In der Tugend aber die Erkenntnis

In der Tugend aber die Erkenntnis

2. Petrus 1,5

Petrus stellt in den ersten Versen seines zweiten Briefes den gläubig gewordenen Juden ihren Reichtum vor. Dieser ging weit über die ihnen im Alten Testament verheißenen, nämlich irdischen Segnungen hinaus. Ihnen war „alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt" worden (V. 3). Sie besaßen wirklich alles, selbst „die größten und kostbaren Verheißungen" (V. 4). Wie glücklich konnten sie sich schätzen, die gleichen Reichtümer zu besitzen wie der Apostel selbst (vgl. V. 1 und 4), und mit ihnen alle Gläubigen der Gnadenzeit!

Mit dem fünften Vers folgt dann die Aufforderung, Fleiß anzuwenden - hier geht es also um die Praxis. Von der Grundlage des Glaubens ausgehend, der gewissermaßen den Inhalt des christlichen Lebens ausmacht, nennt der Schreiber sieben Stücke, die eng miteinander verknüpft sind. Wenn es heißt: „in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die ..." usw., dann will das wohl sagen, dass das jeweils nächste Element keimartig in dem vorhergehenden enthalten ist, aber der Entfaltung bedarf. Das heißt, jedes dieser Stücke ist so zu verwirklichen, dass das folgende darin zur Darstellung kommt.

Die Anordnung der sieben Stücke kann man mit dem Aufbau einer Zwiebel vergleichen. Jede Schale umschließt eine weitere. Alle zusammen bilden eine Einheit. Keine darf fehlen. So wie das Wachstum der Schalen langsam und gleichzeitig geschieht, unterliegt auch die Verwirklichung der sieben Stücke einem gleichmäßigen Wachstumsprozess. Wir wollen uns im Folgenden mit den beiden ersten beschäftigen: mit Tugend und Erkenntnis.

„In der Tugend aber die Erkenntnis." Der Ausdruck „Tugend" kann sowohl mit „geistlicher Energie" als auch mit „Entschiedenheit" übersetzt werden.

Geistliche Energie

Paulus gibt uns ein hervorragendes Beispiel dafür, was geistliche Energie ist. Besonders im zweiten Brief an die Korinther erfahren wir etwas davon. Er teilte ihnen mit, dass er um sie eiferte mit Gottes Eifer (Kap. 11,2). Er war als treuer Diener bemüht, ihre Zuneigungen wiederzugewin-nen, die infolge des Einflusses der falschen Apostel (Kap. 11,13) kaum noch vorhanden waren. Er, der viel mehr gearbeitet hatte als alle anderen Apostel (1. Kor 12,15), wollte „sehr gern alles verwenden und völlig verwendet werden" für ihre Seelen (2. Kor 12,15). Das ist einfach nachahmenswert.

Entschiedenheit

Ein Ereignis im Alten Testament veranschaulicht, was wir unter Entschiedenheit zu verstehen haben. In Daniel 1,8 heißt es: „Und Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, sich nicht mit der Tafelkost des Königs und mit dem Wein, den er trank, zu verunreinigen; und er erbat sich von dem Obersten der Kämmerer, dass er sich nicht verunreinigen müsse."

Daniel war noch sehr jung - vielleicht 16 Jahre alt. Hätten wir ihm da nicht Verständnis entgegengebracht, wenn er gesagt hätte: „Ich bin nun mal in der Gefangenschaft, und da muss ich mich anpassen?" Aber davon hören wir nichts. Seine Entschiedenheit sagte „nein" zum Bösen und gab ihm gleichzeitig den Mut, diese Bitte vorzubringen - obwohl er es mit Nebukadnezar, dem seinerzeit größten König, zu tun hatte. Auch das Verhalten dieses Mannes dürfen wir uns zum Vorbild nehmen.

Tugend und Erkenntnis

Nun sagt unser Vers in 2. Petrus 1, dass in der Tugend die Erkenntnis zur Darstellung kommen muss. Mit anderen Worten: Die Tugend kann nur zum Tragen kommen, wenn sie mit Erkenntnis verbunden wird. Die geistliche Energie wird eigentlich erst dann nützlich, wenn sie von der Erkenntnis kanalisiert wird, wenn sie durch die richtigen Bahnen „strömt". Ist es nicht ein Kennzeichen unserer Zeit, dass viele Gläubige - darin wollen wir uns mit einbeziehen! - zwar geistliche Energie haben und aktiv sein wollen, aber nicht die rechte Erkenntnis haben und deshalb manche Fehler machen? Wir lernen daraus, wie nötig es ist, das Wort Gottes zu studieren, um zu erkennen, was der Wille des Herrn für seine Diener ist.

Die Verknüpfung „in der Tugend aber die Erkenntnis" enthält auch unter dem Aspekt der Entschiedenheit eine aktuelle Aussage. Haben wir nicht schon erlebt, dass mit einer gewissen Entschiedenheit eine Überzeugung vertreten wird, die nicht in Übereinstimmung mit Gottes Wort ist? In diesem Fall wird die Entschiedenheit zu einer falschen Aktivität; sie geht in eine falsche Richtung. Es gilt auch hier, Fleiß aufzubie-ten, um in der Erkenntnis der Gedanken Gottes zu wachsen. Auf diese Weise wird dann die Tugend - Entschiedenheit - durch Erkenntnis geleitet.

Tugend und Erkenntnis - beide Attribute möchte Christus in unserem täglichen Leben sehen; beide dienen zu seiner Verherrlichung

„Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und zunehmen, so stellen sie euch nicht träge noch fruchtleer hin in Bezug auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus" (2. Pet 1,8).