Bibel praktisch
Ton – formbar und nutzbar
Ton ist ein relativ weicher, lehmiger Stoff. Ton ist formbar. Mit Griffel und Keilschrift wurde auf Tontafeln geschrieben; Ziegel wurden aus Lehm oder Ton geformt, um Häuser zu bauen; und seit Urzeiten werden aus Ton Gefäße aller Art gestaltet, oftmals auf einer Scheibe, die mit den Füßen gedreht wird, so dass man die Hände frei hat, um ein gleichmäßiges Gefäß herstellen zu können.
Solange der Stoff weich ist, kann die Tontafel ausradiert oder der Ziegel oder das Gefäß von vorn gestaltet werden: „Und das Gefäß, das er aus dem Ton machte, missriet in der Hand des Töpfers; und er machte wieder ein anderes Gefäß daraus, wie es in den Augen des Töpfers zu tun richtig ist“ (Jer 18,3.4).
Um Festigkeit zu erreichen, wird der fertig geformte Gegenstand gebrannt. Der Text auf der Tontafel, die Form des Ziegels und des Gefäßes werden dadurch unwiderruflich in Form gebracht. Die Gegenstände sind jetzt nutzbar: Beliebig viele Leser können die Tontafel lesen; mit dem Ziegel kann ein Gebäude gebaut werden, das Jahrhunderte überdauert; der Krug kann unzählige Male zum Brunnen mitgenommen werden, um Wasser zu schöpfen – bis er bricht. Wird ein Ton-Gegenstand zerbrochen und der Ton zerbröselt, wird er zu Staub und ist für immer verloren. Mag sein, dass dieser Staub später wieder Teil neuen Lehms, Tons oder Mörtels wird, aber Bestandteil des vorherigen, originalen Einzelstücks wird er nie mehr sein …
Alle diese Prozessschritte in Verbindung mit Ton nutzt die Bibel, um Gottes Handeln mit den Menschen zu illustrieren.
Beispiel 1: Hiob
Gottes bildende Kunst – formen, bis wir Ihm gefallen
Fast vierzig Kapitel lang bringt Hiob seine Unschuld und sein Unglück nicht auf einen Nenner. Seine Freunde unterstellen ihm, dass er schwer gesündigt haben muss, sonst würde Gott ihn ja nicht dermaßen strafen. Ein unhaltbarer Vorwurf, wie sich nachher herausstellt (Hi 42,7). Hiob beteuert seine Unschuld seinen Freunden gegenüber. Er beteuert sie auch Gott gegenüber, und zwar so: „Deine Hände haben mich ganz gebildet und gestaltet um und um, und du verschlingst mich! Gedenke doch, dass du mich wie Ton gestaltet hast – und zum Staub willst du mich zurückkehren lassen! Hast du mich nicht hingegossen wie Milch, und wie Käse mich gerinnen lassen?“ (Hi 10,8-10). Hiob beansprucht zu Recht ein besonderes Original Gottes zu sein, persönlich geformt von dessen Hand.
Jeder von uns ist so ein Original, geformt vom Schöpfer, der eine Absicht mit uns hat: Wir sollen ein Brief Christi sein (Tontafel, vgl. 2. Kor 3,3), wir sind lebendige Steine, eingefügt ins Haus Gottes (Ton-Ziegel, vgl. 1. Pet 2,5), wir sollen Gefäße zur Ehre und dem Hausherrn nützlich sein (vgl. 2. Tim 2,21).
Hiob hat sich nichts vorzuwerfen, ja, nicht einmal Gott macht ihm Vorwürfe. Gleich der erste Vers des Hiob-Buches stellt klar: Hiob ist „vollkommen, rechtschaffen, gottesfürchtig und das Böse meidend“. Ein wahrlich blitzblankes Gefäß! Aber warum lässt Gott zu, dass es zerstört wird? Hiob ist der Meinung, dass Gott ihn wieder zu Staub zerbröseln und vernichten möchte. Kein Bibelbuch redet so oft von Staub: „Zum Staub willst du mich zurückkehren lassen“, klagt Hiob in unserem Vers. Oder: „Nun werde ich mich in den Staub legen, und suchst du nach mir, so bin ich nicht mehr“ (Kap. 7,21). Er hat seine Hoffnung beerdigt: „Wo also ist denn meine Hoffnung – ja, meine Hoffnung, wer wird sie schauen? Sie fährt hinab zu den Riegeln des Scheols, wenn wir miteinander im Staub Ruhe haben“ (Kap. 17,15.16).
Doch Gott will das blitzblanke Hiob-Gefäß gar nicht zerkrümeln. Er will es weiter formen. Elihu (der jüngste der vier Freunde Hiobs) greift das später auf: „Siehe, ich bin Gottes wie du; vom Ton abgekniffen bin auch ich“ (Kap. 33,6). „Hiob“, sagt Elihu, „wir sind noch in der Hand des Töpfers. Er hat seine Arbeit mit uns noch nicht beendet. Gott übt manchmal Druck aus, damit Er bei uns die richtige Form hinbekommt: „Er tritt auf Fürsten wie auf Lehm und wie ein Töpfer, der Ton zerstampft“ (Jes 41,25). Wir müssen das akzeptieren, Hiob. „Gott ist erhabener als ein Mensch. Warum hast du gegen ihn gehadert? Denn über all sein Tun gibt er keine Antwort“ (Hiob 33,12.13).
Was muss Hiob für eine Erleichterung verspüren, als Elihu zu ihm sagt: „Siehe, mein Schrecken wird dich nicht ängstigen, und mein Druck wird nicht schwer auf dir lasten“ (Kap. 33,7). Die anderen Freunde hatten „Gott gespielt“. Sie versuchten Hiob durch Drücken, Kneten und Weichklopfen zu einem Bekenntnis zu bewegen. Elihu hingegen verweist auf den Allmächtigen, der uns keine Rechenschaft geben muss und wird, der aber auch keine Fehler macht. Und dann offenbart sich Gott Hiob höchstpersönlich als Der, der wegen seiner Größe einfach nur gefürchtet werden muss. Das beeindruckt Hiob, und die Begegnungen, mit Elihu und Gott selbst, bringen ihn vor Gott zum Schweigen: „Siehe, zu gering bin ich, was soll ich dir erwidern? Ich lege meine Hand auf meinen Mund“ (Kap. 40,4). Was er dann noch zu sagen hat, ist dies: „Darum verabscheue ich mich und bereue in Staub und Asche“ (Kap. 42,6). Hiobs Gottes-Begegnung rückt die Verhältnisse zurecht. Ton ist nur zusammengeklebter Staub, und es ist Gottes reine Gnade, dass Er aus Hiob etwas gemacht hat und weiter an ihm gearbeitet hat.
Reine Gnade ist auch, dass Gott bis heute Gefäße formt, dich und mich, die Er zu seiner Ehre gebrauchen will. Können wir Ihm vertrauen, auch wenn Er uns hart anfassen, drücken, kneten und quetschen muss? Das tut so weh! Dennoch bleibt es wahr: Gott macht keine Fehler, sondern alles gut! Trauen wir uns, Ihm zu vertrauen?
Beispiel 2: Jeremia 18,1-12
Die Verantwortung des Menschen – der Töpfer reagiert
Das Wort, das vonseiten des Herrn an Jeremia erging, indem er sprach:
Mach dich auf und geh in das Haus des Töpfers hinab, und dort werde ich dich meine Worte hören lassen. Und ich ging in das Haus des Töpfers hinab, und siehe, er machte eine Arbeit auf der Scheibe. Und das Gefäß, das er aus dem Ton machte, missriet in der Hand des Töpfers; und er machte wieder ein anderes Gefäß daraus, wie es in den Augen des Töpfers zu tun richtig ist. Und das Wort des Herrn erging an mich, indem er sprach: Vermag ich euch nicht zu tun wie dieser Töpfer, Haus Israel?, spricht der Herr. Siehe, wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand, Haus Israel. Einmal rede ich über ein Volk und über ein Königreich, es auszureißen und abzubrechen und zu zerstören; kehrt aber jenes Volk, über das ich geredet habe, von seiner Bosheit um, so lasse ich mich des Übels gereuen, das ich ihm zu tun gedachte. Und ein anderes Mal rede ich über ein Volk und über ein Königreich, es zu bauen und zu pflanzen; tut es aber, was böse ist in meinen Augen, so dass es auf meine Stimme nicht hört, so lasse ich mich des Guten gereuen, das ich ihm zu erweisen gesagt hatte. Und nun rede zu den Männern von Juda und zu den Bewohnern von Jerusalem und sage: So spricht der Herr: Siehe, ich bereite ein Unglück gegen euch und ersinne gegen euch einen Plan; kehrt doch um, jeder von seinem bösen Weg, und macht eure Wege und eure Handlungen gut. Aber sie sagen: Es ist umsonst; denn unseren Gedanken wollen wir nachgehen und jeder nach dem Starrsinn seines bösen Herzens tun.
Was wir aus dieser Geschichte lernen ist, dass Gott auf das Handeln des Menschen reagiert. Der Töpfer beurteilt das Gefäß. Wenn es gut ist, kann es bleiben, wie es ist, wenn nicht, wird es „zerstampft“ (s.o.) und alles geht von vorn los. Hier geht es nicht darum, dass Gott etwas falsch oder richtig macht, sondern dass der Mensch, der selbst verantwortlich ist, entweder von seiner Bosheit umkehrt oder sich zur Bosheit hinwendet. Dann kann oder muss Gott von vorn anfangen, bis wir seiner Form entsprechen. Doch Obacht: Wehe, wenn sich die Bosheit einbrennt und der Mensch nach dem Starrsinn seines bösen Herzens tut (V. 12). Dann wird die Folge Verhärtung sein. Dann gibt es keine Formbarkeit mehr. Was dann passiert, illustriert das nächste Kapitel in Jeremia: „So sprach der Herr: Geh und kaufe einen irdenen Töpferkrug …“ Und dann demonstriert Jeremia, was mit hart gewordener Bosheit geschehen muss: „Du sollst den Krug zerbrechen vor den Augen der Männer, die mit dir gegangen sind, und zu ihnen sprechen: So spricht der Herr der Heerscharen: So werde ich dieses Volk und diese Stadt zerschmettern, wie man ein Töpfergefäß zerschmettert, das nicht wiederhergestellt werden kann“ (Kap. 19,11).
In diesem Sinn bringen Scherben wirklich Glück, denn das Böse wird unwiederbringlich zerstört. Und Gottes Gnade geht – wie immer – weit über das Bild hinaus, denn wenn Böses in unserem Leben zerbrochen worden ist und bei uns vielleicht nichts mehr „ganz“ ist, gilt: „Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und ihre Wunden verbindet er“ (Ps 147,3). Selbst wenn wir wie Abraham feststellen: „Ich bin Staub und Asche“ (1. Mo 18,27), kann Gott etwas Neues schaffen.
Beispiel 3: Römer 9,20-22
Das souveräne Handeln Gottes – der Töpfer agiert
Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott? Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht? Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre und das andere zur Unehre zu machen?
Diese drei Verse stehen in einem Kapitel, in dem die Rede von Gottes souveränem Handeln ist. Gott begnadigt, wen Er begnadigen will. Gott wählt sich Abraham und Isaak aus, um aus ihnen ein Volk für sich zu machen. Gott wählt Jakob aus – und nicht Esau. Gott verhärtet Pharao, das Volk Israel nicht ziehen zu lassen. Und dann heißt es: „Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er denn noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden?“ (Röm 9,19). Wenn niemand Gottes Willen widerstehen kann, wenn man so ist, wie man ist, dann kann man dafür ja nichts, könnte man denken: Gott will das doch so. Und wenn Gott das so will – niemand hat je seinem Willen widerstanden. Warum tadelt Er dann?
Die Fragen zum Nachdenken in Vers 19 jedoch machen klar, dass kein Mensch seine Hände in Unschuld waschen kann, weil Gott das Handeln des Menschen so vorherbestimmt hätte. Manchmal versuchen wir, zwei parallel verlaufende Gleise zusammenbringen, die wir aber nicht zusammenbringen können und dürfen: die Verantwortung des Menschen für sein Verhalten und das souveräne Handeln Gottes. In diesem Leben, im Hier und Jetzt, durch die menschliche Brille betrachtet, bleiben diese beiden Stränge getrennt voneinander. Wir werden sie nicht zusammenbringen können.
Aber wenn man einem geraden Schienenweg sehr weit entlang gucken kann, hat man den Eindruck, dass die Gleise am Horizont zusammenlaufen. Vertrauen wir Gott, dass Er in der Ferne, in der Ewigkeit, sehr wohl Antworten auf unsere Fragezeichen hat. Nichts entgleitet seiner Hand und eins ist sicher: Gott handelt hundertprozentig gerecht und bleibt seinem Wesen treu!
Solange wir es nicht begreifen können, dürfen wir nicht den Fehler machen, Gottes souveräne Handeln infrage zu stellen. Denn „wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott?“ Wir sind nämlich die Geformten, die Gottes Handeln nicht zu hinterfragen haben (vgl. Jes 29,16). Und Gott ist der „Töpfer“, der Macht über den Ton hat, um aus ein und derselben Masse dies oder jenes herzustellen. Der Ton ist das Objekt, nicht das Subjekt – finden wir uns damit ab! Und lasst uns dankbar sein, dass Gott, „den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung“ kundtun möchte, „die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat – uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen“ (Röm 9,23.24). „Und nun, Herr, du bist unser Vater; wir sind der Ton, und du bist unser Bildner, und wir alle sind das Werk deiner Hände“ (Jes 64,7). Im Rahmen dieser Formgebung haben wir die Verantwortung, „ein Gefäß zur Ehre zu sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn“, damit wir „zu jedem guten Werk bereitet“ sind (2. Tim 2,21). Lasst uns unserer Verantwortung zur Ehre Gottes nachkommen und Ihn durch Vertrauen ehren. Er macht alles richtig und richtig gut!
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