Personen der Bibel

Falsche Fassade

Es tut mir leid – so gerne ich dir positive Vorbilder aus der Bibel vorstellen würde: Heute sind vier Negativbeispiele dran …

 

Der Auftakt des Absalom-Berichts in 2. Samuel 13 und 14 ist ein besonders dunkler Abschnitt im Wort Gottes – ein familiäres Drama aus Manipulation, sexueller Gewalt, Rache und Mord. Dabei weisen alle männlichen Charaktere große Defizite auf; selbst David, der Mann nach dem Herzen Gottes, gibt keine gute Figur ab. Die im Bibeltext erwähnten Eigenschaften, die auf den ersten Blick positiv erscheinen, erweisen sich bei näherer Untersuchung als scheinheilig und falsch.

 

Absalom: Falsche Schönheit

„In ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm“

2. Samuel 14,25

 

Genau wie damals bei Saul (1. Sam 9,1-2; 10,23.24) lesen wir von Absalom, dass er der schönste Mann im ganzen Land ist! Besonders stolz ist der eitle Prinz auf seine Haare, wie der nächste Vers deutlich macht: Einmal im Jahr lässt er seine prächtige Mähne schneiden und die abgeschnittenen Haare wiegen. Doch leider stimmt das Äußere nicht mit dem Inneren überein: Der selbstverliebte Absalom ist äußerlich wunderschön und anziehend, aber innerlich hässlich und abstoßend.

Dasselbe sagt der Herr einmal über die Pharisäer, die wie Gräber „von außen zwar schön scheinen, innen aber voll von Totengebeinen und aller Unreinigkeit sind“ (Mt 23,27). Wenn im oben zitierten Vers betont wird, dass Absalom makellos von der Fußsohle bis zum Scheitel ist, trifft jedoch in geistlicher Hinsicht ein Wort aus dem Propheten Jesaja auf ihn zu: „Von der Fußsohle bis zum Haupt ist nichts Gesundes an ihm“ (Jes 1,6). Ja, Absaloms Herz ist verdorben und finster, seine eigenen Pläne und Vorstellungen sind ihm wichtiger als Gottes Gedanken – auch darin ähnelt er Saul. Und ebenso wie bei Saul wird auch die attraktive Erscheinung dazu beigetragen haben, dass sich viele Menschen in Israel diesen Prinzen als Thronfolger wünschen und seine spätere Revolte unterstützen werden.

Absaloms Eitelkeit ist auch für uns heute eine Ansprache: Wir lernen, dass innere Schönheit für Gott wichtiger ist als äußere Makellosigkeit. „Der Mensch sieht auf das Äußere, aber der Herr sieht auf das Herz“ (1. Sam 16,7). Wie viel Zeit verbringe ich vor dem Spiegel? Wie viel Zeit mit meiner Bibel? Habe ich nur „die Haare schön“ oder bin ich auch „schön für Gott“ (Apg 7,20)? Wenn ich Eigenschaften des Herrn Jesus in meinem Leben zeige, sieht Gott etwas von seinem Sohn in mir. Das macht meine Schönheit für Gott aus!

 

Amnon: Falsche Liebe

„Es geschah danach: Absalom, der Sohn Davids, hatte eine schöne Schwester, ihr Name war Tamar; und Amnon, der Sohn Davids, liebte sie. […] Und Amnon hasste sie mit sehr großem Hass; denn der Hass, mit dem er sie hasste, war größer als die Liebe, mit der er sie geliebt hatte“

2. Samuel 13,1.15

 

Tamar ist ebenso wie ihr Bruder Absalom durch schönes Aussehen gesegnet – passend zu ihrem Namen: Tamar bedeutet nämlich „Palme“ und steht für Fruchtbarkeit und Anmut. Tamars Attraktivität zog die Aufmerksamkeit Amnons, des ältesten Sohnes Davids, auf sich. „Amnon … liebte sie“: Doch das, was Amnon Liebe nennt, ist keine echte Liebe. Es ist ein egoistisches Verlangen nach einer hübschen Frau, es ist lediglich sexuelles Begehren. Nach der Befriedigung seiner Lust verliert er jedes Interesse an ihr. Sein herabsetzendes Verhalten nach der Vergewaltigung zeigt, dass er überhaupt kein echtes Interesse an der Person Tamars hat. Ja, Amnons Empfindungen schlagen sogar ins Gegenteil um, aus Liebe wird Hass: Seine plötzliche Abneigung gegen Tamar ist stärker als seine frühere Zuneigung zu ihr.

Amnons Emotionen sind eine ernste Warnung: Achte auf deine Gefühle! Lass dich dabei nicht vom bösen Zeitgeist beeinflussen! Denn das, was in Liedern und Videos als Liebe propagiert wird, ist häufig nichts anderes als egoistische Lust. Besonders junge Männer sollen sich von Amnon warnen lassen, sich nicht von sexueller Lust beherrschen zu lassen. Man kann für zehn Minuten Lust sein ganzes Leben vor die Wand fahren. Echte Liebe kann warten – warten auf den richtigen Ehepartner. Denn Gott möchte, dass Sexualität in einem geschützten Raum, in der Ehe, ausgelebt wird. Gott ist kein Spaßverderber, Er meint es gut mit uns!

Echte Liebe ist also ganz anders als Amnons Auffassung von Liebe: Echte Liebe „sucht nicht das Ihre“ (1. Kor 13,5), sondern hat das Wohlergehen des anderen im Blick. Echte Liebe nimmt nicht, sondern gibt. Auch darin ist Christus das vollkommene Vorbild, denn Er hat aus Liebe zu uns sogar sein Leben gegeben (Gal 2,20).

 

Jonadab: Falsche Weisheit

„Und Amnon hatte einen Freund, sein Name war Jonadab, der Sohn Schimeas, des Bruders Davids; und Jonadab war ein sehr kluger Mann“

2. Samuel 13,3

 

Jonadab ist ein Cousin der Prinzen Amnon und Absalom und gleichzeitig einer der besten Freunde Amnons. Am königlichen Hof geht er ein und aus, man schätzt seinen klugen Rat (vgl. Kap. 13,32). Tatsächlich muss dieser Mann einen außerordentlich scharfen Verstand besitzen, immerhin ist er die einzige Person, die in der Bibel als „sehr klug“ bezeichnet wird. Leider ist seine Weisheit genauso falsch wie Amnons Liebe. Mehr noch: Jonadabs vermeintliche Weisheit ist teuflisch, seine Klugheit nichts anderes als die Listigkeit der Schlange (1. Mo 3,1). Als er von Amnons Schwärmen für Tamar erfährt, gibt er seinem Freund einen gerissenen Ratschlag, wie dieser an Tamar herankommt. Dieser Rat führt schließlich zur Vergewaltigung Tamars durch Amnon. Der Apostel Jakobus beschreibt Jonadabs Art von Weisheit treffend: „Dies ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, sinnliche, teuflische“ (Jak 3,15). Und Jeremia sagt über solche Menschen: „Weise sind sie, Böses zu tun“ (Jer 4,22).

Ja, wenn begabte Menschen ihre Fähigkeiten ohne moralischen Kompass einsetzen, richten sie einen verheerenden Schaden an. Männer wie Jonadab sind noch gefährlicher als Männer wie Amnon: Während der hormongesteuerte Amnon nur die Befriedigung seiner sexuellen Begierden sucht, ist der kopfgesteuerte Jonadab zu jeder Skrupellosigkeit bereit. Er verführt andere und reißt sie ins Verderben.

Für was setzt du deinen Verstand ein? Handelt es sich um einen guten Rat, wenn du deinem Freund einen Tipp gibst? Und andersherum: Wen fragst du um Rat? Achte darauf, dass du geistliche Freunde ansprichst, die „Weisheit von oben“ besitzen, also vom Heiligen Geist geleitet und auf das Wort Gottes gegründet sind. Das gilt nicht nur in Fragen der Liebe, Partnerschaft und Sexualität.

„Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, dann friedsam, milde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt“ (Jak 3,17).

 

David: Falsche Milde

„Und David rief Absalom; und er kam zum König und warf sich auf sein Gesicht zur Erde nieder vor dem König, und der König küsste Absalom“

2. Samuel 14,33

 

Nach der Vergewaltigung Amnons war David richtig zornig geworden, er konnte seinen Zorn kaum an sich halten (2. Sam 13,21) – aber leider blieb es dabei : kein Tadel gegenüber seinem ältesten Sohn, schon gar kein richterliches Urteil über diese Schandtat, die nach dem Gesetz eigentlich mit dem Tod bestraft werden musste (3. Mo 20,17).

Ähnlich verhielt es sich nach Absaloms Rachemord1. Wieder zeigte David eine falsche Milde: Statt das Böse in seiner Familie zu verurteilen und gottgemäß zu richten, sehnte er sich nach Absalom (2. Sam 13,39). Davids lasches Auftreten gegenüber dem sündigen Verhalten seiner Söhne erinnert uns an den Hohenpriester Eli, der dem unmoralischen Treiben seiner beiden Söhne ebenfalls keinen Einhalt bot (1. Sam 2,22-25). Deshalb ließ Gott ihm ausrichten: „Du ehrst deine Söhne mehr als mich!“ (1. Sam 2,29).

Nach ein paar Jahren im Exil ließ David seinen Sohn Absalom zurück nach Jerusalem holen, zunächst noch unter Hausarrest (2. Sam 14,24). Doch jetzt wird David weich und holt Absalom zu sich, zur Begrüßung küsst er ihn sogar. Ende gut, alles gut? Nein! David übt Gnade auf Kosten der Gerechtigkeit – das ist falsche Gnade. Davids Kuss spricht von einer falschen Versöhnung. Sie wird Davids Leid nur vergrößern, weil sie Absaloms Rebellion begünstigt (2. Sam 15). Der springende Punkt ist nämlich der: Absalom hat seine Schuld nicht bekannt, er hat sie nicht mal eingesehen. Gottes Wort lehrt uns aber, dass echte Versöhnung nur auf einer gerechten Grundlage erfolgen kann – und das erfordert Buße, Bekenntnis und Sündenvergebung.

Und bei uns? Unsere Zuneigung zu Verwandten oder Freunden kann leicht zu einer unangemessen Milde gegenüber (krassen) Sünden führen. Wir stehen in der Gefahr, die Fehler, die wir bei anderen klar erkennen und verurteilen, in unserer eigenen Familie oder im Freundeskreis zu verharmlosen. Echte Liebe dagegen zeigt sich nie tolerant gegenüber Bösem.

 


[1]Nachdem Amnon seine Schwester Tamar vergewaltigt hatte, sann Absalom auf Rache. Nach zwei Jahren bot sich ihm eine gute Gelegenheit: Anlässlich der Schafschur lud Absalom seine Brüder zu einem großen Fest auf sein Landgut ein. Dort ließ Absalom seinen Bruder durch seine Knechte ermorden.