Nehemia - ein Vorbild für unsere Tage

Nehemia –

ein Vorbild für unsere Tage

Es ist interessant, das Verhalten Nehemias zu beobachten, wie es uns in der Zeit seiner Tätigkeit als Statthalter in Jerusalem beschrieben wird. Es gibt verschiedene wertvolle Hinweise, wie wir uns in einer Zeit geistlichen Niedergangs so verhalten können, dass wir zur Ehre unseres Gottes und zum Nutzen für andere Gläubige sind. Anhand verschiedener markanter Verse aus seiner Geschichte möchte ich gern ein paar Hinweise für unser Verhalten aufzeigen:

Er suchte das Wohl des Volkes Gottes (Nehemia 2,10).

Sein Bruder Hanani berichtete Nehemia etwas über den Zustand Jerusalems. Das ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er erbat sich von Gott einen Weg, um dazu beitragen zu können, diesen Zustand zu ändern. Und als Gott diesen Weg aufzeigte, scheute er keinen Aufwand und keine Mühe.

Wie ist es mit mir, wenn mir eine Not unter Geschwistern oder örtlichen Versammlungen (Gemeinden) bekannt wird? Lässt es mich kalt? Oder liegt es mir am Herzen zu helfen, je nachdem wie mir der Herr Jesus einen Weg zeigt? Da gibt es Aufgaben für Jüngere und Ältere, für Brüder und Schwestern. Zunächst für den örtlichen Bereich, dann aber auch über die Grenzen des örtlichen Zusammenkommens hinaus. Vielleicht geht diese Aufgabe sogar über Ländergrenzen hinweg. Zu allen Zeiten wirkte es sich zum Segen aus, wenn Kinder Gottes einen Blick für Sorgen oder Bedürfnisse in ihrer Umgebung hatten und sich von Gott gebrauchen ließen, in diesen Umständen zu helfen. Wie bei Nehemia kann es dabei nötig sein, eigene Wünsche oder eigenes Wohlergehen hintanzustellen.

Er führte keine Aufgabe ohne Gebet aus (1,4; 2,4; 6,9; 13,22).

Um den von Gott gestellten Aufträgen gerecht zu werden, ist es wichtig, seine Gedanken zu verstehen und seine Kraft zu erbitten. Eigene Gedanken führen uns oft in die Irre. Nicht umsonst wird im Buch der Sprüche zweimal gesagt: „Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes.“ (Kapitel 14,12; 16,25) Gott hingegen kennt von Anfang an das Ende schon. (Jesaja 46,10) Manchmal ist längeres Warten nötig, bis wir wirklich seinen Weg erkennen. Bei anderen Gelegenheiten kann aber kurz entschlossenes Handeln erforderlich sein. Beide Situationen finden wir bei Nehemia. (siehe z.B. 1,4 und 2,4 und 5)

Sein Handeln war durch (Ehr-)furcht gegenüber Gott geprägt (5,15).

Leider kann man nicht sagen, dass die Menschen allgemein im täglichen Leben, aber auch wir Christen in den Zusammenkünften, in speziellen Zusammenkommen von jungen Menschen oder auch bei Jugendtagen und anderen gemeinsamen Unternehmungen besonders durch Ehrfurcht gegenüber Gott bzw. dem Herrn Jesus gekennzeichnet sind. Das betrifft sowohl unseren Sprachgebrauch als auch unser praktisches Verhalten. Nehemia hatte Furcht davor, die von Gott für seinen Aufgabenbereich gesetzten Grenzen zu übertreten. Joseph sagte zu der Frau Potiphars, die ihn verführen wollte: „Wie sollte ich dieses große Übel tun und wider Gott sündigen?“ (1. Mose 39,9) Vorbilder wie Nehemia bzw. Joseph legten ein solches Verhalten nicht nur Gott gegenüber an den Tag, sondern auch ihren „weltlichen“ Vorgesetzten. Aus diesem Grund werden wir in 3. Mose 19,32 aufgefordert: „Vor grauem Haare sollst du aufstehen und die Person eines Greises ehren, und du sollst dich fürchten vor deinem Gott. Ich bin der HERR“. Auch heute schließen sich ehrfurchtsvolles Auftreten den Mitmenschen gegenüber und ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander nicht aus.

Er packte mit eigenen Händen an (5,16).

Nehemia war sich trotz seiner Stellung nicht zu fein, bei allen Arbeiten, die mit dem Bau der Mauer in Verbindung standen, mit Hand anzulegen. Es ging ihm um den Fortschritt der Arbeiten, da gab er sich nicht nur mit dem Anleiten und Aufpassen zufrieden. Es ist um eine örtliche Versammlung immer gut bestellt, wenn auch die praktischen Fragen christlicher Nächstenliebe nicht zu kurz kommen. Da kann es sich um die Instandhaltung und Pflege des Versammlungshauses handeln oder darum, bei Mitgeschwistern zu helfen, wenn Not am Mann ist. Eine solche Handlungsweise schafft ein gutes Klima im Miteinander auf dem Glaubensweg. Auch im Umgang mit den Nachbarn wird sich praktische Hilfsbereitschaft positiv auswirken. Sicherlich wird bei nächster Gelegenheit auch die Überreichung einer Bibel, einer christlichen Schrift oder einer Einladung zur Evangelisation wohlwollender angenommen.

Die Dinge Gottes hatten oberste Priorität in seinem Leben (6,3).

Nehemia lag es am Herzen, das angefangene Werk zu vollenden. Dabei scheute er keine Mühe und war auch nicht auf seine eigene Bequemlichkeit bedacht. Wie manches mal haben die Anstrengungen unserer Tagesarbeit unsere ganze Energie beansprucht. Dann ist abends noch eine Gebetszusammenkunft oder Wortbetrachtung. Wie gut ist es, daran zu denken, dass wir das Zusammenkommen nicht versäumen sollen. Vielleicht dachten wir daran, noch irgendeine Besorgung zu erledigen. Wenn wir sie um des Herrn willen zurückstellen, wird Er es ganz bestimmt nicht unbelohnt lassen. Ja, wie oft haben wir erfahren, dass wir nach dem Zusammenkommen gestärkt nach Hause gingen und die vorangegangene Abgespanntheit verflogen war.

Eine andere Gelegenheit ist, dass wir einen Teil unseres Urlaubs dafür verwenden, an Bibelkonferenzen, einer Freizeit, einem Büchertisch oder an einer Missionsarbeit mitzuwirken. Wer sich dazu bereit findet, wird erleben, wie er für sich selbst einen Gewinn hat. Die Sprüche sagen uns dazu: „Die segnende Seele wird reichlich gesättigt und der Tränkende wird auch selbst getränkt“ (Sprüche 11,25). In 2. Korinther 8 lesen wir von den Gläubigen in Mazedonien, wie sie trotz eigener großer Armut den Apostel mit vielem Zureden baten, teilhaben zu dürfen an den Bemühungen für die Gläubigen in Jerusalem. Es berührt mich jedes mal neu, wenn ich dort lese: „Sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn“ (Vers 5). Sollte das nicht ein Ansporn für uns sein?

Alle meine Quellen sind in dir! (Psalm 87,7)

Er wusste um eine Quelle, an der er Kraft schöpfen konnte (Kap. 6,9).

Sanballat und seine Freunde wollten die Bemühungen von Nehemia und den Juden zum Bau der Mauer mit allen Mitteln zum Erliegen bringen. Dabei schreckten sie auch nicht vor Verleumdungen zurück. Die Situation war nicht ungefährlich. Wir finden dennoch keine Entschuldigung vor Gott, die Arbeit aufzugeben, sondern eine Bitte um Kraft, und zwar an der richtigen Stelle. Er wandte sich nicht an irgendeinen Menschen, sondern an seinen Gott. „Ein Mann wie ich sollte fliehen?“ (Vers 11), war seine Antwort, auf den Versuch, ihn zum Aufgeben zu bewegen.

Auch von anderen Glaubensmännern wird uns Ähnliches berichtet. So z. B. von David. Die Amalekiter hatten die Stadt Ziklag, den Zufluchtsort von David und seinen Männern zerstört, Frauen, Kinder sowie die Habe mit weggenommen, während die Männer zu einem Beutezug unterwegs waren. Die zurückgekehrten Krieger waren über diesen Verlust so erbittert, dass sie ihren Anführer steinigen wollten. David fing nun nicht an, mit ihnen zu streiten oder sich irgendwie zu rechtfertigen. Wir lesen von ihm, dass er seine Kraft bei seinem Gott suchte. (1.Samuel 30,6)

Von Petrus und Johannes wird uns berichtet (Apostelgeschichte 4), wie sie von den Obersten der Juden ernstlich bedroht wurden, nicht mehr von dem Herrn Jesus zu reden. Nachdem sie dort freigelassen wurden; gingen sie zu ihren Mitgeschwistern, um gemeinsam mit ihnen von ihrem Gott Mut und Freimütigkeit zu erbitten, die Botschaft von dem Herrn Jesus weiterzuverbreiten. In der Regel wissen wir, die wir Jünger des Herrn Jesus sein wollen, um die Kraftquelle. Aber inwieweit nutzen wir sie? Legt nicht unsere Kraftlosigkeit und unser geringer Zeugenmut ein beredtes Zeugnis davon ab? Wir lassen uns schon durch Spott oder Geringschätzung abschrecken. Wie viel anders ist es oft in Ländern, wo auf das Bekenntnis zu dem Herrn Jesus Verbannung oder gar der Tod droht.

Er war sich seiner Stellung bewußt sowie der Heiligkeit Gottes (6,11; 13,11).

Der Zutritt zum Heiligtum Gottes war in der Zeit des Alten Testamentes nur den Priestern erlaubt. Wenn sich auch manche darüber hinwegsetzten, Nehemia wollte die Ansprüche seines Gottes respektieren. Er hatte sich mit dem damals zur Verfügung stehenden Teil des Wortes Gottes beschäftigt und wusste gut Bescheid darin. Das wird uns aus manchen seiner Gebete oder Reden deutlich. Aus diesem Grund setzte er sich auch dafür ein, dass die Priester und Leviten ihren Bedarf für das tägliche Leben erhielten. So waren sie frei für die Aufgaben, die sie für Gott erfüllen sollten. Ihnen oblag der Dienst im Tempel und der Dienst als Torwächter. Solange sie unter der Aufsicht Nehemias dieser Aufgabe gewissenhaft nachkamen, stand es gut für Jerusalem. Heute sind alle, denen durch den Herrn Jesus die Sünden vergeben sind, zum Priester- bzw. Levitendienst berufen. Es gibt nach den Gedanken Gottes keinen hervorgehobenen, geistlichen Stand. Umso mehr sind wir alle aufgerufen, darüber zu wachen, dass nicht Böses in das geistliche Haus, – die Versammlung – hineinkommt. Natürlich gibt es auch heute besondere Gaben, die Gott seiner Versammlung geschenkt hat. Wie schade, wenn sie nicht oder nicht entsprechend dem Wort Gottes ausgeübt werden. Die Folge ist Niedergang, den wir auch heute schmerzlich im gesamten christlichen Zeugnis beklagen müssen.

Nehemia war sich darüber im Klaren, dass ein Verstoß gegen die Anordnungen Gottes mit Gericht – im schlimmsten Fall mit dem Tod, verbunden ist. Vielleicht hat er an den Tod der zwei Söhne Aarons (Nadab und Abihu) oder an das Gericht an Hophni und Pinehas, den Söhnen Elis, denken müssen. In 1. Korinther 11 macht uns Gott deutlich, dass Er bei all seinem Gnadenhandeln über seine Heiligkeit wacht. Als Folge der Missachtung dieser Tatsache in Verbindung mit dem Mahl des Herrn waren manche der Gläubigen in Korinth krank und ein gut Teil entschlafen.

Wollen wir uns nicht durch ein solches Beispiel anspornen lassen, uns für den Herrn Jesus und seine Sache gebrauchen zu lassen? In Jerusalem waren viele dem Aufruf Nehemias gefolgt, Männer und Frauen, Junge und Alte. Weil sie sich auf Gottes Verheißungen stützten, konnten sie ihr Werk in einer unglaublich kurzen Zeit trotz der verschiedenartigen Störversuche von Seiten ihrer ungläubigen Nachbarn vollenden. Auch heute bekennt sich Gott zu einem solchen Verhalten und wird seinen Segen für das örtliche Zusammenkommen und vielleicht noch darüber hinaus schenken.