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Shell Studie - Feedback

Christentum – wert(e)los? Jugendliche in der Wertewüste?

Wir freuen uns über die gute Resonanz zu dem Beitrag über die Shell-Studie. Offenbar beschäftigt Euch Euer Umfeld, vor allem aber, wie Ihr in einer Gesellschaft, in der das Wertebewusstsein und der christliche Glaube nachlassen, für den Herrn Jesus leben könnt. Einige Auszüge aus Euren Zuschriften:

 

1. Lagebericht neue Länder – orientierungslose Jugendliche in der Wertewüste?

Der Leser T. W. wohnt in den neuen Bundesländern. Er bestätigt den Eindruck, dass nur wenige Jugendliche einen echten Glauben haben und dass sich kirchenzugehörige von anderen Schülern nicht wirklich unterscheiden: „Von über 140 Schülern in meinem Abiturjahrgang waren mir gerade zwei bekannt, die sich selbst als Christen bezeichnen, nach eigener Aussage bekehrt haben und die Bibel als Gottes autorisiertes Wort ernst nehmen. Einige andere sind zwar kirchenzugehörig, aber von einem rettenden Glauben habe ich bei ihnen nichts feststellen können. Sie äußerten sich nicht groß über ihren Glauben und waren von den anderen Schülern durch nichts zu unterscheiden. Ich hatte so den Eindruck, der Glaube bzw. die Religiosität ist für sie eher eine untergeordnete, traditionelle und zur Selbstverwirklichung beitragende Angelegenheit.“

Interessant sind seine Bemerkungen dazu, inwieweit Jugendliche, die auf der Suche sind nach dem Sinn des Lebens, bei christlichen Gemeinden Orientierung finden. In der Shell-Studie hieß es dazu, dass nur ein Viertel der Jugendlichen in der Kirche Antworten auf die Fragen findet, die sie wirklich bewegen:

„Für viele Halt suchende Jugendliche ist es ein Problem, dass sie die Zersplitterung der Christen in die vielen Kirchen, Freikirchen, offene und geschlossene Brüdergemeinden nicht so wirklich verstehen können, es ist für sie trotz einiger Erklärungen teilweise nicht nachvollziehbar und hindert sie zuweilen – so mein persönlicher Eindruck – den Glauben ernst zu nehmen.“

Die Verantwortung dafür sieht er vorrangig darin, dass das praktizierte Christentum inhaltsarm ist und sich die kirchliche Botschaft oftmals nicht auf das Wesentliche konzentriert: „Die Aussagen der Kirche generell sind fast nur diesseits –, aber eigentlich fast nie konkret jenseitsbezogen. Motto: Jeder kann leben und tun und lassen, wie und was er will. … Eine unschöne Sache ist auch, dass die (Landes-)Kirchen, die den Jugendlichen nun mal zuerst einfallen, wenn es um Gott und Glauben geht, sich an die Jugendlichen anpassen, wenn es darum geht, Mitglieder zu werben. Es wird also weniger gerufen: ‚Lasst euch versöhnen mit Gott’, (2. Kor 5,20), sondern eher: ‚Kommt her und Ihr werdet Spaß haben!’, zum Beispiel durch Rockkonzerte und gemeinsame feucht-fröhliche Partys. Genau das macht die Kirche unglaubwürdig und den Glauben lächerlich.“ Dies ist besonders tragisch, weil es durchaus  viele Jugendliche gibt, die auf der Suche sind nach dem Sinn des Lebens. In der Kirche finden sie ihn aber nicht: „Im Grunde ihres Herzens erwarten die Jugendlichen gerade von der Kirche, dass sie Halt gibt und vor allem ernsthafte und tiefgründige Antworten auf die Fragen nach dem Lebenssinn, dem Ursprung des Menschen, der Ewigkeit, dem Wert des Menschenlebens etc. und keine oberflächlichen Phrasen (betrifft zunehmend auch die Freikirchen). Viele Jugendliche sind gerade deshalb schon schwer enttäuscht worden.“ Man denkt an das Zitat des Bundespräsidenten Horst Köhler, der die Kirche aufgerufen hat, zwischen letzten und vorletzten Fragen zu unterscheiden: Alle Politik betreffe vorletzte Fragen, die letzten Fragen beträfen den Sinn des Leben – dafür seien die Kirchen zuständig. Bin ich in der Lage, meinen Mitmenschen wirklich weiterzuhelfen bei diesen „letzten Fragen“?

 

2. Toleranz um jeden Preis – auch um den Preis der totalen Wert(e)losigkeit?

Die Leserin I. F. hat die Toleranz als Kernproblem des Werteverlustes identifiziert und liefert dafür ein Beispiel aus ihrer eigenen Schule, einem christlichen Gymnasium: „Ich gehe an ein christliches Gymnasium, welches von der evangelischen Landeskirche getragen wird. Als das Schulprofil neu überdacht und diskutiert wurde, wurden den Schülern, aber auch Lehrern und Eltern, einige Fragen gestellt. Eine davon lautete: ‚Welche Werte sind es wert, gelebt zu werden?’ Die ersten Reaktionen waren ratloses Schweigen und ein unmissverständliches ‚Keine Ahnung!’. Wozu braucht man heute noch Werte? Warum sich an etwas binden? Ist Freiheit, genauer Wertfreiheit, nicht viel angenehmer? Nach kurzem Überlegen kam aus der Klasse die Antwort: ’Toleranz!’ Toleranz macht Wertfreiheit erst möglich. Wenn alles toleriert wird, kann man auch wertfrei leben. Alle Grenzen sind aufgehoben, man kann sich selbst verwirklichen und hat die Akzeptanz aller.“

An ihrer christlichen Schule „wird der Aspekt der Toleranz allerdings noch weitergedacht: Toleranz -> (christliche) Freiheit -> Ökumene. Die Praxis: Hakenkreuze in den Schulbibeln, Schüler, die schwarze Kleidung mit Schriftzügen wie ‚Antichrist’ und ‚Walk with me to the hell!’ tragen, eine Schulband, die unverständliche Texte brüllt und aggressive Musik zum Besten gibt, Aussagen wie ‚Gott hat den Urknall bewirkt’ und ‚Gott ist zur Zeit passiv’, und so ließe sich die Reihe beliebig lang fortsetzen!

Auf diese Weise wird falsches Handeln als richtig bewertet oder sogar hochgelobt und als nachahmenswert dargestellt. Grenzen werden verzerrt. Eindeutigkeit ist verpönt. Alles verschwimmt ineinander und die Vorstellung, dass Gott gleich Buddha gleich Mohammed gleich unsichtbare Macht gleich ‚Denk-dir-was-aus’ ist, ist festes Gedankengut. Wenn ich versuche, in meiner Klasse klar Stellung zu beziehen und konkrete Linien zu zeichnen, ist ein entsetzter Aufschrei, Gelächter oder Argwohn die Folge: ‚Wie bitte? Wir sind auch Christen, wir sind getauft und konfirmiert! Willst du etwa besser sein als wir?’ Es heißt: Toleranz erlaubt dir alles: ‚Du bist du selbst! Tu, was dein Herz dir sagt! Verwirkliche dich selbst! Lebe mit Vision!’“ I. F. schließt mit  der Beobachtung: „Diese ‚Selbstverwirklichungswerte’ sind unter den sogenannten ‚kirchennahen Gläubigen’ die Folgen einer toleranten, vermeintlichen Christenheit. Ich musste leider feststellen: Die Tendenz in unserer (christlichen) Gesellschaft geht auf ‚wert(e)-los’.“ Die Beobachtung kann man immer wieder machen, dass falsch verstandene Toleranz im christlichen Bereich einerseits dazu führt, dass die eigenen, christlichen Standpunkte relativiert und letztlich aufgegeben werden, und dass andererseits (fast) alles – auch das mit dem eigenen, christlichen Standpunkt grundsätzlich nicht Vereinbare – akzeptiert wird. Wie gut, wenn man einen festen Standpunkt hat und diesen auch nach außen vertritt!

 

3. Schwaches Zeugnis und starke Anpassung – was ist Ursache, was Wirkung?

V. L., eine Leserin aus der Gegend von Köln, stellt fest, dass es gläubigen Jugendlichen schwer fällt, „Jugend für Christus“ zu sein und ihr „Licht“ hell „leuchten“ zu lassen. Sie hat sich auch Gedanken über die Gründe gemacht: „Besonders bewegt mich die Frage, ob die Studie bei uns wirklich Gläubigen deutlich anders ausfallen würde. Ich denke, dass wir uns in vielen Bereichen der Welt angepasst haben, weil es einfach bequemer ist, mit dem Strom zu schwimmen. Und wenn mir bewusst wird, wie akzeptiert ich an meinem Arbeitsplatz bin und was meine Arbeitskollegen mir teilweise erzählen, dann frage ich mich, ob mein Licht noch sichtbar leuchtet.“ Ein wichtiger Punkt, den V. L. hier anspricht: „Ihr seid das Licht der Welt“, sagt der Herr 16   Jesus, und wie das Salz der Erde lebt auch das Bild vom Licht der Welt davon, dass es anders ist als seine Umgebung. Christen haben die Funktion, Gottes wahre Gedanken über die Menschen und ihre Umstände offen zu legen und Orientierung zu geben. Dazu müssen sie leuchten (Mt 5,14-16; Phil 2,15.16). Und richtig ist auch, dass ein konsequentes, treues Christentum uns das Leben nicht einfacher macht; lies Matthäus 5,10-12.

Worin liegen die Gründe für ein zeugnisschwaches Christentum? V. L.: „Ich bin überzeugt, dass wir Jugendlichen das Bibellesen und das Gebet erheblich vernachlässigen und unsere Freizeit lieber nutzen, um DVDs zu schauen, im Internet zu surfen, Musik zu hören, Sport zu treiben usw. Der Teufel hat eine große Auswahl an Ablenkungsmanövern, und er versteht es auch, unsere Gedanken auf unser Äußeres zu lenken. Es baut sich ein Druck auf, der es einem oft unmöglich macht, sich so zu akzeptieren, wie man von Gott geschaffen wurde, geschweige denn, ihm dafür zu danken“. Sie schließt mit dem Vers:

„Jugend für Christus, Jugend voll Freud,

Jugend dem Heiland geweiht.

Jugend für Christus, Wonne und Glück,

leuchtend und strahlend der Blick“.

 

4. Was sind die wahren christlichen Werte?

Eine Frage erreichte uns, mit der um positive Werte-Orientierung anhand der Bibel gebeten wurde: „Zum Thema ‚Was Jugendliche bewegt’ würden wir uns über eine deutliche und zu Herzen gehende Darstellung der ‚Grundwerte’ unseres gemeinsamen Glaubens freuen. Manche in der Studie abgefragten Werte sind ja durchaus positiv zu sehen. Was sagt das Wort Gottes zu diesen Themen?“

M.R.

 

Lieber M.,

herzlichen Dank für Eure Mail zu meinem Beitrag über die Shell-Studie. Wir freuen uns immer über Resonanz auf FMN, und besonders über Themenvorschläge.

Der Beitrag über die Shell- Studie hatte zum Ziel, (1) zu informieren (über die Studie und die sich daraus ergebende „Verfassung“ „der Jugendlichen“ heute) und (2) die jugendlichen Leser mit der Aussage zu konfrontieren, dass kirchengläubige Jugendliche nur wenig anders sind als alle anderen. Wir haben bewusst davon abgesehen, die einzelnen Aussagen der Studie, insbesondere die Werte oder Freizeitbeschäftigungen zu kommentieren. Stattdessen haben wir uns auf Grundaussagen (etwa den Hinweis auf die „veränderte Gesinnung“ nach Römer 12) beschränkt. Dies nicht nur, weil der Beitrag ohnehin schon recht lang wurde, sondern auch, weil wir die Leser einmal ihre Stellung in der Gesellschaft und unter Gleichaltrigen selbst reflektieren lassen wollten. Wir wollten vermeiden, dass diese Grundfrage in einer Debatte nach dem Motto „Darf man DVD schauen und wenn ja, wie lange und was?“ untergeht ...

Natürlich habt Ihr Recht, dass manche Werte positiv zu sehen sind. Ich habe in dem Beitrag exemplarisch „Familie“ und „Freundschaft“ genannt, man könnte manche Sekundärtugenden ergänzen usw. Es wäre sicher ganz falsch, aus Römer 12 herzuleiten, dass ein gläubiger Jugendlicher *in jeder Hinsicht* anders sein muss als die Übrigen. Salz der Erde zu sein etwa bedeutet, die guten Beziehungen, die Gott auf der Erde gestiftet hat, zu bewahren. Das kann man unter Jugendlichen beispielsweise in puncto Familie und Freundschaft vorleben, und es ist gut, wenn diese Werte auch bei Ungläubigen zählen. Andere „Werte“ hingegen, insbesondere die Äußerlichkeiten oder die hedonistischen, sind klar oder zumindest in der Tendenz negativ zu bewerten.

Eure Anregung, die Grundwerte unseres Glaubens deutlich und zu Herzen gehend darzustellen, wollen wir gerne aufgreifen. Wir werden schauen, wie wir darauf konkret eingehen können. Im Beitrag hatte ich bereits die Frucht des Geistes angesprochen. Ich weise auch auf Hartmut Mohnckes Beitragsserie hin, die im letzten Heft begonnen wurde. Dort werden die Kennzeichen der Endzeit in kurzen Beiträgen den christlichen Charakterzügen gegenübergestellt. Das könnte in die Richtung gehen, die Ihr Euch vorstellt.

Herzlichen Dank nochmals für Euer Feedback und für die Anregungen!