Post von Euch

Sündigen gegen einen Bruder

Frage: Die beiden Abschnitte in Matthäus 5,23.24 und Matthäus 18,15-20 behandeln beide Fälle, in denen es darum geht, das Verhältnis zu einem Bruder zu klären, der „etwas gegen mich hat" bzw. „gegen mich gesündigt hat". Geht es in beiden Stellen um dieselbe Sache, oder worin liegt der Unterschied?

Antwort: Wir wollen die entscheidenden Abschnitte der beiden Stellen zuerst im Wortlaut zitieren:

„Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bring deine Gabe dar" (Matthäus 5,23.24).

"Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, hast du deinen Bruder gewonnen" (Matthäus 18,15).

Es geht mir bei der Beantwortung der Frage nicht um eine Auslegung der ganzen Abschnitte, sondern um den prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden Schriftstellen.

Der „Bruder" in Matthäus 5 hat berechtigterweise etwas gegen mich (siehe Vers 22), so dass die Versöhnung auch ein Schuldbekenntnis voraussetzt. Mein Hingehen zu ihm ist also in diesem Fall eine Forderung der Gerechtigkeit, da ich gegen den Bruder gesündigt habe. Will ich mit einem guten Gewissen vor Gott hintreten - wie in der beschriebenen Situation -, dann muss ich Selbstgericht üben („ich erinnere mich") und meine Sünde vor meinem Bruder bekennen, gegen den ich gesündigt habe.

In Matthäus 18 hingegen hat mein Bruder gegen mich gesündigt, so dass mein Hingehen, um ihn zu gewinnen, ein Weg der Gnade ist.

"Uberführe ihn" - Dieses Uberführen geschieht anhand des Wortes Gottes. „Alle Schrift ist ... nützlich ... zur Uberführung" (2. Timotheus 3,16). Das heißt, dass das Wort Gottes seine Sünde aufdeckt und ihn überführt. Den Beweggrund, um den Bruder aufzusuchen, gibt uns 3. Mose 19,7: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld tragest" oder nach der Fußnote: „und sollst Sünde auf ihm nicht ertragen."

Da „dein Bruder wider dich sündigt", es also eine persönliche, private Sache ist, findet das Gespräch auch im persönlichen, vertraulichen Rahmen statt (Uberführe ihn zwischen dir und ihm allein"); und wenn das erhoffte, gesegnete Ergebnis eintritt („wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen"), dann bleibt die Angelegenheit auch in diesem Rahmen.

„Wenn er aber nicht hört", dann kann dies schon darauf hindeuten, dass es sich nicht um eine einmalige Sache handelte, sondern dass möglicherweise ein Zustand offenbar wird: Jetzt sollen zum Schutz aller Beteiligten (s. 5. Mose 19,15-21) noch ein oder zwei Zeugen mitgenommen werden. Die Sache erhält damit eine allgemeinere Bedeutung und wird unter Umständen zu einer Angelegenheit der Versammlung.

Die Gesinnung, die uns allgemein im 18. Kapitel des Matthäusevangeliums vorgestellt wird, ist auch in diesen beiden Versen (15.16) zu finden.

  1. Demut (siehe Vers 3): Der Bruder, der gegen dich gesündigt hat, wird von dir nicht aufgesucht, weil du deine Rechtfertigung suchst, sondern weil die Liebe das Böse auf ihm nicht ertragen kann (3. Mose 19,7).
  2. Rücksichtnahme (siehe Vers 6): Die Bemühungen geschehen im Verborgenen, um den anderen zu schonen.
  3. Selbstgericht (siehe Vers 8): Der „Hinge-hende" muss seine Motive ernstlich überprüfen.
  4. nachgehende Gnade (siehe Vers 12): Du gehst hin, um deinen Bruder zu gewinnen.

Andererseits behandeln beide Stellen , dieselbe Sache", nämlich Sünde zwischen Christen: In Matthäus 5 habe ich gesündigt, während es in Matthäus 18 mein Bruder ist. So zeigt der Herr in beeindruckender, ausgewogener Weise den Weg zur Heilung!