Personen der Bibel

Ein weiches Herz

Wie Josia auf Gottes Wort reagierte (2. Chronika 34,14-33)

 

 Josia ist ein beeindruckender König in der Bibel. Mit acht Jahren wurde er König in Jerusalem – der zweitjüngste König Judas. Nur Joas war ein Jahr jünger, als er König wurde (2. Chr 24,1).

Josia stammte aus denkbar ungünstigen Familienverhältnissen. Er wurde geboren, als sein Großvater Manasse König war. Dieser war ein böser König, über den Gott sagen musste: „Manasse verleitete sie (die Juden), mehr Böses zu tun als die Nationen, die der Herr vor den Kindern Israel vertilgt hatte“ (2. Kön 21,9). Erst spät in seinem Leben tat er Buße und demütigte sich vor Gott. Sein Sohn Amon, der Vater Josias, lebte in den Sünden seines Vaters, kehrte aber nicht zu Gott um. Von ihm heißt es: „Und er demütigte sich nicht vor dem HERRN, wie sein Vater Manasse sich gedemütigt hatte, sondern er, Amon, häufte die Schuld“ (2. Chr 33,23). Als Josia sechs Jahre alt war, wurde sein Vater König, doch nach nur zwei Jahren Regierungszeit ließ Gott ihn sterben.

Vor diesem Hintergrund beeindruckt das hervorragende Zeugnis, das Gottes Wort Josia ausstellt: „Er tat, was recht war in den Augen des Herrn; und er wandelte auf den Wegen seines Vaters David und wich weder zur Rechten noch zur Linken ab» (2. Chr 34,2). Das konnte nur die Gnade Gottes bewirken – damals wie heute.

 

Geistliches Wachstum

Josia zeigte ein bemerkenswertes geistliches Wachstum. Er machte Fortschritte in seinem Leben, so dass Gott Freude an ihm haben konnte:

  • Mit 15-16 Jahren fing er an, den Gott seines Vaters David zu suchen – er bekehrte sich persönlich zu Gott.
  • Mit 19-20 Jahren begann er, sein Königreich von Götzen zu reinigen – er zeigte Eifer für Gott in seiner Umgebung.
  • Mit 25-26 Jahren ließ er den Tempel ausbessern – er schätzte das Haus Gottes.

Dieses Wachstum macht Josia zu einem Vorbild für uns. Gott segnete Josias Handeln. Gerade in der Zeit, als Josia sich um das Haus Gottes kümmerte, führte Gott es, dass das Buch des Gesetzes gefunden wurde. Das illustriert die Worte des Herrn Jesus in Lukas 8,18: „Gebt nun Acht, wie ihr hört; denn wer irgend hat, dem wird gegeben werden“.

 

Das Wort Gottes wird gefunden

Während man am Haus Gottes arbeitete, machte der Priester Hilkija einen besonderen Fund: das Buch des Gesetzes (2. Chr 34,14). Diese Entdeckung wirft Licht auf die dunkle Zeit, in der Josia lebte. Das Gesetz, das die Grundlage für das Leben und den Gottesdienst der Israeliten bildete und von dem sich jeder König zu Beginn seiner Herrschaft eine Abschrift machen sollte (vgl. 5. Mo 17,18), war verloren gegangen. Wie es dazu kam, wissen wir nicht. Vielleicht hatte der böse König Manasse es verschwinden lassen.

Unsere Situation heute ist völlig anders als die von Josia, denn in Europa kann jeder die Bibel lesen – entweder gedruckt oder digital. Aber kann es sein, dass auch wir das Wort Gottes neu „finden“ müssen? Vielleicht, weil wir gar nicht mehr regelmäßig und aufmerksam darin lesen. Oder weil wir das Wort Gottes nicht mehr persönlich zu uns reden und unser Leben bestimmen lassen. Jakobus mahnt uns: „Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer [oder Leser], die sich selbst betrügen“ (Jak 1,22).

Frage dich: Welchen Platz hat die Bibel in meinem Leben? Gehorche ich dem Wort Gottes und lebe ich konsequent danach? – Nur so erfahren wir Gottes Segen und Wachstum im Glauben.

 

Unterschiedliche Reaktionen

Bevor Josia das Buch des Gesetzes erhält, haben zuerst der Priester Hilkija und dann der Schreiber (o. Staatssekretär) Schaphan damit zu tun. Allerdings gehen sie unterschiedlich damit um:

  • Hilkija findet das Buch, erkennt es und nennt es beim Namen. Dann gibt er es anscheinend unberührt an Schaphan weiter (V. 14.15).
  • Schaphan liest in dem Buch und bringt es zum König (2. Kön 22,8-10). Er erwähnt den Fund gegenüber Josia jedoch nur beiläufig, nachdem er zunächst über die Arbeiten am Tempel berichtet hat.

Offensichtlich sind sich weder Hilkija noch Schaphan wirklich bewusst, welche Bedeutung dieser Fund hat. Sie unterschätzen den Wert des Buches. Ihnen sind andere Dinge wichtiger. Von Hilkija lesen wir nicht einmal, dass er in dem gefundenen Buch las. Auch wir können leicht durch andere Dinge – selbst durch an und für sich gute Aktivitäten – den Wert  des Wortes Gottes aus den Augen verlieren.

 

Wie Josia reagiert

Joisa hingegen reagiert anders. Auf ihn hat das Wort Gottes eine unmittelbare und tiefgehende Wirkung, die uns beeindruckt:

  • Das Wort Gottes packt ihn, sein Herz wird weich, und er weint als 26-jähriger Mann vor Gott (V. 27).
  • Er argumentiert oder relativiert das Gehörte nicht, sondern nimmt es ernst.
  • Er zweifelt nicht an der Echtheit des Buches, sondern erkennt es als Gottes Wort an.
  • Er betrachtet es nicht als „veraltet“, sondern als gültig und verbindlich.
  • Er wendet die Worte auf sich und das Volk an, erkennt, dass sie sich schuldig gemacht haben, und tut Buße.
  • Er verfällt nicht in Aktionismus, sondern demütigt sich zunächst vor Gott. Als äußeres Zeichen seiner inneren Betroffenheit zerreißt er seine Kleider (vgl. Joel 2,13).

Josias Reaktion zeigt seine tiefe Ehrfurcht vor Gottes Wort – ein Vorbild für uns. Er erinnert an die Gläubigen in Thessalonich, die das Wort Gottes annahmen, „nicht als Menschenwort, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort“, das in ihnen wirkte (1. Thes 2,13). 

Josias Sohn Jojakim handelte später ganz anders. Als Jojakim die Buchrolle mit den Prophezeiungen Jeremias von Jehudi vorgelesen bekam, zerschnitt er die Rolle Stück für Stück und verbrannte sie im Kohlenbecken (Jer 36,21–24). Hochmütig und stolz verachtete er das Wort Gottes. Niemand von uns wird mit dem Wort Gottes buchstäblich so umgehen. Aber wenn wir nicht alles, was in Gottes Wort steht, anerkennen, sondern unbequeme Bibelstellen ignorieren, gehen wir einen ersten Schritt in die Richtung dessen, was Jojakim getan hat. Dann „schneiden“ auch wir etwas von Gottes Wort weg.

⇒Jojakim machte sich selbst zum Beurteiler von Gottes Wort und verwarf es.

⇒Josia ließ sich von Gottes Wort beurteilen und demütigte sich vor Gott.

Wem wollen wir gleichen?

 

Josia will es genau wissen

Nachdem Josia die Worte aus dem Gesetz gehört und sich gedemütigt hat, wird er aktiv. Er will die Gedanken des Herrn genauer erkennen und wissen, was er nun für sich und für das Volk tun soll. Er merkt, dass er dabei Hilfe braucht und schickt einige Männer los, um den Herrn durch die Prophetin Hulda zu befragen.

Haben auch wir solch ein Interesse, Gottes Wort besser zu verstehen und richtig anzuwenden? Dann ist es hilfreich, wenn wir Rat suchen bei anderen, die schon mehr Erfahrungen mit dem Herrn gemacht haben und uns im Glaubensleben weiterhelfen können. Zusätzlich stehen uns heute viele gute Bibelauslegungen zur Verfügung, die uns helfen können, Gottes Wort besser zu verstehen. Nutzen wir diese Möglichkeiten?

Der Herr gibt Josia durch Hulda eine doppelte Antwort:

  1. Eine ernste Botschaft für das Volk: Das Gericht Gottes wird über Jerusalem kommen, weil das Volk Gott verlassen und anderen Göttern geräuchert hat (V. 23-25).
  2. Eine gnädige Botschaft für Josia persönlich: Weil Josia sich gedemütigt hat, wird er das angekündigte Unglück nicht selbst erleben, sondern erst nach seinem Tod eintreffen (V. 26-28).

 

Josia handelt nach Gottes Wort

Josias Reaktion auf diese beiden Botschaften ist bemerkenswert:

Im Blick auf die erste Botschaft sagt er nicht: „Es hat keinen Zweck mehr, das Gericht kommt sowieso“. Er versinkt also nicht in Resignation. Im Blick auf die zweite Botschaft lehnt er sich nicht selbstzufrieden zurück, nach dem Motto: „Mich wird es ja nicht treffen. Ich kann in Ruhe weitermachen.“

Stattdessen fühlt Josia sich verantwortlich für sein Volk und wird tätig:

  1. Er lässt das ganze Volk zum Haus des Herrn kommen und sorgt dafür, dass Jung und Alt das ganze Wort des Gesetzes hören (V. 29.30).
  2. Er erneuert die Beziehung des Volkes zu Gott und lässt sie in einen Bund treten, dem Herrn zu folgen und ihm von ganzem Herzen und mit ganzer Seele zu gehorchen (V. 31.32).
  3. Er reinigt das Land Israel weiter vom Götzendienst (V. 33).
  4. Er sorgt dafür, dass das Volk dem Herrn das Passah feiert (Kap. 35)

Josia hat verstanden, dass Gottes Wort geliebt, ernst genommen und in allen Lebensbereichen angewendet werden muss. Das gilt zunächst einmal für unser persönliches Leben, aber auch für unseren gemeinsam Glaubensweg. Christentum ist kein Einzelgängertum. Gott hat uns mit anderen Gläubigen zusammengestellt, mit denen wir den Weg gemeinsam gehen. Im Miteinander braucht es oft einen „geistlichen Motor“, jemanden, der die Initiative ergreift und andere mitzieht. Doch um auf andere einen guten Einfluss ausüben zu können, muss das Wort Gottes zuerst unsere eigenen Herzen und Gewissen berührt haben. Josia war solch ein Vorbild und „Motor“.

 

Und wir?

Wir wollen uns Josia zum Vorbild nehmen: Auf Gottes Wort hören, es unser Leben prägen lassen, und danach handeln – persönlich und in der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen. Gehorsam gegenüber Gottes Wort führt zu reichem Segen und geistlichem Wachstum. Es kommt nicht darauf an, ein Führer im Volk Gottes zu sein wie Josia. Seine Herzenshaltung und seine Lebenspraxis sollten Vorbild für jeden von uns sein.