Reinheit in Verbindungen

Frage:

Hallo, Thorsten!

Nach meiner Bekehrung habe ich verstanden, dass Gott will, dass ich heilig lebe. Ich will mich von Sünde fernhalten und auch keine sündigen Kontakte haben. Verunreinige ich mich, wenn ich mit meinen Kollegen auch außerhalb der Arbeit Kontakt habe? Was ist mit Christen, die in eine Gemeinde gehen, wo falsche Lehren vertreten werden, sind das Irrlehrer? Ich blicke nicht durch, was die Bibel dazu sagt.

Dein A.

Antwort:

Lieber A.,

die Heiligkeit Gottes und sein Anspruch an uns, heilig zu sein, sind zentrale Themen für jeden gläubigen Menschen. Gott ruft dazu auf: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (1. Pet 1,16). Und du hast ganz recht: Nicht nur sollst du selbst nicht sündigen, sondern es geht auch darum, wie du zu den Sünden anderer Menschen und zu diesen Menschen persönlich stehst. Diese verschiedenen Konstellationen muss man aber auch auseinanderhalten – man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Ich versuche einmal, die wichtigsten Aussagen nebeneinander zu stellen, die die Bibel zu diesem Thema bietet.

Fernhalten vom Bösen (1. Thes 5,22):

Das ist das Böse, das Verhalten, eine Sünde die man tut oder die geschieht – davon soll man sich fernhalten, man soll nicht selbst sündigen, und man soll nicht mit anderen zusammen sündigen oder die Sünden Anderer unterstützen. Ähnlich allgemein formuliert ist das Abstehen von der Ungerechtigkeit (2. Tim 2,19).

Beispiel: Ein Klassenkollege „erstellt“ ein gemeinsames Referat durch „copy and paste“ aus dem Internet; ein Arbeitskollege fälscht einen Stunden- oder Dienstreisebeleg – das mache ich selbst nicht, und da mache ich auch nicht mit anderen gemeinsame Sache. Gottes Heiligkeit verlangt nicht nur, dass man Sünde vermeidet. Da dies niemandem gelingt, muss Sünde aus meinem Leben beseitigt werden, wenn sie vorkommt. Ich bekenne sie dann Gott, der sie mir gerne vergibt (1. Joh 1,9).

Von der Welt unbefleckt halten (Jak 1,27),

keine Freundschaft mit der Welt haben und die Welt nicht lieben (Jak 4,4; 1. Joh 2,15): Im Umgang mit der Welt – der unvermeidlich ist – sich selbst nicht beflecken, d.h. selbst nicht sündigen, und sich auch nicht mit den in der Welt geltenden Methoden und Werten anfreunden.

Beispiel: In der Welt setzt man gern seine „Ellbogen“ ein; ich möchte nicht der Versuchung erliegen, andere zu übervorteilen, unfair zu sein, meinen Einfluss auszuspielen. Es gibt unmoralische Verführung aus Werbung, Internet usw. – dem möchte ich nicht nachgeben und in Gedanken oder Taten sündigen.

Keinen Umgang haben mit Bösen (1. Kor 5,9.11):

Hier geht es um böse Personen, die aus der Versammlung ausgeschlossen werden müssen, weil sie Hurer usw. sind – mit diesen soll ich keinen Umgang haben. Das bezieht sich ausdrücklich nur auf solche, die sich als „Bruder“ bzw. „Schwester“ bekennen, nicht aber auf solche Personen, die in der Welt sind. Ähnlich ist es mit Irrlehrern in dem engen Sinne von 2. Johannes V. 11, die man nicht grüßen soll, weil man sonst Teil hat an ihren bösen Werken.

Beispiel: Jemand ist wegen Ehebruchs aus der Versammlung ausgeschlossen worden, dann werde ich mich nicht mehr mit ihm treffen und bei Begegnungen nicht das Gespräch mit ihm suchen. Einen Zeugen Jehovas, bei dem feststeht, dass er nicht bekennt, dass Christus der ewige Sohn Gottes ist, darf ich nach dem Gebot der Bibel nicht grüßen.

Nicht in ungleichem Joch sein mit Ungläubigen (2. Kor 6,14):

Hier geht es, wie der Begriff „Joch“ andeutet, um gemeinsames, eng verbundenes, aufeinander angewiesenes und zielstrebiges Tun. Solche Beziehungen soll ein Gläubiger mit einem Ungläubigen nicht eingehen (anders ist es, wenn jemand aus einer bestehenden Beziehung sich bekehrt – das behandelt 1. Kor 7).

Beispiel: Ein Gläubiger und ein Ungläubiger gründen gemeinsam eine Firma oder ein Gläubiger heiratet eine Ungläubige.

Allgemein verträgt sich, wie die nächsten Verse zeigen, „Licht“ nicht mit „Finsternis“ – es kann da keine Gemeinschaft/Genossenschaft/Übereinstimmung geben. Das betrifft alle Beziehungen, in denen eine innere Übereinstimmung, ein Gleichklang notwendig ist, der über die normalen beruflichen/ gesellschaftlichen Kontakte hinausgeht (vgl. 1. Kor 5,10: Sonst müsste man ja aus der Welt hinausgehen; Kapitel 10,27: Man kann mit Ungläubigen essen) und die nicht der Aufgabe dienen, von dem Herrn zu zeugen und zu diesem Zweck Kontakte zu pflegen. Was das konkret bedeutet, wird der Herr im Einzelfall zeigen; da gibt es keine pauschalen Grenzen.

Wegreinigen von Gefäßen zur Unehre (2. Tim 2,21):

Im Haus Gottes – dem Bereich des christlichen Bekenntnisses – gibt es sowohl Ungläubige als auch Gläubige, und unter den Gläubigen sowohl solche, die zu Gottes Ehre sind, als auch solche, die zu seiner Unehre sind. Von Letzteren sich wegzureinigen, macht aus mir ein „Gefäß“ zur Ehre, heiligt mich, macht mich nützlich für den Hausherrn und zu jedem guten Werk bereitet. Das „Wegreinigen“ kann im Einzelfall ganz unterschiedliche Formen annehmen.

Beispiel: Einen Mitbruder, der die Bibel bewusst nicht als Gottes Wort anerkennen will, werde ich kaum in eine gemeinsame Bibelarbeit einbinden. Bin ich in einer Gemeinde, wo bspw. entgegen 1. Korinther 14,34 und 2. Timotheus 2,12 der Predigtdienst von Frauen beschlossen ist und praktiziert wird, und wo Gespräche zeigen, dass davon nicht abgegangen werden soll, werde ich darüber beten, ob ich sie verlassen soll, um mich anderen anzuschließen, die „den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (V. 22).

Andere Fälle von beschränkter Gemeinschaft mit Mitgeschwistern sind das Abwenden von jemandem, der Zwiespalt und Ärgernis anrichtet (Röm 16,17) oder das Keinen-Umgang-Haben mit jemandem, der aus Faulheit nicht arbeitet und seinen Mitgeschwistern auf der Tasche liegt – hier soll aber immer noch ein brüderliches Verhältnis bestehen (2. Thes 3,14.15).

Bei diesem Thema ist es wichtig zu sehen, dass das Meiden des Bösen und die daraus resultierende Einschränkung des Umgangs mit Menschen, die böse sind oder Böses tun, immer nur die eine – sozusagen „negative“ – Seite der Medaille ist. Die andere Seite ist die, dass ich das Positive suche. Ich freue mich mit der Wahrheit, ich tue das Gute, ich suche die Gemeinschaft mit gleichgesinnten Christen und mit Christus selbst. Das bedeutet zugleich, dass ich nicht hochmütig werde, wenn ich versuche, für Gott heilig zu sein. Ich bekomme keinen Heiligenschein, wenn ich Sünde zu vermeiden versuche. Es hat nichts Elitäres, wenn ich den Kontakt zu den oben genannten Menschen womöglich einschränke. Ich pflege nicht die Illusion, besser zu sein als andere. Ich bin mir sehr bewusst, dass ich aus demselben Holz geschnitzt bin wie alle anderen; der Unterschied zwischen mir und Ungläubigen ist nicht, dass ich keine Sünde hätte oder täte, sondern dass meine Sünden durch Gottes Gnade vergeben sind. Der Unterschied zwischen mir und Gläubigen, die in der Sünde leben, ist nicht meine Treue, sondern Gottes Gnade. Und gegenüber Gläubigen, die ein anderes Verständnis der biblischen Wahrheit haben als ich, maße ich mir nicht an, die Wahrheit gepachtet zu haben, aber ich verhalte mich doch dem entsprechend, was ich vor Gott als Wahrheit erkannt habe – und wenn es im äußersten Fall bedeutet, die Gemeinschaft und Kontakte einzuschränken. Letztlich geht es einfach darum, mein ganzes Leben Gott zu weihen – der es eben so von mir verlangt: Sei heilig, denn ich bin heilig.

Herzliche Grüße dein

Thorsten Attendorn