem Tod zu haben, da er weiß: „Ich gehe zu meinem Herrn!“ Andererseits ist der Vorgang des Sterbens der Ausdruck größter körperlicher Schwachheit. Das kann auch für Gläubige ein schwerer Weg werden, besonders wenn der Tod nicht plötzlich eintritt, sondern erst am Ende einer langen, schweren Krankheit. Der Feind ist zudem so grausam, dass er oft solche Momente der Schwachheit ausnutzen und Zweifel und Angst hervorrufen möchte. Gerade dann sind die Verse aus Psalm 23 ein Trost. Hören wir uns die Worte Davids noch einmal an. Dieser Mann hatte mehr als einmal in dieses „Tal des Todesschattens“ hineingeschaut:

 

  • „Ich fürchte nichts Übles“: David sagt nicht, „ich fürchte nichts“ oder „ich habe keine Angst“. Wenn wir in einer solchen Situation sind, erwartet Gott auch von uns kein gespieltes Heldentum, das nicht unserer wirklichen Gefühlswelt entspricht. Nein, David sagt: „Ich fürchte nichts Übles.“ Er weiß, am Ende wird Gott es gut machen. Dieses Ziel verfolgt Gott immer.
  • „Du bist bei mir“: Gerade in solchen Situationen ist das Bewusstsein der persönlichen Nähe des Herrn ein Trost. Er geht mit durch dieses Tal. Ich darf an seiner Hand hindurchgehen. In dieser ernsten Lage ist es schön und passend, dass der Psalmist nicht mehr über den Hirten spricht (dritte Person: Er), sondern zu Ihm (zweite Person: Du). Wenn wir in einer Lage sind, wo wir nicht mehr zu anderen reden wollen oder können, gerade dann sollten und dürfen wir freimütig mit Ihm reden.
  • „Dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich“: Stecken und Stab sind das „Werkzeug“ des Hirten. Unser großer Hirte hat auch alle Mittel und Wege, uns in schweren Augenblicken den Trost zu geben, den wir brauchen und den nur Er vollkommen kennt.

 

Dunkel der Nacht

„Sucht den, der das Siebengestirn und den Orion gemacht hat und den Todesschatten

in Morgen verwandeltund den Tag zur Nacht verfinstert“ (Amos 5,8).

 

In diesem Vers benutzt Amos den Ausdruck „Todesschatten“, um die Finsternis der Nacht im Gegensatz zum Tag zu beschreiben. Gibt es nicht auch im Glaubensleben Phasen, wo alles dunkel ist? Du siehst den weiteren Weg nicht mehr klar. Persönlich, geistlich, beruflich – überall ist der Weg „dunkel“. Auch für diesen Weg durchs Tal des Todesschattens gilt Psalm 23,4:

  • „Ich fürchte nichts Übles“: Du darfst wissen: Der Herr hat ein Ziel in deinem Leben. Du brauchst auch da nichts Übles zu fürchten. Letztlich muss alles „zum Guten mitwirken“. Ja, Fehler und Versagen auf unserer Seite haben oft Konsequenzen. Aber der Hirte kann und wird auch aus solchen eher „dunklen“ Phasen wieder heraushelfen.
  • „Du bist bei mir“: Gerade wenn alles dunkel zu sein scheint, ist es wichtig, daran festzuhalten, dass Er bei uns ist. Oft sind dann die Augenblicke der Stille mit dem Herrn ein Lichtblick im dunklen Alltag.
  • „Dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich“: Mein Hirte weiß, was ich gerade jetzt brauche. Wir wollen darauf vertrauen, dass Er auch in unserem Leben den Todesschatten wieder in Morgengrauen verwandeln wird.

 

Moralische Finsternis

„Das Volk, das im Finstern wandelt, hat ein großes Licht gesehen; die da wohnen

im Land des Todesschattens, Licht hat über ihnen geleuchtet“ (Jes 9,1).

 

Wenn Jesaja von einem Volk spricht, das im Finstern wandelt und im Land des Todesschattens wohnt, dann denkt er in erster Linie an moralische Finsternis. Mir geht es jetzt nicht um die prophetische Bedeutung dieser Stelle, sondern um eine praktische Anwendung für uns. Leben wir in unserer Zeit nicht auch unter einem „Volk, das im Finstern wandelt“, und unter Menschen, „die da wohnen im Land des Todesschattens“? Die moralische Finsternis, gerade in unseren westlichen Ländern ist erschreckend.

Du wirst als junger Christ mit Moralvorstellungen konfrontiert, die der Bibel und ihren Maßstäben diametral entgegenstehen. Wie sollst du damit umgehen? Wie sollst du dich verhalten? Wieder hilft ein Blick auf Psalm 23,4:

  • „Ich fürchte nichts Übles“: Der Niedergang und das Abfallen vom Christentum werden weiter zunehmen. Doch der Christ braucht nichts Übles zu fürchten. Das bedeutet nicht, dass es ohne Schwierigkeiten abgeht. Im Gegenteil: Die Lage für entschiedene Christen wird nicht einfacher werden. In nahezu allen Lebensbereichen werden wir zunehmend Dingen begegnen, die für einen Christen eine Herausforderung darstellen. Wir müssen auch damit rechnen, dass unser Zeugnis für den Herrn uns Nachteile einbringen wird. Doch das wirkliche „Übel“ erwartet eine christuslose Christenheit, die der Herr einmal aus seinem Munde ausspeien wird (Off 3,16). Der Christ wartet auf den Ruf seines Herrn: „Komm hier herauf“ (Off 4,1)
  • „Denn du bist bei mir“: Gerade wenn du in Schule und Universität oder am Arbeitsplatz vermehrt in Situationen kommst, wo du als Christ deutlich die „Außenseiter“-Position einnimmst, dann wirst du immer wieder erfahren, dass der Herr bei dir ist. Wenn du dich vielleicht fragst, was soll ich auf die ganze Genderdiskussion nur antworten, dann denke daran: Wenn du in Gemeinschaft mit deinem Herrn lebst, wirst auch du erfahren, was der Herr seinen Jüngern verheißen hat: Im entscheidenden Augenblick gibt Er dir die rechten Worte, ohne dass du sie dir „zurechtgelegt hast“ (Lk 12,11-12).
  • „Dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich“: Die „Werkzeuge“ des Hirten reichen auch für Tage moralischer Finsternis. Das ist ein großer Trost für den Christen. Wenn du in Situationen kommst, die schwierig sind und du dich fragst, wie du darauf reagieren, damit umgehen sollst, dann lass dir von deinem Herrn den Weg zeigen. Er kann auch in dieser „Finsternis“ Wegweisung geben.

Die Menschen, von denen Jesaja spricht, hatten ein großes Licht gesehen. Als der Herr Jesus hier auf der Erde war, war Er „das Licht der Welt“ (Joh 8,12). Doch Er sagte auch von seinen Jüngern: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5,14). Wollen wir nicht auch in der moralischen Finsternis unserer Tage noch als Lichter scheinen „inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“ (Phil 2,15)?