Post von Euch
Worum geht es in Sprüche 8,22-31
Frage: Es geht um Sprüche 8,22 bis 31. Ich den-ke, daß es bei diesem Abschnitt in erster Linie um die Weisheit geht. Wenn man auch eine Anwendung auf den Herrn Jesus machen kann (im Sinne von 1. Kor 1,24 oder Joh 1,18), so ist dies sicher nicht die erste Absicht des „Dichters Salo-mo". Besonders bei Vers 22 kommt man in Schwierigkeiten, da das in der unrevidier-ten Elberfelder übersetzte Wort „besaß" eher „schaffen, erzeugen, hervorbringen" bedeutet. Es wäre schön, wenn Ihr insgesamt etwas zu diesem Abschnitt schreiben könntet (auch über die Anwendungsmöglichkeiten auf den Herrn).
W. Elter, Duisburg
Antwort: In Sprüche 8, Verse 22 bis 31, bringt die personifizierte Weisheit in hochpoetischer Sprache ihre Würde und ihre Existenz vor jedem Schöpfungsbeginn zum Ausdruck. Man spürt jedoch, daß gewisse Wendungen über die bildhafte Sprache hinaus auf eine tatsächliche, außergewöhnliche Person hinzudeuten scheinen. Aus den zehn Versen allein wäre diese Person allerdings nicht eindeutig zu identifizieren. Erst durch spätere biblische Offenbarungen wird deutlich, daß hier schon andeutungsweise von Gott, dem Sohn, wie Er uns im Johan-nesevangelium, Kapitel 1, oder in Hebräer 1 als das Wort beschrieben wird, die Rede ist. Trotzdem sollten wir nicht vergessen, daß Salomo hier - wie auch in den Abschnitten Sprüche 1,20-30; 3,15-18; 9,1-12 - zuerst und vordergründig über Weisheit in der üblichen Bedeutung spricht.
Liest man nun Vers 22 unseres Kapitels in verschiedenen Bibelübersetzungen nach, dann fällt sofort auf, daß das Verb im ersten Satz auf zweierlei Weise übersetzt wird, nämlich „der HERR besaß mich" bzw. „der HERR schuf mich" oder in ähnlicher Formulierung. Grammatikalisch sind beide Deutungen des hebräischen Verbs (ganah), das im Grundtext steht, möglich. Aber die beiden Aussagen, die sich dann je nach dem gewählten Verb ergeben, unterscheiden sich doch beträchtlich. Gerade weil hier vorbildlich auch von dem Sohn Gottes geredet wird, wäre eine klare Entscheidung schon wünschenswert. Da die Grammatik uns nicht dazu verhelfen kann, müssen wir uns nach eindeutigen Schriftaussagen zu diesem Problem umschauen.
Am meisten hilft uns da vielleicht Römer 16, Vers 27, weiter:
„Dem allein weisen Gott, durch Jesus Chri-stus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.
Der Titel allein weiser Gott schließt den Gedanken einer „irgendwann später" erfolgten Erschaffung oder gar eines Erwerbes der Weisheit völlig aus. War Er denn nicht von jeher der allein weise Gott? Von wem hätte Gott übrigens Weisheit erwerben sollen? Ein absurder Gedanke! Schon Jesaja fragt angesichts der sichtbaren Schöpfung:
„Wer hat den Geist des HERRN gelenkt, und wer, als sein Ratgeber, ihn unterwiesen? Mit wem beriet er sich, daß er ihm Verstand gegeben und ihn belehrt hätte über den Pfad des Rechts, und ihn Erkenntnis gelehrt und ihm den Weg der Einsicht kundgemacht hät-te?" (es 40,13.14; vgl. Röm 11,33-36).
Die Berechtigung von Jesajas Frage wird durch den folgenden Vers aus Daniels Dankgebet unterstrichen:
„Daniel hob an und sprach: Gepriesen sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit! Denn Weisheit und Macht, sie sind sein" (Dan 2,20).
Eine weitere Schriftstelle, die in einem anderen Zusammenhang das eben Gesagte bestätigt, findet sich im Epheserbrief. Paulus beschreibt dort, welche Aufgabe ihm die göttliche Gnade zugedacht hat, und nennt u.a.:
„Und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat; damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Ortern durch die Versammlung kundgetan werde die sehr mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem ewigen Vor-satz, den er gefaßt hat in Christus Jesus, unserem Herrn" (Eph 3,9-11).
Gottes Weisheit ist und äußert sich sehr mannigfaltig (wörtl. vielfarbig), z.B. in der Schöpfung, in seinen Wegen mit Israel, in seinem Wort, in dem Erlösungsplan, in der Versammlung.
Die ganze bisherige Gnadenzeit hindurch nimmt vor der staunenden unsichtbaren Welt ein zuvor unbekannter ewiger Vorsatz oder Plan Gottes in Form der Versammlung (Gemeinde) Gestalt an: Herausgerufene Erlöste aus Israel und den Nationen werden zu einem Leib zusammengefügt, dessen Haupt der auferstandene und erhöhte Christus ist.
Es gab also einen ewigen Vorsatz Gottes, seine mannigfaltige Weisheit in Verbindung mit Christus Jesus durch die Versammlung öffentlich zum Ausdruck zu bringen.
Von der gleichen Sache redet Paulus zu den Korinthern als dem Inhalt seiner Verkündigung:
„Sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, die Gott vor den Zeitaltern zu unserer Herrlichkeit zuvorbestimmt hat; die keiner von den Fürsten dieses Zeitlaufs erkannt hat - denn wenn sie sie erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben" (1. Kor 2,7.8).
Kommen wir nun zu Sprüche 8, Vers 22, zurück. - Angesichts der Aussagen, die die vorstehend zitierten Verse enthalten, kann man eigentlich nur die Übersetzung „Der HERR besaß mich im Anfang seines We-ges" oder eine ähnliche Formulierung gleicher Bedeutung als biblisch haltbar ansehen, was auch immer grammatikalisch außerdem möglich wäre.
Dann war noch die Frage, wie der Abschnitt Sprüche 8, Verse 22 bis 31, auf den Herrn anzuwenden sei. Unsere Antwort müssen wir hier auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränken. - In diesen zehn Versen werden in poetischer Sprache bestimmte Schöpfungshandlungen beschrieben, doch genaugenommen weder als Handlungen der personifizierten Weisheit noch als Handeln des HERRN durch seine Weisheit (wie z.B. in Sprüche 3, Vers 19). Die Beschreibung will also vorrangig nicht den Schöpfer preisen, sondern vielmehr drei gewaltige Tatsachen hervorheben, nämlich, daß die hier als Weisheit vorgestellte Person vor den Werken des HERRN von jeher existierte (Verse 22 und 23), daß sie beständig die Wonne des HERRN bildete (Vers 30) und daß sie ihrerseits ihre Wonne, ihr Wohlgefallen an den Menschenkindern fand (Vers 31). Die vollständige Entsprechung der so beschriebenen Weisheit kann niemand als Christus sein, „der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit" (Röm 9,5). Hier steht also - wie wir im Rückblick erkennen können - der Sohn Gottes vor uns, das Wort aus Johannes 1, das Gott ist und im Anfang bei Gott war. Er sagt in Johannes 17, Vers 24, zum Vater: „Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt." Selbstverständlich ist hier in Sprüche 8 noch alles dichterische Umschreibung; die lehrmäßigen Aussagen über die Personen der göttlichen Dreiein-heit finden wir erst im Neuen Testament.
Worauf mögen sich die Worte der personifizierten Weisheit: „Meine Wonne war bei den Menschenkindern" (Vers 31b) beziehen? Denn wie auch immer Gott den Gehorsam der Menschen in vergangenen Zeitepochen erprobte - das Ergebnis war stets negativ. Gottes Fazit ist völlig niederschmetternd: „Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich gewor-den; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer" (Röm 3,12). Alle Nachkommen Adams konnten nur Gottes Zorn, niemals aber sein Wohlgefallen hervorrufen. Nichts als bedingungslose Gnade konnte etwas daran ändern.
So darf man heute in der hier ausgedrückten Wonne an Menschenkindern sicher schon eine Andeutung über den ewigen Vorsatz Gottes sehen, dessen Verwirklichung und Bekanntgabe freilich erst durch das Werk von Golgatha möglich wurden. Dieser vor Grundlegung der Welt gefaßte Vorsatz hat kurz gesagt zum Inhalt, daß Gottes vielgeliebter Sohn Mensch werden, verworfen werden, stellvertretend am Kreuz sterben, auferstehen und zur Rechten Gottes verherrlicht werden sollte. Damit würde dann für Gottes Gnade eine gerechte Grundlage gegeben sein, Menschen, die an den Herrn Jesus glauben, zu Kindern Gottes, zu Erben Gottes und Miterben Christi zu machen und ihnen einen Platz ewiger Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn im Vaterhaus zu geben. Sehr ausführlich wird in den ersten drei Kapiteln des Epheserbriefes über diesen Vorsatz gespro-chen, man sollte sie einmal in Ruhe lesen.
Ich führe hier zur Verdeutlichung lediglich zwei Stellen aus dem Epheser- und 2. Timotheusbrief an:
„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himm lischen Ortern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe, und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten" (Eph 1,3-6).
„Der uns errettet hat und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben, jetzt aber offenbart worden ist durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, der den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium" (2. Tim 1,9.10; s.a. Tit 1,1.2).
Nur aus dieser Sicht ist letztlich zu verstehen, weshalb die Weisheit hier in Sprüche 8 vorausschauend Wonne an den Menschenkindern bekunden konnte.
Kommentare
Nützliche Links
Elberfelder Übersetzung
Die Elberfelder Übersetzung Edition CSV ist eine wortgetreue Übersetzung der Bibel in verständlicher Sprache. Auf dieser Webseite können Sie den Bibeltext vollständig lesen und durchsuchen. Zudem werden Werkzeuge angeboten, die für das Studium des Grundtextes hilfreich sind.
www.csv-bibel.deDer beste Freund
Diese Monatszeitschrift für Kinder hat viel zu bieten: Spannende Kurzgeschichten, interessante Berichte aus anderen Ländern, vieles aus der Bibel, Rätselseiten, Ausmalbilder, Bibelkurs, ansprechende Gestaltung. Da Der beste Freund die gute Nachricht von Jesus Christus immer wieder ins Blickfeld rückt, ist dieses Heft auch sehr gut zum Verteilen geeignet.
www.derbestefreund.deIm Glauben leben
Diese Monatszeitschrift wendet sich an alle, die ihr Glaubensleben auf ein gutes Fundament stützen möchten. Dieses Fundament ist die Bibel, das Wort Gottes. Deshalb sollen alle Artikel dieser Zeitschrift zur Bibel und zu einem Leben mit unserem Retter und Herrn Jesus Christus hinführen.
Viele Artikel zu unterschiedlichen Themen - aber immer mit einem Bezug zur Bibel.
www.imglaubenleben.de