Die Kofferträger von Paulus

Die „Kofferträger“ von Paulus

Paulus war in jeder Hinsicht eine überragende Persönlichkeit – sowohl seine Erkennt- nis als auch seine einzigartige Hingabe stellten alle in seiner Umgebung in den Schatten. Wirklich? Hat Paulus die Verhältnisse und damit auch seine Mitbrüder beherrscht? Und wie haben diese Männer in seiner Umgebung auf den starken Glauben und den sicher einmaligen Auftrag von Paulus reagiert? Haben sie sich resigniert aufs „Koffertragen“ beschränkt – als ob das allein ein Werk für den Herrn sein kann? Und was tun wir, wenn uns andere (scheinbar) geistlich oder auch in anderer Hinsicht überlegen sind? Einige Personen aus dem „Begleitpersonal“ des Paulus geben uns interessanten Anschauungsunterricht.

Aristarchus von Thessalonich – ein Europäer mit Format

Bekehrt von den Götzenbildern zu Gott, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen (siehe 1. Thess 1,9) – das war für Aristarchus Erlebnis und Programm zugleich. Nur wenige Jahre nach seiner Bekehrung ist er – weit von seiner Heimat entfernt – als Reisegefährte von Paulus unterwegs und muss bald eine „Mutprobe“ bestehen: Im tumultartigen Geschehen in Ephesus wird er mit ins Theater (eine Art Stadion) gerissen und muss sich anhören, wie die aufgepeitschten Massen zwei Stunden lang „Groß ist die Artemis der Epheser“ riefen (Apg 19,28-34).

Doch Aristarchus lässt sich von seinem Auftrag nicht abhalten. Auf der Weiterreise nach Mazedonien hätte er gut in seiner Heimat zurückbleiben können. Aber er zieht weiter mit Paulus nach Griechenland und wieder zurück durch Mazedonien und dann über Kleinasien nach Jerusalem. Wie viel hat er auf diesen Reisen von Paulus gelernt! Paulus stand nicht als der übermächtige, unerreichbare „Superapostel“ vor seinen Dienern und Mitarbeitern; nein, er lebte so demütig und hingegeben, dass er sich als Nachahmer des Herrn bezeichnet (1. Kor 11,1). Das ist ein Beispiel für jeden heute, dem der Herr vielleicht einen besonders herausragenden Dienst anvertraut hat.

Und die Konsequenz dieser Erfahrungen: Aristarchus bleibt seinem Auftrag treu. Auch die Verhaftung seines geliebten Lehrers in Jerusalem ändert nichts an seiner Haltung: Neben Lukas wird er als einziger Begleiter auf der Reise nach Rom erwähnt (Apg 27,2). Und schließlich wird sein Lebensweg mit einem Gruß als Mitgefangener in Rom „gekrönt“ (Kol 4,10)!

Über die Art der Tätigkeit von Aristarchus schweigt die Schrift. Aber seine Treue und Hingabe sind Vorbild genug. Lassen wir uns von ihm anspornen, unsere Aufgabe und unseren Dienst auch bei Widerständen und in Gefahren zu erfüllen!

Tychikus – ein Botschafter mit geistlichen Qualitäten

Alle Bewohner der römischen Provinz Kleinasien (die Westküste der heutigen Türkei) hatten das Wort des Herrn durch Paulus gehört (Apg 19,10). Bei Tychikus hatte es gefruchtet: Er bekehrte sich zum Herrn und wird auch Reisebegleiter von Paulus (Kapitel 20,4). Wie lange, wird nicht berichtet; vielleicht bleibt er in Ephesus (seiner Heimatstadt?), als Paulus in der Nähe eine Abschiedsrede hält (Kapitel 20). Jedenfalls steht er weiter Paulus zur Verfügung, der ihn zu verschiedenen Versammlungen senden kann, um Informationen weiterzuleiten und einzuholen: Als „Briefträger“ überbringt er die Briefe an die Epheser und Kolosser (Eph 6,21.22 und Kol 4,7-9). Doch er ist weit mehr. Paulus bezeichnet ihn:

  • als „geliebten Bruder” (Kol 4,7);
  • als „treuen Diener”: Seine Aufgabe hat Tychikus zuverlässig erfüllt;
  • als „Mitknecht im Herrn”: Das ist nicht mehr (nur) der „Kofferträger”, das ist ein Mann, der als Mit-Sklave die geistliche Arbeit von Paulus mitträgt.
  • Außerdem ist er in der Lage, Anteil zu nehmen am Geschehen der Kolosser und kann die Herzen der Kolosser trösten (Vers 9).
  • Schließlich ist er kompetent, den Ephesern die Verhältnisse von Paulus zu berichten (Eph 6,21): Keine Übertreibung, keine Beschönigung ist gefragt.

Dieser „treue Diener im Herrn“ (Eph 6,21) hat sich bewährt und kann weiter im Dienst für den Herrn und in seinem Werk benutzt werden. Schon bald nach seiner Entlassung aus der Haft sendet Paulus ihn nach Kreta, um dort Titus zu treffen (Tit 3,12). Völlig andere Verhältnisse unter den Christen auf Kreta erfordern viel „Fingerspitzengefühl“. Und da ist Tychikus genau der Richtige.

Und ganz am Ende des Dienstes von Paulus, kurz vor seinem Tod, sendet Paulus diesen treuen Mann nach Ephesus (2. Tim 4,12). Die geistlich und lehrmäßig so hoch stehenden Christen hatten in manchen Punkten der praktischen Lebensführung Nachholbedarf (s. 1. Tim 1,3 ff.) und gehörten sicher auch zu denen in Asien, die Paulus verlassen hatten (2. Tim 1,15). Doch Paulus lässt die Versammlung dort nicht fallen und schickt mit Tychikus einen zuverlässigen Bruder in die „Versammlung im Niedergang“.

Tychikus hat gelernt, hat Fortschritte im Glauben gemacht, kann schließlich sogar „kritische Fälle“ übernehmen und ist befähigt zu trösten – eine „hohe Kunst“. Sind wir lernbereit – und bereit, auch Aufgaben zu übernehmen, die vielleicht wenig gefragt sind? Nicht die Geschwister, sondern der Herr belohnt seine Diener!

Trophimus von Ephesus – Krankheit als Lohn für treuen Dienst?

Zu den vielen Menschen, die in Ephesus zum Glauben kamen, zählte auch Trophimus. Ob er zu denjenigen gehörte, die durch radikales Verbrennen von Zauberbüchern mit dafür sorgten, dass das Wort des Herrn dort mit Macht wuchs (Apg 19,19)? Die Schrift schweigt darüber, aber jedenfalls war sein Leben gereinigt zum Dienst für Christus. Haben wir in unserem Leben aufgeräumt, damit der Herr uns gebrauchen kann? Wenn nicht, dann lasst uns diese Dinge vor dem Herrn bekennen und freie Bahn schaffen!

In Mazedonien wird Trophimus als Begleiter von Paulus erwähnt (Apg 20,4). Paulus hatte als Apostel offenbar die (innere) Autorität, andere in seinen Dienst zu stellen (so hatten er und Barnabas zum Beispiel „Johannes zum Diener“, Apg 13,5). Dennoch betrachteten diese Brüder ihren Dienst durchaus als vom Herrn gegeben und für Ihn bestimmt. Heute beruft der Herr seine Diener immer unmittelbar, ohne irgendeine menschliche oder gar kirchliche Autorität. Aber es kann sicher geschehen, dass der eine oder andere Bruder von anderen „entdeckt“ wird. Und dann darf er einen Wunsch nach einem bestimmten Dienst vor dem Herrn prüfen und entsprechend ausführen. Sind wir bereit, uns auch einmal zu vielleicht unscheinbaren Diensten bereit zu halten?

Die Hingabe von Trophimus lässt ihn auch mit in das von fanatischen Juden gefüllte Jerusalem gehen. Dort erlebt er die Verhaftung von Paulus. Danach berichtet die Schrift viele Jahre nichts über ihn. Hat er vielleicht in Jerusalem oder in Ephesus gewirkt? Jedenfalls kann Paulus ihn ganz am Ende seines eigenen Dienstes, zwischen der ersten und der zweiten Gefangenschaft gebrauchen – und muss ihn doch krank in Milet zurücklassen (2. Tim 4,20)! Damit endet die biblische Kurzbiographie über diesen wertvollen Mitarbeiter im Reich Gottes.

Trophimus wusste, dass es sich immer lohnt, auf der Seite des Siegers von Golgatha zu stehen, auch wenn das Leid und Krankheit mit sich brachte. Lassen wir uns durch sein Beispiel anspornen, hingebungsvoll unserem Herrn zu dienen: „Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn“ (1. Kor 15,58).