Verlobungszeit - was ist der Sinn?

Verlobung? Was ist das eigentlich und wofür braucht man das? Früher, als alles noch so verklemmt zuging, da war eine Verlobungszeit ja üblich – aber heute? Wenn man sich versteht, dann kann man doch zusammenwohnen. Wenn es klappt, dann ist es gut. Vielleicht heiratet man dann später einmal. Und wenn es nicht klappt, gibt es ja noch andere attraktive Partner. Warum sollte man sich irgendwie binden? Das ist doch viel zu riskant. – So, oder so ähnlich, könnte man es auf dem Schulhof oder in der Pause am Arbeitsplatz hören. Doch was sagt die Bibel zu diesem Thema?

Über das Thema Verlobung gibt es auch unter entschiedenen Christen durchaus unterschiedliche Auffassungen[1]. Umso wichtiger ist es daher, dass wir die Gedanken der Bibel genau untersuchen und danach richten.

 

Verlobung in der Bibel

In der Zeit des Alten Testaments war die Verlobung wie ein Vertragsabschluss, bei dem der Mann sich zur Zahlung einer Heiratsgabe (2. Mo 22,15) verpflichtete und damit einen Anspruch auf die Frau erwarb. Ein Beispiel dazu ist David, der sich mit Michal, der Tochter Sauls, verlobt hatte (vgl. 2. Sam 3,14). Das ist heute nicht mehr der Fall. Dennoch ist die Verlobung auch heute als ein Eheversprechen wichtig und nützlich. Paulus vergleicht nämlich die Beziehung zwischen dem Herrn Jesus und den Gläubigen in 2. Korinther 11,2 mit einem Verlobungsverhältnis: „Denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen.“

 

Daraus werden einige wichtige Punkte deutlich:

  • „verlobt“: Eine Verlobung ist eine von Gott gewollte Sache.
  • „dem Christus darstellen“: Es ist eine verbindliche Angelegenheit zwischen einem Mann und einer Frau und erfolgt mit dem Ziel der dauerhaften Verbindung (vgl. Hos 2,21)..
  • „keusch“: Die Verlobung ist noch nicht eine Ehe, die Verlobten werden in dieser Zeit nicht intim miteinander („keusch“ bedeutet „rein“, auch im sexuellen Sinn)..
  • „Denn“: Diese Verbindung ist mit Segen und besonders mit Verantwortung verbunden (Paulus eiferte um die Hingabe der Korinther an den Herrn).

Die Bibel zeigt uns auch ein vorbildliches verlobtes Paar – Joseph und Maria. Ihre Beziehung war gekennzeichnet durch Liebe, denn Joseph wollte Maria nicht öffentlich bloßstellen (Mt 1,19). Sie war gekennzeichnet durch Gottesfurcht auf beiden Seiten, denn sowohl Joseph als auch Maria wollten Gottes Willen tun. Und sie war gekennzeichnet durch Reinheit, denn Joseph war sich ganz sicher, dass Maria nicht von ihm schwanger war. Von dieser inneren Haltung können wir bis heute viel lernen.

 

Vorbereitung auf die Ehe

Die Verlobungszeit ist insbesondere eine Vorbereitungszeit auf die Ehe. Sie beginnt mit einem verbindlichen Eheversprechen und endet am Tag der Hochzeit.

 

Vater und Mutter verlassen

Eine Ehe ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mann Vater und Mutter verlassen hat. Das ist ein Prozess, der bereits vor einer Verlobung beginnt. Der Mann muss reifen, um materiell, seelisch, geistig und besonders geistlich „auf eigenen Füßen“ zu stehen. Er muss in der Lage sein, in Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus seinen Weg zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. In der Verlobungszeit wird dieser Prozess fortgesetzt und der Mann lernt, nicht nur für sich, sondern auch für seine Frau Verantwortung zu übernehmen. Die Frau kann ihm dabei eine große Hilfe sein, indem sie ihren Platz, den Gott ihr gegeben hat, gut ausfüllt.

 

Seiner Frau anhangen

Ein weiteres wichtiges Merkmal in einer Ehe ist, dass der Mann seiner Frau anhängt. Diese enge Verbindung, die nicht zu lösen ist, wird in der Verlobungszeit vorbereitet. Auch vor der Verlobung werden sicher schon Zuneigung und ein erstes Kennenlernen da sein. Aber in der Verlobungszeit vertieft sich beides: Wie denkt der Partner? Wie fühlt er? Welche Empfindungen hat er und wie zeigt er sie? Alles das lernt man in der Verlobungszeit Stück für Stück kennen. Das ist wichtig, um einander anhangen zu können.

 

Die Frau bereitet sich vor

Auch für die Frau ist die Verlobungszeit wichtig. Sie lernt den Mann kennen und spricht mit ihm über verschiedene wichtige Themen. Gemeinsam fragen beide nach dem Willen des Herrn Jesus für ihren Weg. So bereitet sich auch die Frau auf ihre Aufgaben in der Ehe vor.

 

Mann und Frau sind unterschiedlich

Der Schöpfer-Gott hat Mann und Frau unterschiedlich geschaffen. Das war seine weise und gute Absicht. Diese Unterschiede lernt man in einer verbindlichen Beziehung intensiver kennen. In der Verlobungszeit erlebt der Mann, wie die Frau in vielen Dingen anders denkt und empfindet. Die Frau erlebt umgekehrt das gleiche. Das ist mit manchen Überraschungen verbunden! Aber es ist eine große Chance, in der Verlobungszeit, erste Erfahrungen damit zu machen. Davon wird man in der ersten Zeit der Ehe profitieren!

 

Erste gemeinsame Entscheidungen

Der Schritt in die Verlobung war sicher mit viel Gebet verbunden. Der Mann hat den Herrn Jesus gefragt: Soll ich diese gläubige Frau jetzt fragen, ob sie meine Frau werden will? Die Frau hat den Herrn gefragt: Soll ich diesem gläubigen Mann mit „Ja“ antworten? Über diese Fragen und Entscheidungen hat jeder ganz persönlich gebetet. Doch jetzt können die ersten Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Viele Fragen stehen an und es ist eine große Freude, über diese Dinge gemeinsam zu sprechen und zu beten. Dabei wird man einander kennenlernen und auch die Abhängigkeit vom Herrn Jesus aneinander schätzen lernen. Das ist eine ganz wichtige Vorbereitung für die Ehe!

 

Erste Schritte mit dem Herrn

Ein ganz wesentlicher Punkt ist es, als Verlobte damit zu beginnen, gemeinsam zu beten und gemeinsam in der Bibel zu lesen. So können die ersten Schritte mit dem Herrn Jesus gemacht werden. Diese Verbindung in den geistlichen Dingen, im Miteinander mit dem Herrn Jesus, ist das stärkste Band zwischen zwei Menschen, die Leben aus Gott haben. Gemeinsam mit dem Herrn gehen – das ist entscheidend für eine glückliche christliche Ehe und dieses Miteinander beginnt nicht erst am Standesamt!

 

Verlobungszeit – eine Wartezeit

Die Verlobungszeit ist auch eine Wartezeit. Verlobt sein ist nämlich noch nicht verheiratet sein. Es gibt einen Bereich des Miteinanders, den Gott für die Ehe aufbewahrt hat. Das ist der körperliche Bereich, das geschlechtliche Miteinander. Als Verlobte wird man sich gerne in den Arm nehmen. Man wird sich küssen. Aber die Sexualität darf in der Verlobungszeit noch nicht ausgelebt werden. Jakob war sieben Jahre lang verlobt. Er hat für Rahel gedient. Aber erst nach der Hochzeit kam es zur geschlechtlichen Verbindung.[2]. Joseph und Maria gingen völlig rein in die Ehe. Und in 2. Korinther 11 haben wir die keusche Jungfrau in der Zeit der Verlobung gefunden. Die Bibel ist in diesem Punkt also völlig klar, und es ist mit großem Schaden verbunden, wenn man sich nicht daran hält. Wer aber in Gemeinschaft mit dem Herrn in diesem Sinn warten kann, der wird in der gesamten Ehezeit einen Segen davon haben. Deshalb ist es wichtig, sich in der Verlobungszeit Grenzen zu setzen, die an der Bibel orientiert sind, und die nötige Vorsicht und Zurückhaltung zu haben, indem man z.B. die Zeiten des zweisamen Allein-Seins begrenzt. Und jedes verlobte Paar wird in seiner Situation die richtige Dauer der Verlobungszeit herausfinden – nicht zu kurz, um genügend Vorbereitungszeit für die Ehe zu haben, aber auch nicht zu lange, um die Wartezeit nicht unnötig zu erschweren.

 

Verlobung – ein verbindliches Versprechen

Zum Schluss denken wir noch einmal daran, dass die Verlobung ein Versprechen ist, das niemals leichtfertig gelöst werden sollte. Dennoch ist es noch keine eheliche Verbindung und kann im Gegensatz zur Ehe bei gewichtigen Gründen gelöst werden. Das wird immer Verletzungen mit sich bringen und Narben hinterlassen. Aber wenn es ganz deutlich ist, dass ein gemeinsamer Weg nicht gutgehen wird, dann ist es besser, die Verlobung zu lösen. Trotz dieser Möglichkeit sollte es sowohl für den Mann als auch für die Frau klar sein, dass die Verlobung ein verbindliches Versprechen ist mit dem erklärten Ziel, einander zu heiraten.

 Auf dem Weg in die Ehe ist die Verlobungszeit eine glückliche und gesegnete Vorbereitungszeit, wenn die Verlobten sie in guter Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus erleben. Sie ist nicht die schönste Zeit für ein Paar. Gott sei Dank gibt es bis heute die Möglichkeit, eine glückliche Ehe zu führen, in der es noch viel schöner ist, als es in der Verlobungszeit sein kann. Und dahin darf eine gut genutzte Verlobungszeit führen!

 

Resümee

Die Verlobung(-szeit) hat auch und gerade im 21. Jahrhundert ihre Berechtigung. Sie ist eine in der Bibel begründete und bis heute wichtige Sache.
Eine Verlobung ist keine unverbindliche Reservierung eines Partners, sondern ein verbindliches Versprechen, einander zu heiraten (wenn auch ohne zwingenden Charakter, siehe oben).
Die Verlobungszeit unterscheidet sich deutlich von der Ehe und dient besonders zur Vorbereitung darauf.


[1] Manchmal werden auch einfach nur unterschiedliche Inhalte mit dem Begriff verbunden. Für manche bildet die Verlobungszeit zum Beispiel nur die Schlussphase der bereits vorher festen Verbindung.
[2] Dass Jakob von seinem Schwiegervater betrogen wurde, ist eine andere Sache und ändert daran nichts.