Bibel praktisch

Der Missionsbefehl

Ein Missionar wunderte sich darüber, wieviel Reklame für ausländische Erzeugnisse er in einer indischen Stadt vorfand. Das veranlaßte ihn zu der Frage, ob auch jemand dort etwas von Jesus wüßte. „Ich habe noch nichts von Ihm gehört" antwortete der erste Mann, den er fragte.

Der zweite erwiderte: „Wenn Sie dieser Straße folgen, finden Sie nach etwa zwei Meilen ein Polizeirevier. Dort sollte man Ihnen Auskunft geben können." Der dritte Mann antwortete: „Ja, ich habe schon von Jesus gehört. Vor etwa sechs Jahren waren ein paar junge Leute hier und sangen von Ihm und erzählten uns ein bißchen aus Seinem Leben." Das war alles, was er in seinem ganzen Leben gehört hatte.

Dann fragte der Missionar einen Bauern: „Haben Sie schon etwas von Jesus gehört?" „Nein", lautete die Antwort. Ohne seine Arbeit zu unterbrechen, sagte der Bauer: „Ich kenne Ihn nicht." Der Missionar kleidete daraufhin seine Frage in eine andere Form. Der Bauer richtete sich nun auf und sagte: „Ich weiß nicht, was Er anhat, weiß nicht, was Er ißt, was Er arbeitet. Ich weiß nicht, wo Er wohnt. Er kam nie an diesen Ort."

Nein, die Frohe Botschaft von Jesus Christus kam nie in dieses Dorf, auch nicht in eine Million anderer Dörfer gleich diesem in Indien und zahllose andere Dörfer in der ganzen Welt. Sie wird nie dorthin kom-men, wenn wiemand von uns hingeht.

Und doch hat unser Herr Jesus Christus gesagt: „Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe" (Genfer Übersetzung).


Der Auftraggeber

Schauen wir kurz hin zu dem Berg in Galiläa, wohin der Herr Seine elf Jünger bestellt hatte. Diese Männer waren zutiefst von Seiner Persönlichkeit beeindruckt, und alle warfen sich vor Ihm nieder, während einige zweifelten - was der Evangelist uns nicht unter-schlägt. Bevor der Herr diese Worte redete, die wir eben erwähnt haben, machte Er noch diese bedeutungsvolle Feststellung: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden." Kurz danach würde Er Seinen Herrschaftsplatz dort einnehmen, d.h. auch Seine Macht ausüben. Das sollten die Menschen ebenso wissen, wie es den himmlischen Bewohnern bekannt ist. Der Gekreuzigte und jetzt Auferstandene hat von Gott alle Autorität bekommen, wenn auch aller Anschein hier unten dagegen spricht. Petrus hat das in seinen großen Reden ausdrücklich verkündigt (Apg 2,36; 5,31). Und natürlich gilt Seine Macht auch auf der Erde. Nun, dann konnten die Jünger u.a. ihre Angelegenheiten getrost ihrem Herrn überlassen. Er würde für sie sorgen. Das ist sozusagen der Hintergrund für den Befehl des Herrn (vgl. Apg 1,2).


Und die Reaktion?

Die Apostel verstanden es sicherlich richtig: Es ging nicht in erster Linie darum, daß Menschen errettet werden und ein ausgefülltes Leben führen sollen, wenn das auch in einer Hinsicht wahr ist, vielmehr macht der Herr Jesus Seine Rechte an die Menschen geltend. „Wir predigen nicht, um Menschen zu bekehren, wir predigen Christus um Christi wil-len, aber wir sind über-zeugt, daß da, wo Gottes Wort in aller Klarheit und Reinheit verkündigt wird, sich Menschen ohne unser Zutun bekehren werden" (W. Dyck). Diese Prediger waren im Anfang die Apostel. Diese Männer leben schon lange nicht mehr, aber das ist doch klar, daß die Botschaft von solcher Bedeutung ist, daß sich kein Christ, kein Jünger Jesu von heute Seinem Ruf entziehen kann. Das wird wohl niemand ernsthaft bestreiten.

Also: Befehl ist Befehl! Das Wort kennt man heute fast nur noch aus der Soldatensprache - und in der Bibel steht es auch, wie schon gesagt. Ich will gar nicht darauf hin-aus, daß Befehlsverweigerung bestraft wird. Ich wollte lieber sagen: Hier ist ein bestimmter Auftrag des Herrn, wir können nicht ausweichen, Du nicht, ich nicht!


Mit der Ausführung ist das so eine Sache

Der berühmte Mose weigerte sich zuerst ent-schieden, Gottes Auftrag auszuführen. Er argumentierte so lange mit dem HERRN, bis Er erzürnte. Aber Gott ließ keinen Augenblick nach, höchstens, daß Er ihm Aaron zur Seite stellte (2. Mo 4,1-17).

Der Prophet Jeremia hatte seine an sich nicht unberechtigten Einwendungen, der HERR sprach ihm Mut zu ( Jer 1,6-8). Später, als er wegen des allseitigen Gelächters nicht mehr weiter wollte, schreibt er: „Es ist in meinem Herzen wie brennendes Feuer ..., ich werde müde, es auszuhalten, und vermag es nicht" (Jer 20,9). Ich wünschte, in jedem von uns würde etwas von diesem Feuer brennen, damit wir nicht in unserem Sessel sitzen bleiben. Wir lernen, daß weder das Bewußtsein unserer eigenen Unfähigkeit noch unsere Jugend Gründe genug sind, den Auftrag des Herrn abzulehnen.

Schließlich hatte auch der Prophet Jona seine massiven Vorbehalte, ganz anderer Art als die vorigen. Merke: Gott war und ist unerbittlich! Jona - und vielleicht auch wir können uns viel Mühe ersparen, wenn wir gleich gehorchen.

Wenig wissen wir von dem Apostel Tho-mas. Er hatte seine Probleme mit der Auferstehung seines Herrn. Aber als er Ihn leibhaftig vor sich sah und die unerwarteten Worte hörte: „Reiche deine Hand her ..., und sei nicht ungläubig, sondern gläubig da brach er mit den Worten zusammen: „Mein Herr und mein Gott!" Joh 20,27.28). Dieser tiefe Eindruck ging mit ihm. Wenn wir den Überlieferungen Glauben schenken dürfen, dann hat er entweder in Indien oder auch Persien gewirkt. Das war jedenfalls weit weg von Jerusalem und seiner Heimat, also in völlig anderen Verhältnissen. Wie alle Apostel soll auch er den Märtyrertod gestorben sein.

Einer der bekannten Evangelisten unserer Zeit - Wolfgang Dyck - wurde aus einem wüsten Vorleben vom Herrn gerettet. Nach insgesamt etwa elf Jahren Zuchthausstrafe kam er 1959 in Stuttgart zum Glauben. Von diesem Tag an hat er nicht mehr schweigen können von dem, der ihm seine Schuld vergeben und ihm neues Leben geschenkt hat. Seine mehrwöchigen Evangelisatio-nen endeten fast immer mit einer Predigt über den Missionsbefehl.


Dieser „Mann vom Fach"

kann es viel besser sagen als ich: „Viele haben vielleicht zu Haus eine wunderschöne Bibel mit Goldschnitt und Reißverschluß im Schrank stehen. Man kann auch sagen, daß 'Schrank' und 'beschränkt' sehr viel miteinander zu tun haben. Es gibt sehr viel auf Bücherschränke beschränktes Christentum in Deutschland, teuer bezahlt, aber nur zur Dekoration. Wer soll also predigen? Jeder Christ sollte ein Botschafter an Christi Statt sein. Jeder Christ ein Missionar, eine wandelnde Bibel auf zwei Schuhsohlen, ein offener Brief, zu lesen für jedermann - ein Eilbrief."

Auf die Frage, warum wir eigentlich evangelisieren sollen, antwortet der gleiche Mann:

„Der Missionsbefehl liegt vor, nicht etwa, seitdem die Kirche (Gemeinde oder Versammlung, das macht nichts aus) keine Leute mehr in ihren Räumen hat und es nun nötig hat, wie mir ein intelligenter junger Mann sagte, in die Kneipe zu gehen, um wenigstens ein paar Fische in diesem Teich zu fangen. Wir haben unseren Missionsbe-fehl nicht von den leeren Bänken und Stüh-len, und wir haben unseren Missionsbefehl auch nicht von den Bedürfnissen unserer Zeit, sondern wir haben unseren Missionsbefehl von dem Herrn der Mission. Der Herr der Mission ist Gott in Jesus Christus."

Neulich las ich in einer Missionszeitschrift: „Die Fische sind da, die Netze auch, wo aber sind Fischer?"

Seitdem beschäftigt mich diese Frage vielleicht mehr als den Leser. Ich wünsche aber auch, daß sie einen - hoffentlich mehrere - „Folge mir nach"- Leser nicht mehr losläßt.