Bibel praktisch

Der untreue Verwalter

In Lukas 15 illustriert der Herr Jesus in drei Gleichnissen die Liebe und Gnade
Gottes, wie Er das Verlorene sucht. In dem letzten Gleichnis, das man gewöhnlich das ,,Gleichnis von dem verlorenenSohn" nennt, wird deutlich, wie Gott sich über einen Menschen erbarmt, der sein gesamtes Erbe vergeudet hatte. Doch dieser Mensch kehrte eines Tages zurück und wurde mit großer Freude von dem Vater empfangen. Der zweite Sohn war jedoch über das Verhalten seines Vaters sehr ärgerlich. Es ist nicht schwer, in dem zweiten Sohn ein Bild des Volkes Israel zu erkennen, das nicht begreifen wollte, daß Gottes Liebe und Gnade sich elenden Menschen zuwenden würde, wie sie es im Grunde selbst waren. Ob die Pharisäer und Schriftgelehrten, die zuhörten (15,2), wohl verstanden, daß der Herr mit dem zweiten Sohn sie meinte?Jedenfalls hatten sie sich darüber geärgert, daß Jesus Sünder aufnahm und mit ihnen aß.


Übrigens war der Herr auf dem Weg nach Jerusalem, um dort zu sterben (Lk 9,51.57; 18,31). Es würde nicht mehr lange dauern, daß sich durch seinen Tod ein völliger Wechsel in Gottes Wegen mit dem Menschen vollziehen würde. Israel würde seine besondere Stellung für eine Zeit verlieren, und die Gnade Gottes würde sich allen Menschen der ganzen Erde zuwenden.

0bwohl der Herr das Gleichnis von dem ungerechten Verwalter zu seinen Jüngern sprach, waren dennoch Pharisäer in der Nähe, die zuhörten (16,14).

Welcher Gläubige erfreut sich nicht an der unendlichen Gnade, die Gott dem Sünder zuwendet, wie das in dem vorigen Gleichnis deutlich wird? Doch sind wir als Jünger des Herrn Jesus ebenso bereit, die Belehrungen des nun folgenden Gleichnisses aufzunehmen? Wir hören gern von der Gnade. Hören
wir ebenso aufmerksam zu, wenn uns unsere Verantwortung vorgestellt wird?


Da war ein reicher Mann, der die gesamte Verwaltung seines Besitzes (Geld, Anwesen, sonstiges Vermögen) einem Verwalter anvertraut hatte. Und was tat dieser Verwalter? Er erwies sich als untreu. Eine Seltenheit? Tausendfach ist das geschehen, und es geschieht heute noch. Hat Gott nicht einem Volk - Israel - vor allen anderen sehr viel anvertraut (vgl. Röm 3,2)? Und was hat dieses Volk damit gemacht? Veruntreut! Laßt uns nicht so schnell mit dem Finger auf dieses Volk zeigen. Hat die Christenheit das treu verwaltet, was Gott ihr anvertraut hat? Und hat Gott nicht jedem Menschen etwas anvertraut? Dir und mir? Was haben wir damit gemacht?

Der Verwalter soll Rechenschaft ablegen; er soll seine Bücher offenlegen, damit sein Herr den wirklichen Schaden erkennen kann. In diesem Augenblick denkt der Verwalter nach. Ihm ist klar, daß ihm die Verwaltung abgenommen wird. Was soll er machen? Graben? Seinen eigenen Lebensunterhalt mit harter Feldarbeit verdienen? Das kann er seiner Meinung nach nicht. Oder will er es nicht? Dann bleibt das Betteln übrig. Diese Möglichkeit kommt für ihn auch nicht in Betracht, er würde sich schämen. Erkennen wir darin nicht wieder das Volk Israel? Das Gesetz halten wollte das Volk nicht. Ja, sie hätten es tatsächlich auch nicht gekonnt. Und betteln? Wer kommt schon gern als Bettler zu Gott? Doch jeder Mensch muß wie ein Bettler zu Gott kommen. Niemand von uns konnte Gott etwas bringen. Wir waren alle bettelarm und hatten keinerlei Anspruch auf eine Zuwendung. Doch als wir wie Bettler kamen, hat Gott uns Vergebung der Sünden geschenkt und uns überreich gesegnet.


Der Verwalter hatte eine andere Idee: Er rief alle zusammen, die seinem Herrn etwas schuldeten. Im Handumdrehen erließ er ihnen einen Teil der Schuld. Umgerechnet schenkte er dem einen eine Schuld von etwa DM 20.000,-; dem nächsten etwa DM 6.000,-. Das scheinen nur zwei Beispiele für weitere Nachlässe zu sein. Sein Herr erfährt davon. Er durchschaut die Handlungsweise seines Verwalters und lobt ihn sogar noch dafür.

An dieser Stelle bricht das Gleichnis ab. Es besteht kein Zweifel daran, daß dieser Verwalter in höchstem Grade untreu war. Er setzte mit dem Nachlaß all seiner früheren Untreue noch die Krone auf. Und doch zeigt sich gerade in
dem letzten Handeln eine besondere Klugheit. In dieser Hinsicht sind die
Söhne der Welt ihrem eigenen Geschlecht gegenüber klüger als die Söhne des Lichts.


Wir wollen beachten, daß es nicht der Herr Jesus ist, der diesen untreuen Verwalter lobt. Aber Er zieht aus diesem Verhalten wichtige Belehrungen für seine Jünger. Als der untreue Verwalter den anderen die Schulden erließ, dachte er an sich und an seine Zukunft. An sich und seine Zukunft denken? Ja, genau das! Das ist wichtig für Jünger des Herrn Jesus. Warum denken wir so wenig an uns und unsere Zukunft? Warum denken wir oft so irdisch und augenblicksbezogen? Irdischer Reichtum (Besitz, Geld usw.) kann einen großen Einfluß auf uns ausüben, so daß wir das Zukünftige aus dem Auge verlieren und anfangen, so zu leben, wie die Menschen dieser Welt es tun.


Darum fordert der Herr Jesus die Jünger auf, sich Freunde mit dem ungerechten Mammon zu machen. Das Wort Mammon ist von einem aramäischen Wort abgeleitet und bedeutet soviel wie ,,Reichtum jeder Art". Der Herr gebraucht dieses Wort hier als einen schändlichen Namen für das, wonach ein Mensch verlangen kann und woran er sein Herz hängt. Außerdem sagt Er von dem Mammon, daß er ungerecht sei.


Mit der Anhäufung von Geld und Besitztum ist sehr oft Ungerechtigkeit verbunden, obwohl der Besitz an sich weder sündig noch unrein ist. Die Art und Weise, wie